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Kommentar South-Stream-LeitungAllianz der Beleidigten

Jürgen Gottschlich
Kommentar von Jürgen Gottschlich

Die South-Stream-Leitung wurde gestoppt. Die engere Zusammenarbeit zwischen Russland und der Türkei fängt dagegen gerade erst an.

Das könnte der Beginn einer wunderbaren russisch-türkischen Freundschaft werden. Bild: reuters

N och ist es das Aufscheinen einer Möglichkeit, doch ein neuer geopolitischer Schwenk am Rande Europas ist seit Montag denkbar. Das Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem türkischen Potentaten Tayyip Erdogan hat gezeigt, dass eine strategische Allianz zwischen Moskau und Ankara möglich ist.

Der Verzicht auf die South-Stream-Pipeline als Konsequenz aus dem neuen Kalten Krieg zwischen der EU und Russland hat schon jetzt zu einer Kooperation zwischen der Türkei und Russland geführt, die bis vor Kurzem so nicht denkbar war. Denn eigentlich sind sich die beiden Mächte im Nord- und Südosten Europas nicht besonders freundlich gesinnt.

Die Türkei sieht durch die russische Krimannektion eigene historisch bedingte Interessen bedroht, und Russlands Unterstützung für Syriens Assad-Clan widerspricht den türkischen Interessen im Nahen Osten.

Trotzdem wollen beide Länder jetzt enger zusammenarbeiten und auf dem Energiesektor eine strategische Partnerschaft eingehen. Das ist trotz aller Differenzen nur möglich, weil sich beide Länder von ihrem eigentlichen Partner, der EU, ungerecht behandelt fühlen. Die teils selbstverschuldete, teils durch falsche EU-Entscheidungen herbeigeführte Isolation Russlands wie der Türkei könnten jetzt dazu führen, dass beide „Parias“ ihre Differenzen überwinden und eine neue, tendenziell gegen die EU gerichtete Allianz bilden.

Die Türkei hat seit Beginn dieser Woche für ein Jahr den Vorsitz der G 20 inne. Erdogan hat bereits anklingen lassen, dass er das als eine Gelegenheit sieht, eine Allianz gegen den reichen Westen zu unterstützen. Als Partner bieten sich Russland und China an. Für den Frieden und die demokratische Entwicklung in Europa und Asien sind das fatale Entwicklungen.

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Jürgen Gottschlich
Auslandskorrespondent Türkei
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10 Kommentare

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  • "Allianz der Beleidigten"

     

    Eine weitere Schlappe für die EU.

     

    Es wird die Bulgaren freuen und natürlich die EU-Unternehmen, die dem Vernehmen nach bereits 2,5 Mrd. Euro in das Projekt investiert haben. Aber ich nehme an, man wird diese großzügig entschädigen aus öffentlichem Vermögen, da der Verlust aus politischen Entscheidungen der EU resultiert.

  • Die Türkei will auch von der Eurasischen Union profitieren und das geht besser wenn man gemeinsam handelt. Warum wohl ist Putin nach dem Papst der zweite im Neuen Palast. Keiner aus der EU/NaTO oder USA.

    Schaffen Putin und Erdogan noch eine Freihandelszone für die Türkei zur Eurasischen Union so ist die Türkei auf Jahrzehnte von der EU weg.

  • Warum sollte Russland eine Pipeline bauen und finanzieren die nur zu 50 ausgelastet werden darf. Dann dorch besser direkt in die Türkei und nach Nordfrika ohne EU und EU Kommssion wo man noch richtig Geld verdient. Wer will kann per LNG in der Türkei auf jeden Fall Gas beziehen. Das ist der Deal. Die Ukraine wird sowieso umgangen die verlieren bis 2020 60% Ihrer Gaseinnahmen.

  • Die Türkei und Russland haben jetzt schon ein Handelsvolumen von über 30 Mia. USD. Diese Allianz wird eine Pipeline bauen ohne EU und EU Kommission wo man Geld verdienen kann und das ist mehr als legitim. "Blue-Stream 2". Zusätzlich mit Möglichkeiten für Nordafrika. Aegypten alleine benötigt 100 Mio m3 je Tag !!!. Diese Volumen benötigen die Länder im Süden Europas nicht. Russland finanziert keine Pipeline die nur zu 50% ausgelastet werden darf. Sollen die Europäer diese Pipeline bauen und finanzieren.

  • " Für den Frieden und die demokratische Entwicklung in Europa und Asien sind das fatale Entwicklungen."

    Jaaa joouh ! "freedom and democracy" , d i e Exportschlager von USA-EU , werden von den Bösen u/o Uneinsichtigen sträflich mißachtet . Unerhört ! Serbien/Kosovo , der Irak , Afghanistan , Libyen mußten deshalb schon zwangsweise der Friedensordnung zugeführt werden . Und ? Was hat es genützt ? Unbelehrbar , diese Barbaren !

    Und jetzt Russland . Kann es denn nicht einsehen , dass die europäische Friedensordnung mit der Nato direkt vor seiner Tür steht und um Einlass bittet ? Nicht zu glauben !

  • Die "Allianz der Beleidigten" sehe ich eher auf Seiten der EU.

  • Ich muss zugeben, dass ich diesen Kommentar leider unausgereift finde. Es mag zwar sein, dass Russland und die Türkei im Energiebereich miteinander kooperieren wollen, aber: Wieso sind dies fatale Folgen für den Frieden?

    Wieso wird an dieser Stelle eine dunkle Wolke heraufbeschworen? Die Diskrepanzen zwischen Russland und der Türkei sind meines Erachtens größer als der gemeinsame Nenner im Bereich der Energiepolitik.

    Mir bereiten ganz andere Entwicklungen in diesem Kontext mehr Sorgen.

  • Vielleicht hätte der Autor noch etwas näher begründen können, wieso die Zusammenarbeit Chinas, Russlands und der Türkei fatal für "den Frieden und die demokratische Entwicklung in Europa und Asien" sein soll.

    • @Der_Peter:

      Danke, die gleiche Frage habe ich mir auch gestellt. Zusammenarbeit fördert eher Frieden.

      • @Meersalz:

        ...erst mal die Reaktion der EU abwarten.