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Kommentar Google-KampagneDer Monopolist wird nervös

Kommentar von Steffen Grimberg

Googles Kampagne zur Diskussion um das Leistungsschutzrecht ist nachvollziehbar – und langweilig. Die Machtprobe hilft nicht wirklich weiter.

W ie lustig: Nachdem die Verlage ohne Leistungsschutzrecht beinahe das Ende der gedruckten Tagespresse befürchten, klotzt Google jetzt dagegen und prophezeit den Untergang der Netzfreiheit, falls das geplante Gesetz kommt. Sollte da etwa jemand nervös geworden sein?

Mit seiner „Verteidige Dein Netz“-Kampagne gegen das Leistungsschutzrecht kassiert Google jedenfalls sein bisher treu gepflegtes Image: Der Fastmonopolist in Sachen Suchmaschinen ist eben nicht der neutrale Dienstleister für die globale Online-Community, wie Google erstaunlich lange behaupten konnte. Sondern ein börsennotiertes Unternehmen mit einem eindeutigen Ziel: Wachstum und Gewinnmaximierung.

Von Einnahmen möglicherweise künftig etwas abgeben zu müssen, unterläuft diesen Plan, da kann das geplante Leistungsschutzrecht noch so schwammig und unklar formuliert sein wie der aktuelle Entwurf. Von daher ist die Reaktion von Google so nachvollziehbar wie langweilig. Interessant ist vielmehr, dass der Konzern bislang relativ souverän durchblicken ließ, er säße doch eh am längeren Hebel: Welche Zeitung, wurde da argumentiert, könne es sich leisten, nicht durch Google gelistet im weltweiten Netz auffindbar zu sein? Da ist etwas dran – und das macht Googles Volte um so spannender: Zweifelt da jemand an seiner Unersetzlichkeit?

Bild: privat
STEFFEN GRIMBERG

ist Autor der taz.

Über Sinn und Unsinn eines eigenen Leistungsschutzrechts für Verlage sagt das übrigens nichts aus. Zumindest der vorliegende Gesetzentwurf dürfte, wie seit Monaten mit guten Argumenten diskutiert, mehr Probleme schaffen als lösen und den Verlagen kaum den ersehnten warmen Geldregen bescheren.

Die Machtprobe hilft, das nur am Rande, auch bei den wirklich zentralen Fragen nicht weiter. Denn die lauten: Wie schützt man das Netz vor einem Machtmissbrauch durch Google – und woher kommt ein Erlösmodell für Journalismus im Internet.

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5 Kommentare

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  • M
    Mirko

    Interessant finde ich beim LSR mal wieder die willkürliche Trennung von on- und offline. Würde außerhalb des Internets jemand auf die Idee kommen, von Bibliotheken, Kiosken, McDonalds & Co. Geld zu verlangen, weil die Titelseiten der Zeitungen und Zeitschriften dort offen ausliegen und die Leute sich möglicherweise mit der Schlagzeile und dem Anreißer ausreichend informiert fühlen und die Zeitung deshalb nicht kaufen? Oder gar den Bibliotheken, v.a. solchen in Forschungsunternehmen, Extragebühren aufbürden, wenn sie Artikel in Fachzeitschriften indizieren? Würde man diesen Unternehmen egoistische Propaganda vorwerfen, wenn sie diesen Unsinn sachlich als solchen bezeichnen und entsprechende Info-Plakate aufhängen? Würde man ihnen vorwerfen, dass sie doch weitaus mehr Geld umsetzen als die armen Verlage, mit deren Produkte sie Geld verdienen (gerade McDonalds verdient ja Unmengen, natürlich nur wegen der ausliegenden BILD...), und die man deshalb doch subventionieren müsste?

     

    Sicher, Googles de-facto Monopol ist ein Risiko. Sicher, die Zukunft des Journalismus (egal in welcher Medien-Form) muss irgendwie gesichert werden. Aber Google vorzuwerfen, dass sie gegen ein Gesetz protestieren, das das Zitaterecht aushöhlt, das Auffinden von Informationen erschwert und auch Googles Konkurrenz schwächen würde, finde ich schon seltsam.

  • A
    Abstimmen

    Verlage sind ein Relikt aus den guten alten 50ern, Suhrkamp und so, von da an ging es bergab. Was man von google nicht gerade behaupten kann, die haben sogar ganz ohne Quote eine Frau der Spitze - weil die gut ist, nicht weil die Frau ist, google ist da etwas weiter und offener als die eher kleine, also ich meine ganz kleine taz-Welt.

     

    Google interessiert sich doch überhaupt nicht für irgendwelche kurz vor der Insolvenz stehenden deutschen Verlage - eíne seltsame Scheindiskussion wird hier geführt. Aber so ist das nun mal: Besoffen in der Kneipe lästert der Arbeiter auch über den Chef und weiß alles besser, aber am nächsten Morgen schlappt er doch wieder nur ganz ruhig zur Arbeit. Jetzt darf man raten, ob hier eher google oder eher die Verlage der Chef sind.

  • G
    Gerd

    Von der Google-Aktion bekomme ich nur deswegen etwas mit, weil alle Zeitungen und Zeitschriften, also auch die taz, panikartig darüber berichten - wie mir scheint, bewahrt google die Ruhe. In Panik gerät nur die taz - was google völlig egal sein dürfte.

  • J
    JGonz

    Hmmmm.

     

    Seit Monaten fahren die Verlage ein journalistisches Dauerfeuer, um der Politik und den Konsumenten ihr LSR als einzige Alternative zum Untergang des Abendlandes in die Schädel zu hämmern, oft unter eklatanter Mißachtung der Realität und der Wahrheit.

     

    Sie versuchen mit aller ihnen zur Verfügung stehender Medien- und Lobby-Macht, sowie mit massiv einseitiger Berichterstattung, ein Gesetz durchzudrücken, das nach Ansicht vieler Experten nicht nur ein Schuß in den eigenen Fuß ist, sondern für Jahre für massive Rechtsunsicherheit sorgen wird. Siehe z.B. die Stellungnahme des Max-Planck-Institutes:

    > http://www.ip.mpg.de/files/pdf2/Stellungnahme_zum_Leistungsschutzrecht_fuer_Verleger.pdf

     

    Und wenn Google dazu öffentlich Stellung nimmt, was ist daran so ungewöhnlich? Im Gegensatz zu dem, was die Verlage hier auffahren, ist die Google-Kampagne doch angenehm unaufgeregt, sachlich und informativ.

     

    Es wird sogar auf Quellen verlinkt - Oh my God!

    Auf Quellen der Qualitäts-Verlage sogar! Dafür muß Google zahlen, es geht doch nicht, daß die den Verlagen so ganz umsonst Klick-Vieh schicken dürfen!

     

    Ja ja. Die Welt ist voller Wunder heutzutage.

  • H
    Helga

    "Sondern ein börsennotiertes Unternehmen mit einem eindeutigen Ziel: Wachstum und Gewinnmaximierung. "

     

    Also erstens ist der Satz stilistisch und grammatikalisch sehr absonderlich. Und zweitens bin ich schockiert: Die taz, dieser einsame Fels des investigativen Journalismus in einem Ozean des Geschwätzes, hat etwas Unglaubliches entdeckt: Ein börsennotiertes Unternehmen hat als Ziel nicht Weltfrieden oder mehr HartzIV, sondern Gewinnmaximierung! Ich bin schockiert! Danke taz, für diese unglaubliche Erkenntnis!