Kommentar Gewerkschaft IG BCE: Antiquierte Antworten
Der von oben dekretierte Arbeitskampf funktioniert nicht mehr. Die Belegschaften vor Ort wissen oft besser, wie die Betriebsabläufe empfindlich gestört werden können.
D er Arbeitskonflikt, der sich seit fünf Monaten beim Verpackungshersteller Neupack in Hamburg abspielt, könnte als Randnotiz in der Gewerkschaftsgeschichte abgetan werden. In Wahrheit markiert er aber einen Epochenbruch.
Die Gewerkschaft Bergbau Chemie Energie (IG BCE), für die Streik normalerweise eher ein Fremdwort ist, wird von einer entnervten Belegschaft, die einen Haustarifvertrag will, vor sich hergetrieben.
Die Arbeitnehmervertreter hätten den Konflikt gerne im sozialpartnerschaftlichen Miteinander beigelegt. Doch jetzt mussten sie erkennen, dass ihr traditioneller Kurs von einem gewerkschaftshassenden Familienunternehmer nicht goutiert wird. Firmenpatriarch Jens Krüger pfeift auf solidarisches Miteinander.
Der Konflikt wird damit für die IG BCE zur Feuerprobe. In den Führungsetagen der anderen Gewerkschaften wird die Auseinandersetzung sehr genau beobachtet. Es wäre ein verheerendes Signal, wenn die IG BCE mit fast 700.000 Mitgliedern von einem kleinen Betrieb wie Neupack in die Knie gezwungen würde. Auch, weil Neupack einen neuen Trend sichtbar macht: Immer häufiger stellen sich kleine und mittelständische Familienunternehmen offen gegen Gewerkschaften und Betriebsräte.
Der Instrumentenkatalog der IG BCE scheint demgegenüber veraltet. Jetzt rächt sich, dass man in der Führungsetage erst langsam wahrnimmt, dass die guten alten bundesrepublikanischen Zeiten von fairem Umgang mit den Beschäftigten für manchen Arbeitgeber passé sind.
Will die Gewerkschaft eine erfolgreiche Antwort auf den Konflikt finden, braucht sie Experimentierfreude. Und keine Streikstrategie, die, von oben dekretiert, konfliktfreudige Beschäftigte vergrätzt. Die Belegschaft vor Ort weiß am besten, wie man die Abläufe im Betrieb empfindlich stören kann.
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