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Kolumne WichtigRe:Re:Re:Re:Re: Homolobby für Welth

Wer alle Alkoholsorten mag, ist deshalb noch lange nicht leicht zufriedenzustellen. Er hat nur ein großes Herz. Und viel Durst.

Bier oder Wein, Wodka oder Whisky? Alles! Bild: rowan / photocase.de

W er Wodka und Ouzo für das Gleiche hält, mein lieber Herr Rüttenauer, den möchte ich nicht mal über zwei Ecken kennen. Was die Gemeinsamkeiten zwischen Russen und Griechen angeht, da kenn ich mich wenig aus. Dieses ganze Nationalgehampel ist sowieso nicht meins. Oder alles meins. Wie man’s nimmt.

Ich komme ja, wie man an meinem Nachnamen sehen kann, aus Polen. Wobei in Berlin jeder zweite Atze und jeder dritte Busfahrer was mit -owski hinten heißt. Würde man mich aber nach meiner gefühlten Nationalität fragen, würde ich sagen: Neuköllnerin. Das ist, womit ich mich verbunden fühle.

Lachen Sie nicht über Neukölln als Staat – damit würden Sie das Existenzrecht Islands anzweifeln, und das können Sie nicht wollen. 325.716 vs. 325.671 Einwohner, und das größere ist Neukölln! Tja. Island mag ich, obwohl ich noch nie da war, auch sehr gerne.

Wo hier gestern von Flaggen die Rede war, kann ich auch gleich sagen, dass die polnischen Flaggenfarben im Neuköllner Wappen hundertprozentig aufgehen. Das sind auch dieselben Farben wie bei Österreich und Japan, und auch mit denen fühl ich mich sehr verbunden. Mit Österreich teile ich eine gewisse Pampigkeit, und mit Japan teile ich, dass ich mich zu nicht unwesentlichen Teilen von Sushi ernähre, wobei ich gar nicht weiß, wie viel Sushi man in Japan so isst, denn auch da war ich noch nie.

Gedöns-taz

Gedöns ist Umwelt, ist, was wir essen, wie wir reden, uns kleiden. Wie wir wohnen, lernen, lieben, arbeiten. Kinder sind Gedöns, Homos, Ausländer, Alte. Tiere sowieso. Alles also jenseits der „harten Themen“. Die taz macht drei Wochen Gedöns, jeden Tag vier Seiten. Am Kiosk, eKiosk oder direkt im Probe-Abo. Und der Höhepunkt folgt dann am 25. April: der große Gedöns-Kongress in Berlin, das taz.lab 2015.

Heimat, sagte mein Exfreund M. immer, das ist ein wichtiges Gefühl. Zugehörigkeit und das alles. Einen Ort haben. Weiß ich jetzt nicht so. Ich habe mich letzten Sommer in einer finnischen Sauna sehr heimisch gefühlt. Finnland liebe ich ganz außerordentlich, und das nicht nur wegen dem Wodka und den Zimtschnecken und den Mumins und der lustigen Sprache.

Hefeteig muss man schlagen

Der Vollständigkeit halber, und weil ich diese Kolumne in einem Regionalexpress schreibe, muss ich erwähnen, dass ich mich auch der gemeinen Brandenburgerin sehr nah fühle. Einen Hefeteig dürfe man nicht kneten, erzählte eine neulich, „den muss man schlagen, immer druff, druff, schlagen!“, und wie sie dabei gestikulierte, da wollte man dieser Teig nicht sein.

Aber wir sprachen von Finnland. Und Wodka. Man unterteilt ja die Leute oft in Alkoholtypen, also entweder Bier- oder Weintrinker_innen oder Wodka- oder Whiskytrinker_innen. Das ist mir suspekt. Ich mag das alles. Ich mag auch Katzen und Hunde. Und Tee und Kaffee. Berge und Meer. Frauen und Männer. Was nicht heißt, dass ich leicht zufriedenzustellen bin, ich hab nur ein großes Herz. Und viel Durst.

Dem Whisky wird ja nachgesagt, ein Männergetränk zu sein. Tja nun. Der Feministin wird auch nachgesagt, ein haariger Kerl zu sein. Ich konnte mich lange Zeit nicht entscheiden, ob mein Lieblingswhisky der Lagavulin ist oder der Jura Superstition. Jetzt hab ich einen namens Port Charlotte kennengelernt, und das war, wie wenn mich jemand auf ein fliegendes Schinkenbrot gesetzt hätte. Sehr aufregend. Ich musste mich neu sortieren und beschloss, dass ich alle drei am liebsten mag.

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Margarete Stokowski
Autorin
Jahrgang 1986. Schreibt seit 2009 für die taz über Kultur, Gesellschaft und Sex. Foto: Esra Rotthoff
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3 Kommentare

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  • Zwei, drei Dinge sind's schon, die mir nicht recht einleuchten wollen.

    Der Nachname Stokowski lässt doch nicht so ohne weiteres auf eine Herkunft aus Polen schließen. Ich hätte da eher auf Wanne-Eickel getippt.

    Und warum ist M. hier immer nur Ihr Ex-Freund, wenn er Sie beständig durch Ihre Texte begleitet?

    Mit Oma hat das wohl alles nichts zu tun, obwohl - die hätte dazu folgenden Spruch gebracht: "Die Liebe ist vergänglich, der Durst bleibt lebenslänglich ."

  • Erinnert mich an den Fall einer Frau, die mit einem Fake-Profil im Internet versucht hatte, das Äußere einer anderen zu kopieren. Darauf wurde dann behauptet, die andere würde sie nachäffen, nur ein billiger Abklatsch, gewollt und nicht gekonnt. Offenbar hatte das Original mit dem Kopiertwerden den Anspruch auf sein Äußeres verloren, kein besonders spekaktuläres Äußeres übrigens, nicht einmal hübsch. Man sollte z. B. auch besser im Internet nichts über Finnland loslassen & bei einem 1 Euro Job nicht erzählen, dass man das ulkig findet, dass in Italien viele Leute Sonnebrillen tragen & im Winter als erstes die Skiklamotten 'rausholen, um weiter bequem draußen Kaffee trinken zu können. Nicht, weil das etwas Anstößiges wäre oder weil es um Meinungen, Vorlieben & Erfahrungen ginge, die niemand teilen könnte. Nur, wenn das 'rumgetratscht wird, verliert man u. U. dann den Anspruch auf seine eigenen Erlebnisse & seine eigene Vita, im Zweifelsfall sogar auf den eigenen norddeutschen Akzent & die eigene Herkunft und wird zum "bloßen Abklatsch" v. Leuten, mit denen man kaum je ein Wort gewechselt hat.

    Und wer des zu großen Appetits verdächtigt wird, läuft Gefahr, dauernd dumm angemacht zu werden und Vergewaltigung angedroht zu kriegen, denn die Hoffnung ist ja da, dass das doch jemanden asexuell machen könnte. So ist das eben mit dem Entweder-Oder & der Einteilung in "Typen", die dann optimiert & zielgruppengerecht auf den Markt geworfen werden. Im Grunde bin ich vollkommen einer Meinung mit M. Stokowski, auch wenn man das von einer Ex-Turnerin wie mir nicht erwarten würde (Das hatte ich leider auch bei dem 1 Euro Job erzählt & es war ja als "Weibchensport" bei der taz verhöhnt worden. Ich hatte aber gar keinen 1 Euro Job bei der taz gehabt...). Also, vielleicht steht mir das einfach nicht so zu.

  • Ich warte auf den Augenblick, in dem der Bundestag beschließt, dass auf jede Wein-, Bier oder Schnapsflasche ein Schild geklebt werden muss, das brutalstmöglich des Satz illustriert: "Saufen gefährdet die Gesundheit - und Ihre Krankenkassenbeiträge!"

     

    Es gibt Momente, Frau Stokowski, da bedaure ich es von ganzem großen Herzen, kein Trinker geworden zu sein. Gerade hab ich so einen Moment erlebt. Leider bin ich inzwischen entschieden zu alt, um noch gegen meine geschmacksbedingte Alkohol-Abneigung und die Übelkeit, die der Überwindung selbiger regelmäßig folgt, ernsthaft anzukämpfen. War ich vor 35 Jahren schon. Je nun. Man kann eben nicht alles haben. Das Leben ist mit Abstrichen verbunden. Ein großer Appetit auf alles Mögliche ist immerhin ein Anfang, finde ich.