Kolumne Die rätselhafte Welt des Sports: In Your Coface!
DKB, SGL, Wirsol: Neue Stadionnamen überall. Und wenn statt für Plastikmännchen für Gummibärchen geworben wird, erklärt das vielleicht so manche Spielweise.
K leines Quiz zu Beginn: Bitte jeweils die Namen der folgenden Bundesligastadien dem passenden Verein zuordnen: Imtech Arena, Coface Arena, SGL Arena, Esprit Arena, Wirsol Arena! Nicht traurig sein, 99,9 Prozent aller Fußballfans hätten’s auch nicht gewusst, nämlich a) Hamburg, b) Mainz, c) Augsburg, d) Düsseldorf, e) Hoffenheim. Nächste Frage: Was sind das für Sponsorfirmen? Stellt Imtech Produkte für Imker her? Ist Coface so was wie „das zweite Gesicht“ oder eine Art Facebook für Arme? Produziert SGL Segel? Ist Wirsol eine neumodische Gemüseart, so was ähnliches wie Wirsing?
WIRSOLltten unbedingt mal im Internet nachschauen, wofür da eigentlich geworben wird, damit wir unser Kaufverhalten darauf einstellen können, denn sonst wäre ja die schöne Namenswerbung sinnlos gewesen. SGL ist zum Beispiel eine Carbonfirma und jetzt, wo ich das schreibe, verspüre ich eine spontane Lust auf Carbon.
Und schon wieder müssen wir uns an mehrere neue Stadionnamen gewöhnen: Die AWD-Arena Hannover, nicht zu verwechseln mit der ehemaligen AOL-Arena Hamburg oder der DKB-Arena Rostock, soll jetzt bald TUI-Arena oder HDI-Arena heißen, weil der Vertrag mit der Maschmeyer-Vermögensbildung ausläuft (Carsten Maschmeyer HAT ja jetzt genügend Vermögen und die Ferres on top) bzw. es AWD gar nicht mehr gibt. LOL.
ist Autor des taz-Sportressorts.
All die Neuen Namen kann sich kein Mensch merken
Und in Nürnberg heißt das gute alte Easy-Credit-Stadion nun bald neumodisch Grundig Stadion, auch wenn die fränkische Traditionsfirma seit Jahren der türkischen Firma Arçelik aus der Koç-Holding gehört, also eigentlich Gründüg. Nichts ist mehr so, wie es war, die Bielefelder Alm heißt Schüco Arena und der Fürther Ronhof wurde erst zum Playmobil-Stadion und dann zur Trolli-Arena, wirbt also jetzt statt für Plastikmännchen für Gummibärchen, was möglicherweise die Spielweise des Tabellenletzten erklärt.
Aber all die neuen Namen kann sich ja kein Navi geschweige denn ein Mensch merken, inzwischen muss man aufpassen, dass man nicht aus Versehen nach Dresden reist (Glücksgas-Stadion), wenn man eigentlich nach Halle wollte (Erdgas-Stadion) oder zu den Stuttgarter Kickers (Gazi-Stadion). Die Fahrt bucht man übrigens am besten bei Schauinsland-Reisen (Schauinsland-Reisen-Arena Duisburg). In Lahore, Pakistan, will man derzeit des örtliche 60.000-Plätze-Cricketstadion umbenennen, bislang heißt es Gaddafi-Stadion, nach dem libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi.
Das geht natürlich gar nicht, das leuchtet ein. Der Mann ist ja tot. Wie wär’s also mit Kim-Jong-Un-Sportpark oder Baschar-al-Assad-Arena? Oder wenigstens Carsten-Maschmeyer-Stadion. In den USA hat man soeben das Football-Stadion der Florida Atlantic Owls nach dem Sponsor GEO-Group-Stadium benannt, einer privaten US-Betreiberfirma für Gefängnisse. Das wäre wie Stammheim-Stadion Stuttgart oder Stadelheim-Stadion München, quasi Breno-Arena, aber dann bitte ohne Gitterzäune.
Baseball im What-A-Burger-Field
Im texanischen Corpus Christi (nein, diese Stadt wurde nicht auf Wunsch der Kirche umbenannt) spielen die Baseballer im What-A-Burger-Field, auf das vergleichbare Was-für-eine-Wurstsemmel-Stadion warten wir hier trotz Uli Hoeneß’ Bratwurstfabik bislang noch vergebens. Manchmal schießt der Name vom Glamourfaktor ein bisschen übers Ziel hinaus, so in der 4. Liga bei der bluechip-Arena vom Zipsendorfer FC Meuselwitz. Auch beim VfB Lübeck griff man nach den Sternen mit dem pokerstars.de-Stadion an der Lohmühle, und ging zum zweiten Mal in die Insolvenz.
Richtig solide geht es dagegen beim schleswig-holsteinischen Nachbarn VfR Neumünster zu, in der Grümmi-Arena, wo sich der lokale Edeka-Händler mit vier Filialen (ein Mensch namens Gerd Grümmer) ein Denkmal zu Lebzeiten schaffen wollte. Oder wie beim schwäbischen TSV Schwabmünchen, wo die Ivo-Moll-Arena auf den aktuellen Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Augsburg verweist, und man sich wirklich fragt, wie viel das Ivo Moll wert war und worin der Werbewert für ihn besteht. Aber vielleicht steht uns da kein Urteil zu.
Am glücklichsten sind wieder mal die Österreicher, in der dortigen Bundesliga (offiziell: „tipp3-Bundesliga powered by T-Mobile“) spielt der SV Josko Ried (benannt nach der Josko Fenster und Türen GmbH) in der heimischen Keine-Sorgen-Arena, benannt nach dem Werbeslogan des Stadionsponsors Oberösterreichische Versicherungen AG. Beneidenswert!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Interner Zwist bei Springer
Musk spaltet die „Welt“
Nach dem Anschlag von Magdeburg
Wenn Warnungen verhallen
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Kaputte Untersee-Datenkabel in Ostsee
Marineaufgebot gegen Saboteure
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
HTS als Terrorvereinigung
Verhaftung von Abu Mohammad al-Jolani?