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Klaus Ernst über Ost- und Westlinke„Es geht nur gemeinsam“

Vor der Fraktionsklausur der Linkspartei appelliert Ex-Parteichef Klaus Ernst an Gemeinsamkeiten zwischen den Fraktionen in Ost und West.

Wann schließen Ost- und Westlinke Frieden? Bild: dpa
Stefan Reinecke
Interview von Stefan Reinecke

taz: Herr Ernst, Gregor Gysi hat mal gesagt, dass es in der Bundestagsfraktion Hass gab. Und in der Fraktion, die sich am Dienstag zur Klausur trifft?

Klaus Ernst: Alle haben begriffen, dass es nur gemeinsam geht. Wir wären weder im Osten noch im Westen allein über die Fünfprozenthürde gekommen. Im Osten hatten wir 4 Prozent, im Westen 4,6 Prozent. Diese Gemeinsamkeit muss bei der Zusammensetzung der Fraktionsspitze berücksichtigt werden.

Herrscht in der Fraktion zwischen Ost und West Friede oder nur Waffenstillstand?

Es gibt die Einsicht, dass man sich braucht. Und dass man inhaltlich weitgehend einig ist.

Die Linkspartei hat bei den Bundestagwahlen bei Gewerkschaftern viel verloren. Warum?

Wir müssen stärker deutlich machen, dass wir auch die Interessen der Facharbeiter und mittleren Angestellten vertreten, die nicht von einem Mindestlohn profitieren würden. Wir fordern ja am deutlichsten die Regulierung des Arbeitsmarktes, wie das Verbot der Leiharbeit und weniger befristete Beschäftigung.

Bild: ap
Im Interview: 

58, war von 2010 bis 2012 Co-Chef der Linkspartei. Er hat die WASG mitbegründet und zählt zum Gewerkschaftsflügel der Linkspartei. Im Wahlkampf 2013 war er einer von acht Spitzenkandidaten.

Das hatte die SPD teilweise übernommen und damit bei Gewerkschaften gepunktet.

Die SPD hat das halbherzig übernommen. Wir sind das Original, die anderen schreiben bei uns ab. Nicht zu vergessen, dass die SPD selbst den Arbeitsmarkt dereguliert hat.

Hat die SPD nicht aus ihren Fehlern gelernt?

Sie hat einen Agenda-Mann zum Spitzenkandidaten gemacht. Lernen geht anders.

Die Linkspartei hat auch viele Wähler an die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) verloren. Muss die Partei sich also eurokritischer aufstellen?

Wir sind für ein gemeinsames Europa, aber kritisch zur Politik der Bundesregierung. Wir wollen nicht, dass mit deutschen Steuergeldern per Rettungspaket Banken finanziert werden. Das Verursacherprinzip muss gelten.

Lafontaine will eine Auflösung des Euro. Soll sich Ihre Partei dies zu eigen machen?

Nein. Lafontaine hat darauf hingewiesen, dass es drei Lösungen für die Eurokrise gibt. Entweder die südlichen EU-Länder senken drastisch Löhne und Sozialleistungen und sparen sich kaputt. Das passiert derzeit. Oder wir erhöhen deutlich Löhne und Sozialleistungen, um zu ausgeglichenen Handelsbilanzen beizutragen. Das wollen wir. Gelingt dies nicht, bliebe den einzelnen Ländern nur die Möglichkeit, mit Abwertungen auf Handelsungleichgewichte zu reagieren.

Das wäre das Ende des Euro.

Das will niemand, aber das kann eine Konsequenz sein, wenn wir das Problem des deutschen Exportüberschusses nicht anders in den Griff bekommen.

Sie halten das Ende des Euro für eine akzeptable Möglichkeit?

Die Frage ist nicht, ob ich das für akzeptabel halte. Der Satz des Stabilitätsgesetzes, dass ausgeglichene Handelsbilanzen Ziel deutscher Wirtschaftspolitik sind, muss wieder gelten. Sonst wird der Euro noch stärker unter Druck geraten.

Ist das Verhältnis zur SPD besser oder schlechter als 2009?

Eher besser. Die SPD scheint ja endlich zu begreifen, dass sie nur mit Rot-Rot-Grün je wieder den Kanzler stellen wird. Schließt die SPD Rot-Rot-Grün weiter aus, können sie auf einen Kanzlerkandidaten verzichten. Dann reicht ein Vizekanzlerkandidat.

Wenn Rot-Rot-Grün 2017 realistisch sein soll – wo muss die Linkspartei flexibler werden?

Wir haben doch in allem recht bekommen, etwa mit der Kritik am Bundeswehreinsatz in Afghanistan, der jetzt zu Ende geht. Bei der Regulierung des Arbeitsmarktes, auch bei der Steuerpolitik, haben Grüne, SPD und CDU Ideen von uns übernommen. Wir müssen unsere Positionen nicht revidieren. In Koalitionen geht es darum, was man in vier Jahren davon realisieren kann. Das ist eine andere Frage.

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9 Kommentare

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  • Der "Bruderkuss" musste wohl sein - wenn man schon die Interview-Antworten nicht "färben" kann, erfolgt der obligatorische Tritt eben auf diese Art - Taz und die LINKE - oder links ohne LINKE? Wie soll das gehen?

    Günter Herbig

  • Immer wieder auffallend, dass Gegner der LINKEN nicht argumentieren, sondern difamieren.

  • gut, dssa mal deutlich genacht wird, dass der exportüberschuss "illegal" ist.

  • D
    derSchreiber

    Genau, die Linke macht alles richtig. Die muss sich nicht ändern! Deswegen wählen auch ALLE Menschen in Deutschland die Linke, außer natürlich gemeinen Kapitalisten… Der letzte Satz hat mir wieder einmal gezeigt wie verbohrt manche Linken sind…

    In einer Koalition muss man IMMER Kompromisse eingehen, außer man ist Chef der bayerischen Landesgruppe der CDU und braucht(e) die FDP nur um mal die letzten Stühlchen zur absoluten Mehrheit zu bekommen.

  • J
    Johnny

    Genau, die Hoffnung bleibt: bis 2017 ist das großrussische Reich unter Zar Putin wieder mächtig genug, um auch in Deutschland durchzuregieren. Da muss man jetzt natürlich keine ernsthafte Außenpolitik machen als Linke, da kann man auf "Russland gut, Westen böse" sitzenbleiben, wie schon seit 60 Jahren.

    • R
      Ruhender
      @Johnny:

      Sehr witzig. Putin steht der Union und der SPD wesentlich näher als der Linken.

      • J
        Johnny
        @Ruhender:

        Na da wissen Sie offenbar besser Bescheid als ich. Ich höre nur stets von allem, was links der SPD-Mitte steht, ein ohrenbetäubendes Schweigen, wenn's um das Morden in Tschetschenien oder den Angriffskrieg auf Georgien geht. Oder um Menschenrechtsverletzungen. Oder oder oder. Ob Putin wohl weiß, dass er in Wirklichkeit der Union viel näher steht als der Linken, die sich immer noch nach seiner starken Hand und seinem zärtlichen Bruderkuss sehnen?

        • @Johnny:

          Erinnerst Du Dich noch an einen gewissen Gerhard Schröder, der Putin einen "lupenreinen Demokraten" genannt hat?

           

          Von welcher Partei war der doch gleich...

          • J
            Johnny
            @Viccy:

            Genau. Die SPD ist eben die westdeutsche Partei, die Russland nahesteht. Schmidt war noch aus einem anderen Holz geschnitzt, Schröder wuchs als Jungsozialist auf und war die üble Mischung zwischen maximaler Indoktrination einerseits und maximalem Egoismus einerseits. Das zeigte sich dann im Privatlegen wie auch in der Politik. Als abzusehen war, dass es mit der BRD nichts mehr wird, verfrachtete er seine Pfründe schnell zum Zaren, indem er ihm zur Hand ging und eine Ostsee-Pipeline durchsetzte.

             

            Defakto: die SPD und Linkspartei hängen an Moskaus Lippen. Auf eigenständige Gedanken zum Thema Nato-Ostgrenze / Russland / Tschetschenien kann man da leider lange warten. Um Arbeiter geht es dabei nicht, sondern um die Idee, dass die Revolution ja irgendwann kommen wird und dann will man sich dem großen Bruder empfohlen haben ...