Kieztreff: Bewerber für besetzte Räume

Die von Asylsuchenden besetzte Schule in Kreuzberg soll neue Nutzer bekommen. Am Mittwoch startet die Bürgerbeteiligung mit 50 interessierten Vereinen.

Die Flüchtlinge vom Oranienplatz gehören zu den gut 50 Bewerbern um einen Platz in der Schule Bild: dpa

Es dürfte ein langer Abend werden: Mehr als 50 Initiativen haben sich um einen Einzug in die frühere Gerhart-Hauptmann-Oberschule in Kreuzberg in der Nähe des Görlitzer Parks beworben. Am Mittwoch stellen sie sich zum ersten Mal vor, wenn der Bezirk zur ersten Runde seines Vergabeverfahrens einlädt. Aktuell sind die Räume gar nicht zu haben – sie werden seit Dezember von Flüchtlingen besetzt.

Der Bezirk duldet die Besetzung als „Kältehilfe“. Mehrere Dutzend Flüchtlinge, die auch am Oranienplatz für mehr Rechte protestieren, nutzen die Schule zum Übernachten, haben dort eine „Frauen-Etage“ eingerichtet. Linke haben das kleine Vorderhaus als Sozialtreff besetzt.

Ursprünglich sollten beide Gruppen Ende März gehen, um den Neunutzern Platz zu machen. Da sich das Vergabeverfahren aber verzögerte, dürfen sie länger bleiben. „Solange das Verfahren läuft, sehe ich keine Notwendigkeit zu räumen“, sagt Bürgermeister Franz Schulz (Grüne).

Dem Bezirk schwebt für die Schule ein „Projektehaus“ aus lokalen Vereinen vor, das sich „wirtschaftlich selbst trägt“. 53 Initiativen haben sich beworben, darunter ein Jugendwohnprojekt, ein Dolmetscherdienst, ein Islamkolleg, ein interkulturelles Frauenzentrum und die Drogenhilfe Fixpunkt, die bereits heute das Erdgeschoss nutzt.

Auch Flüchtlinge und Autonome haben sich als Interessenten registriert. Napuli Langa, Mitstreiterin im Asylprotest, erklärt das als Pro-Forma-Bewerbung. „Wir haben noch nicht entschieden, wie es für uns mit der Schule weitergeht. Unser politisches Zentrum bleibt in jedem Fall der Oranienplatz.“

Acht Mitbewerber machen sich aber bereits in einem offenen Brief stark für die Asylsuchenden, etwa der Kurdistan Hilfsverein und eine Turnerschaft. „Wir hoffen, dass die Flüchtlinge im Haus eine legale Perspektive erhalten“, so Mitunterzeichner Jörg Nowak vom Nachbarschaftshaus Urbanstraße. Eine „gemeinsame, plurale“ Nutzung des Hauses würde gut zum Stadtteil passen.

Bürgermeister Schulz verspricht „eine breit angelegte Bürgerbeteiligung“, lädt Anwohner ein. Nach dem Auftakt am Mittwoch soll Ende April eine Workshop-Woche stattfinden. Das dortige Meinungsbild soll dem Bezirksparlament vorgelegt werden.

Einige Initiativen drücken bereits aufs Tempo. „Für uns wäre ein Einzug in die Schule optimal“, sagt Peter Meyer von der Freien Schule Kreuzberg. Der Verein muss im Sommer seine Räume in der Zeughofstraße räumen. Das bisherige Verfahren kritisiert Meyer als „unglücklich“. So hatte es bereits im Oktober ein Treffen mit Interessenten gegeben – ohne Folgen. Nun wird das Verfahren quasi neu aufgerollt. „Für uns ist es natürlich ungünstig, dass sich das so lange hinzieht“, so Meyer. „Wir sehen aber auch, dass Bürgerbeteiligung ihre Zeit braucht.“ Eine Kooperation mit den Flüchtlingen kann er sich „sehr gut vorstellen“.

Schulz gesteht Anlaufprobleme, verteidigt aber das neue Verfahren: „Wir werden so lange diskutieren, wie es nötig ist.“

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