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Griechenlands SchuldenkriseJuncker hält zu Tsipras

Der EU-Kommissionschef schließt aus, dass Griechenland aus dem Euro geworfen wird. Ganz anders als Berlin. Droht dem Land nächste Woche die Pleite?

Gaaanz dicke Freunde, der Alexis (l.) und der Jean-Claude. Aber sind sie gemeinsam stark genug gegen den bösen Wolfgang in Berlin? Bild: ap

BRÜSSEL taz | Widersprüchliche Signale zur Griechenland-Krise: Während der Streit zwischen Berlin und Athen eskaliert, kommen neue Entspannungs-Signale aus Brüssel. Bei einem Besuch bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sagte der griechische Premier Alexis Tsipras eine enge Zusammenarbeit mit der Brüsseler Behörde zu.

Tsipras will sogar eine eigene „Task-Force“ bilden, die eng mit der Kommission zusammenarbeiten soll. Ziel ist es, Gelder aus EU-Fonds bestmöglich zu nutzen.

Tsipras wollte ursprünglich schon vor einer Woche nach Brüssel reisen, um Juncker um Hilfe gegen die akute Finanzkrise seines Landes zu bitten. Juncker hielt Tsipras aber mit dem Hinweis hin, für Hilfskredite sei allein die Eurogruppe zuständig.

Keine Zeit mehr für Details

In der Athener Staatskasse herrscht eine bedrohliche Ebbe. Wegen sinkender Steuereinnahmen und fälliger Schulden-Rückzahlungen droht nach nicht bestätigten Berichten schon in der kommenden Woche die Pleite.

Wie ernst die Lage wirklich ist, sollen Experten der drei Institutionen, also der Troika, klären. Juncker und Tsipras betonten, dass keine Zeit mehr zu verlieren sei. Man wolle sich auch nicht mit Details aufhalten wie der Frage, ob sich die Troika-Experten in den Athener Ministerien frei bewegen dürfen. Für Tsipras wäre dies eine neuer Offenbarungseid, da er bei seiner Wahl die Abschaffung der verhassten Troika versprochen hatte.

Juncker zeigte sich bei Tsipras Besuch herzlich, aber auch angespannt: „Ich bin nicht zufrieden mit den Entwicklungen in den vergangenen Wochen. Ich denke nicht, dass wir ausreichend Fortschritte gemacht haben“, sagte der Luxemburger. Er bezeichnete es aber erneut als ausgeschlossen, dass Griechenland wegen seiner Schuldenprobleme aus dem Euro aussteigen muss. Auch Tsipras gab sich optimistisch: „Ich denke, dass wir am Ende all diese Missverständnisse ausräumen können.“

Hitzig in Berlin

Doch in Berlin heizt sich die Stimmung gegen Tsipras und die neue griechische Regierung weiter auf. Nachdem sich Athen am Donnerstag offiziell über eine angebliche Beleidigung durch Finanzminister Wolfgang Schäuble beschwert hatte, ging der CDU-Mann in die Gegen-Offensive: Er könne nicht ausschließen, dass Griechenland versehentlich aus dem Euro herausrutsche, so Schäuble. Die Verantwortung dafür liege aber allein in Athen.

Es sind genau diese Äußerungen, die man in Brüssel um jeden Preis vermeiden möchte. Nach Juncker warnte auch Währungskommissar Pierre Moscovici vor einem „Grexit“: Ein Ausstieg Griechenlands aus dem Euro käme einer „Katastrophe“ gleich, so der Franzose. „Wenn ein Land diese Union verlässt, werden die Märkte umgehend die Frage stellen, welches Land als nächstes dran ist, und das könnte der Anfang vom Ende sein“, sagte Moscovici dem Spiegel (Samstagsausgabe).

Dieselbe Ansicht vertreten die meisten EU-Kommissare. Nur der Deutsche Günther Oettinger ist immer wieder mit Warnungen an Griechenland ausgeschert. Juncker will dies jedoch nicht weiter dulden; er hat seinen Internet-Kommissar zur Ordnung gerufen. „Einen Grexit wird es niemals geben“, lautet Junckers Ansage. Jetzt muss er nur noch Berlin davon überzeugen.

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4 Kommentare

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  • Krass unsolidarisch und hinterlistig entzog Juncker als Regierungschef oder Finanzminister auch armen EU-Nachbarn viele Steuermilliarden von Großkonzernen, um einen kleinen Bruchteil davon nach Luxemburg zu lenken.

     

    Schädigt dieser "Steuergauner" nun auf weiteren Wegen Steuerzahler. in Ländern auch mit geringem Pro-Kopf-Einkommen, die sich ohne deutsche Hilfe nicht wehren könnten?

     

    Vorfahrt für Drängler und Huper?

  • Vielleicht würde es helfen, wenn erkannt würde, dass vielen Nachteilen in der Währungsunion an anderer Stelle auch Vorteile gegenüberstehen.

     

    So haben zurzeit nicht nur Spanien, Portugal oder Irland Zinsnachteile, sondern auch Deutschland oder Frankreich Zinsvorteile.

    Würde man hier einen Ausgleich vornehmen, z.B. die Länder, die Vorteile haben, müssen 50% des Zinsvorteils in einen Topf einzahlen und die Länder, die Nachteile haben, bekommen 50% aus diesem Topf ausgeglichen, dann würde dies die Vor- und Nachteile abmildern ohne gänzlich auf den Steuerungseffekt unterschiedlicher Zinsen zu verzichten, weil ja die Hälfte der Mehrkosten noch vorhanden wären.

     

    Die Zinsvorteile und Zinsnachteile der einzelnen Mitgliedsländer der Euro-16-Gruppe habe ich hier dargestellt: http://www.mister-ede.de/politik/zinslastverteilung-eurozone/3713

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Zitat aus Ihrem Artikel über Schäuble: '... dass Griechenland versehentlich aus dem Euro herausrutsche'. Das ist schon sehr witzig, Herr Schäuble. Hätte ich Ihnen nicht zugetraut. Ja, nun holt Sie einerseits ihre eigene Vergangenheit ein, was die Parteispenden betrifft, und andererseits Ihre sture, arrogante und stramm rechtspopulistische Haltung. Haben Sie wirklich gedacht, die reichen und gutsituierten Deutschen können sich alles erlauben? Auch die deutsche Ignoranz und Arroganz hat dazu geführt, daß in Griechenland eine linke und wirklichkeitsnähere Regierung gewählt wurde. Jetzt ist es soweit, und Sie kommen damit nicht zurecht. Ich denke, es wäre für Sie, Herr Schäuble, da Sie ja auch im Gegensatz zu Herrn Tsipras von niemandem gewählt wurden, ein guter Zeitpunkt, zurückzutreten. Nehmen Sie Herrn Oettinger gleich mit.

  • 2G
    2097 (Profil gelöscht)

    Wenn der Euro scheitert, scheitert auch die CDU. Deswegen wird es keinen Grexit geben, da die Reaktion der Finanzmärkte nicht kalkulierbar ist für die Politik. Halt doof, wenn die Regierungspolitik auf Deregulierung setzte und weiterhin setzt.