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Folgen des europäischen FiskalpaktsSozialkürzungen programmiert

Der Sozialverband Deutschland warnt vor dem europäischen Fiskalpakt. Auf Sozialversicherungen und Kommunen kämen neue Einschnitte zu.

Der Staat soll sparen – der Reichtum wird fleißig nach oben umverteilt. Bild: dpa

BERLIN taz | In Deutschland wird derzeit mit Inbrunst über die Ausweitung von Rentenleistungen diskutiert. Doch diese Debatte könnte schon bald der Vergangenheit angehören. Denn statt Sozialleistungen auszuweiten, könnte bald wieder deren Kürzung auf der Tagesordnung stehen, warnte der Sozialverband Deutschland (SoVD) am Dienstag in Berlin.

Der Grund: die strenge Haushaltsdisziplin, die der europäische Fiskalpakt vorgibt, werde hierzulande unweigerlich zu neuen Einschnitten bei Sozialversicherungen und Kommunen führen.

Der Fiskalpakt, im März 2012 auf europäischer Ebene unterzeichnet und im Juni 2012 in seinen Eckpunkten auch von Bundesrat und Bundestag angenommen, ist eine europäische Schuldenbremse. Der Pakt sieht vor, dass die jährliche Neuverschuldung in den einzelnen Ländern nicht mehr als 0,5 Prozent der Wirtschaftskraft betragen darf.

Zudem müssen Länder, deren Schuldenstand 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) übersteigt, diesen Schuldenstand drücken. Verstoßen EU-Mitgliedsstaaten dagegen, beginnt automatisch ein Defizitverfahren. Dem "Schuldensünder" drohen Strafzahlungen, er muss zudem Pläne für Strukturreformen, sprich Ausgabenkürzungen, vorlegen.

Im Vergleich zur nationalen Schuldenbremse, die in Deutschland bereits 2009 verabschiedet wurde, hat der europäische Fiskalpakt eine größere Reichweite. Denn während die nationale Schuldenbremse offiziell nur für den Bund und die Länder gilt, bezieht die europäische Schwester ausdrücklich auch die Kommunen und die Sozialversicherungssysteme in das Spardiktat mit ein.

Zudem greift die europäische Schuldenbremse bereits ab 2014. Die nationale Schuldenbremse tritt hingegen erst 2016 in Kraft. Sie begrenzt das Neuverschuldungslimit für den Bund auf jährlich 0,35 Prozent des BIP. Die Länder dürfen ab 2020 gar keine neuen Schulden mehr aufnehmen.

„In Südeuropa sehen wir bereits, wie sich der Fiskalpakt auswirkt. Wir können nicht riskieren, dass soziale Standards bei uns nach unten nivelliert werden“, sagte Adolf Bauer, Präsident des SoVD.

Im Sog der Haushaltsdisziplin

Der Sozialverband skizziert, wo und wie der Spardruck zunehmen würde. Grob gesagt könnte der Bund immer dort, wo er per Steuern die Sozialsysteme bezuschusst, diesen Zuschuss weiter zurückfahren. Das ist in der jüngeren Vergangenheit bereits geschehen. Beispielsweise kürzte die Bundesregierung 2013 den Bundeszuschuss zum Gesundheitsfonds um zwei Milliarden Euro.

Auch die Bundesagentur für Arbeit lebt bereits im Sog der Haushaltsdisziplin. Sie musste und muss zwischen 2011 und 2014 bereits 16 Milliarden Euro bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik einsparen, so das Ergebnis eines Sparpakets, das die schwarz-gelbe Bundesregierung 2010 im Zeichen der Wirtschaftskrise beschlossen hatte.

Diese Tendenz könnten sich in Zukunft deutliche verschärfen, fürchtet der SoVD. Unter dem Zwang der Haushaltsdisziplin würden in allen Bereichen der Sozialversicherungssysteme, also bei der gesetzlichen Renten- oder Krankenkasse und bei der Arbeitslosenversicherung, neue Debatten um Leistungskürzungen oder Beitragserhöhungen auf die Gesellschaft zukommen. „Und wie solche Debatten meist ausgehen, ist leider klar. Es läuft auf Leistungskürzungen hinaus“, sagte Ursula Engelen-Kefer, die beim SoVD dem Arbeitskreis Sozialversicherung vorsitzt.

Auch die Kommunen, deren Gesamtverschuldung mittlerweile bei rund 130 Milliarden Euro liegt, seien vor neuen Sparrunden unter dem Druck des europäischen Fiskalpakts nicht gefeit. Einsparungen stünden wohl vor allem bei den sogenannten freiwilligen Leistungen an, etwa beim kommunalen Wohnungsbau oder in sozialen Einrichtungen, sagt der SoVD voraus.

Auch für eine Verbesserung der finanziellen Leistungen für Menschen mit Behinderungen sieht der Verband die Spielräume schwinden. Sein Gegenkonzept: eine andere Steuerpolitik. Dazu gehören für den SoVD unter anderem eine höhere Besteuerung der oberen Einkommen, die Einführung einer wirksamen Vermögenssteuer sowie einer Finanztransaktionssteuer.

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6 Kommentare

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  • S
    Schramm

    Bürgerliche Parteien, GroKo-Regierungs- und Lobby-Parlaments-Programm:

     

    Alles für die Finanz- und Monopolbourgeoisie (- und deren hündische gesellschaftspolitische Administration) und nichts fürs mehrwertschöpfende und werktätige Volk!

  • N
    NEU

    Das Geld was der Staat bei Großprojekten wie dem Flughafen Berlin verprasst fehlt halt im Sozialetat. Wie Sozial ist das denn?

  • G
    Gast

    Die TAZ findet doch sonst die EU immer so geil. Das die nur dazu da ist, die sozialstaaten kaputt zu machen mit ihren Strukturen, auf diese Idee kommt die TAZ ja nicht.

     

    Das war schon lange klar, das es eine Nivellierung nach unten geben soll auf allen Ebenen. Auch die forcierte Arbeitsmigration dient dem Drücken der Löhne und der Ruinierung der letzten Sozialstaaten in Europa. Das war von Anfang an die neoliberale Agenda der EU.

     

    das läuft im Hintergrund auch in den Think Tanks in Brüssel die schon immer vor Ort dafür geworben haben: vollständige Privatisierungen, Rückbau aller Sozialstaaten.... das war schon lange so geplant.

  • Die Leute haben CDU/CSU und SPD gewählt. Da gibt es jetzt “harte Einschnitte” um “die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten”.

     

    Kurz: alles Geld den Reichen und Konzernen. Lasst uns weiter Banken “retten”!

     

    Wollt Ihr nicht? Nun, dann muss man halt mal in den sauren Apfel beissen und die Linkspartei wählen. Ach, das geht nicht?

     

    Ja, dann... gibt's erstmal 'ne fette Diäten-Erhöhung, und danach besagte “Einschnitte” ins Sozialsystem.

     

    Selber schuld.

  • FG
    Fortschritt gegen Restauration

    Ich bin gegen "Schuldenbremsen".

    Ich bin aber für Vermögens-, Spekulations-, Atommüll- und Waffenexportbremsen.

  • Diätenerhöhung um 10%

    Sozialkürzungen bei Arbeitslosen, Rentnern und Behinderten

     

    GroKo - da gibts unterschiedliche Interpretationen!