Fehlende Transparenz bei Pharmastudien: Kopieren und Speichern verboten
Eigentlich hatte die Europäische Arzneimittelagentur mehr Transparenz in Sachen Studiendaten versprochen. Doch der Zugriff bleibt eingeschränkt.
BERLIN taz | Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat jetzt einen Entwurf für eine Richtlinie (pdf) vorgelegt, wie künftig unabhängige Wissenschaftler Zugriff auf Studiendaten erhalten sollen, die im Rahmen von Zulassungsverfahren für Medikamente erhoben werden. Für viele Wissenschaftler ist der Entwurf eine herbe Enttäuschung.
Die neue Richtlinie soll bereits am 12. Juni verabschiedet werden. Falls es beim aktuellen Entwurf bleibt, würden sie nur sehr eingeschränkt Zugriff auf diese Daten erhalten. Die EMA ist dafür zuständig, vor der Zulassung von neuen Medikamenten in der EU die Studiendaten der Herstellerfirmen zu beurteilen.
Dabei erhält die EMA Zugriff auf viele Daten, die der Öffentlichkeit und unabhängigen Wissenschaftlern bislang vorenthalten sind. Wenn eine Medikamentenstudie durchgeführt wird, wird das Ergebnis üblicherweise in einer medizinischen Fachzeitschrift veröffentlicht. Doch viele Detailinformationen finden sich in den Ergebnissen nicht wieder, weshalb unabhängige Forscher seit Langem fordern, Zugriff auf die sogenannten klinischen Studienprotokolle zu erhalten.
2012 hatte die EMA angekündigt, künftig deutlich transparenter mit diesen Studienprotokollen umzugehen, und hatte bereits angefangen, Daten aus der Vergangenheit öffentlich zu machen. Einige Pharmaunternehmen hatten daraufhin erfolglos versucht, die EMA zu verklagen um die Herausgabe von Studienprotokollen zu unterbinden.
Laut der jetzt vorgestellten Richtlinie sollen künftig neue Studienprotokolle nur nach einem vorherigen Registrierungsprozess eingesehen werden können. Wer Einblick in die Daten erhalten will, muss sich weiterhin verpflichten, diese nicht zu speichern, auszudrucken oder anderweitig weiterzuverarbeiten, sie dürfen lediglich am Bildschirm betrachtet werden.
Ein Verfahren das Fachleute für völlig unpraktikabel halten: „Diese Bedingungen machen jede wissenschaftliche Auswertung klinischer Studiendaten, beispielsweise im Rahmen einer Nutzenbewertung, völlig unmöglich“, schreibt dazu das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Das IQWiG ist in Deutschland dafür zuständig, den Nutzen von Medikamenten zu bewerten.
Doch selbst diese Daten, die die Wissenschaftler nur am Bildschirm betrachten dürfen, sollen nicht vollständig sein. Vielmehr ist geplant, dass die Pharmafirmen, die die Studien durchführen, zwei Versionen der Studienprotokolle zur Verfügung stellen: Eine vollständige Version, die für die Medikamentenzulassung durch die EMA herangezogen wird, und eine unvollständige Version, aus der Daten, die von den Pharmafirmen als Geschäftsgeheimnisse betrachtet werden, entfernt wurden.
„Wie nahe die beiden Versionen beieinanderliegen und welche Teile entfernt wurden, würde ein unabhängiger Dritter, der die Daten anfordert, möglicherweise niemals erfahren“, kommentieren die beiden Wissenschaftler Peter Doshi und Tom Jefferson von der Cochrane Collaboration dieses Vorgehen in einem Blog-Beitrag der Open-Access-Zeitschrift PLOS.
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