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Ex-Spitzel und Thüringer NeonaziBrandt soll in NSU-Prozess aussagen

Trotz Haft: Der einstige Thüringer Kameradschaftsführer und V-Mann Tino Brandt muss in München aussagen. Ihm wird Kindesmissbrauch vorgeworfen.

Hier wird Tino Brandt bald als Zeuge sitzen: Raum des NSU-Prozesses in München Bild: dpa

BERLIN taz | Das Oberlandesgericht München will weiter den früheren Thüringer Neonazi und V-Mann Tino Brandt im NSU-Prozess anhören. Es bestehe „keine Veranlassung die geplante Terminierung zu ändern“, sagte eine Gerichtssprecherin der taz. Brandt war in den Neunziger Jahren NPD-Funktionär und Anführer der Kameradschaft „Thüringer Heimatschutz“, dem auch die späteren NSU-Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe angehörten.

Parallel arbeitete der 39-Jährige bis 2001 als Topquelle des Thüringer Verfassungsschutzes, bekam dafür rund 100.000 Euro bezahlt. Das Geld will er in die rechtsextreme Szene investiert haben. Wegen dieser Rolle soll Brandt Mitte Juli an gleich Prozesstagen im Münchner NSU-Prozess aussagen. Am Mittwoch wurde er allerdings wegen des Verdachts des Kindesmissbrauchs in U-Haft genommen.

Bereits seit Längerem wird gegen Brandt, heute wohnhaft in Rudolstadt, wegen möglicher Zuhälterei ermittelt: Auf seinen Auftrag hin sollen sich mindestens fünf Jugendliche und Männer prostituiert haben. Seit mehr als zwei Jahren laufen zudem Ermittlungen wegen Betrugs. Nun, so die Staatsanwaltschaft Gera, gebe es auch „Hinweise auf den sexuellen Missbrauch eines Kindes“.

Da dringender Tatverdacht bestehe, sei U-Haft angeordnet worden. Laut Thüringer Allgemeiner Zeitung stammt der Vorwurf von einem 15-jährigen Jungen. Das Münchner Oberlandesgericht teilte mit, Brandt im Falle einer fortbestehenden U-Haft im NSU-Prozess vorführen zu lassen. Eigentlich sollte der Thüringer bereits im Februar dort aussagen: Damals aber ließ sich Brandt mit einem ärztlichen Attest entschuldigen.

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6 Kommentare

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  • "Kindesmißbrauch" - ein Totschlags-Verdacht: gegen Böhnhardt wurde kürzlich ein derartiger, alter Verdacht aufgewärmt, bei Beate Zschäpe fand man Kinderpornographie, gegen Brandt wird wegen Kindesmißbrauchs ermittelt - und Edathy, der die Verstrickung dieser Szene mit dem Staat aufklären sollte, wird des Besitzes von Kinderpornografie verdächtigt. Alles bloß Zufall? Oder einfach bloß ein universelles Mittel, um Leute zu diskreditieren und zu erpressen? Denn im Abscheu gegen "Kindesmißbrauch" sind sich ja sogar die meisten Linken und Rechten einig ... also funktioniert es immer und in jedem Milieu und jeder Szene.

    Ich finde es bedenklich, daß die TAZ im NSU-Komplex meist bloß staatsfromm wiedergibt, was dieser Staat behauptet - anstatt selbst zu recherchieren und solcherart "Merkwürdigkeiten", die sich hier doch häufen, infrage zu stellen.

  • Brandt wird gar nichts zur Wahrheitsfindung beitragen, weil er sich selbst belasten könnte- was er nicht muss.

  • Auch wenn ich einem Nazi wie Herrn Brandt eine möglichst bösartige Berichterstattung über ihn gönne, frag ich mich doch, ob man von "Kindesmissbrauch" schreiben sollte, wenn es um einen zur Tatzeit 15-jährigen geht, da wäre es dann doch korrekter von sexuellem Missbrauch von Jugendlichen zu schreiben. So viel journalistische Sorgfaltspflicht sollte man doch selbst dann aufbringen, wenn es um Nazis geht.

  • @ mephisto:

     

    "Da er sich in U-Haft befindet ist er so ziemlich der einfachste Zeuge. Man muß ihm nur signalisieren, daß etwas für ihn rausspringt ..."

     

    Oder er wurde genau deswegen in U-haft genommen!

     

    Bei dem schmutzigen Spiel, was die Staatsorgane hier abziehen und den Abgründen an Mitwisserschaft und Mittäterschaft, die sich nach und nach auftun, liegt das für mich näher an der Wahrheit.

  • na, wenn den nicht eine plötzliche Diabetes ereilt, könnte man doch endlich mal was Interessantes von dem dummen Plappermaul zu hören kriegen...

    • @Yahia:

      Glauben Sie daran? Bei Brandt? Der wird - wie immer - exakt das aussagen, was der "Meistbietende" von ihm verlangt. Der macht für Geld so ziemlich alles.Da er sich in U-Haft befindet ist er so ziemlich der einfachste Zeuge. Man muß ihm nur signalisieren, daß etwas für ihn rausspringt und schon wird er bereitwillig alles erzählen (oder verschweigen) was gewünscht ist.