Ernährungsforscherin über Süßes: „Eine Zucker-Steuer ist kein Verbot“

2017 wird es in Philadelphia eine Limonaden-Steuer geben. Ernährungswissenschaftlerin Gerlach fordert eine Fett-Zucker-Steuer für Deutschland.

Zwei Gläser mit Limonade und Cola

Limonade sollte teurer werden Foto: dpa

Eine Steuer nur auf Limonade, hilft das?

Steuer auf Limonade eine Teillösung. Getrunkener Zucker ist noch schlechter als Zucker in fester Nahrung. Limonade wird schnell getrunken und macht nicht satt. Für Limonaden ist wissenschaftlich bewiesen, dass es ungesund für den Körper ist. Jeden Tag eine Dose Limonade über einen längeren Zeitraum erhöht das Risiko für Diabetes um 20 Prozent. Deshalb ist die Steuer auf Limonade eine Teillösung.

Sollte in Deutschland auch eine Zucker-Steuer eingeführt werden?

Ja, das würde helfen. Der Zucker-Konsum ging in anderen Ländern wie Mexiko im ersten Jahr nach Einführung der Zucker-Steuer um 11 Prozent zurück. Wir sollten die Mehrwertsteuer umstrukturieren: Ungesundes mit viel Zucker und Fett sollen mit 19 Prozent besteuert werden und gesunde Lebensmittel wie Obst und Gemüse mit Null Prozent.

Werden die Konsumenten dadurch vom Staat entmündigt?

Eine Konsumsteuer ist kein Verbot. Die Menschen können immer noch frei entscheiden, was sie kaufen möchten. Deshalb kann man trotzdem etwas Süßes essen. Als Faustregel für eine Tagesration gilt: OK ist, was auf den Handteller passt. Bei mir sind das zum Beispiel sechs Weingummis oder 3 Pralinen.

Stefanie Gerlach ist Ernährungswissenschaftlerin und arbeitet für die Deutsche Adipositas-Gesellschaft und die Deutsche Diabetes-Hilfe.

Anlässlich der EM werden viele als ungesund geltende Lebensmittel beworben. Was sagen Sie dazu?

Die Werbung mit den Fußballhelden zielt ganz besonders auf Kinder und Jugendliche ab. Wir finden das unverantwortlich. Der Deutsche Fußballbund sollte sich Werbepartner suchen, die seine gemeinnützigen Ziele, den Breitensport und die Gesundheit zu fördern und nicht konterkarieren, indem er ungesunder Limo, Fast Food, und Nuß-Nougat-Creme eine Premium-Werbebühne bietet. Die Weltgesundheitsorganisation hat ein Modell entwickelt, das „Nährwert-Profiling“. Es teilt Nahrungsmittel und Getränke anhand ihrer Nährstoffzusammensetzung ein und benennt Gruppen, die nicht an Kinder vermarktet werden sollten.

Und mit Werbeverboten und Fett-Zucker-Steuer sind wir dann alle ohne Übergewicht?

Schön wärs! An Kitas und Schulen und sollten die Qualitätskriterien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung verpflichtend umgesetzt werden. In Restaurants sollten die Kinderportionen immer Obst und Gemüse mit dabei haben. Wir brauchen auch eine Stunde Bewegung für jeden Schüler an jeder Schule und unsere Städte müssen bewegungsfreundlicher werden mit Parks, Radwegen und zu Fuß erreichbaren Geschäften.

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