EU und Netzsicherheit: Aktiv gegen Angriffe
Die EU plant eine Meldepflicht für Cyber-Attacken. Deutschland gilt dafür als Vorbild. Eine neue Behörde soll die Abläufe koordinieren.
BRÜSSEL taz | Nach den USA rüstet nun auch Europa auf. Um der zunehmenden Cyber-Attacken Herr zu werden, will die EU-Kommission eine Meldepflicht einführen. Künftig sollen alle 27 EU-Staaten verpflichtet werden, Hacker-Angriffe zu erfassen und Informationen EU-weit auszutauschen. Von der Meldepflicht wären auch Banken, Transport- und Energieunternehmen sowie Internetanbieter und Behörden betroffen – insgesamt rund 44.000 der großen Unternehmen.
Die Kommission will ihren Vorschlag bereits am kommenden Donnerstag in Brüssel präsentieren. Neben der für Telekom und Internet zuständigen Vizepräsidentin Neelie Kroes sind auch Innenkommissarin Cecilia Malmström und die Außenbeauftragte Catherine Ashton beteiligt.
Dass auch Innen- und Außenpolitiker mobilmachen, lässt eine massive Offensive gegen die anonymen Cyber-Krieger erwarten – und neue Eingriffe in die Privatsphäre der EU-Bürger. Doch Kroes' Sprecher wiegelt ab: „Wir planen keinen Cyberwar wie die USA, wir machen es auf unsere eigene, zivile Art.“ Zunächst gehe es darum, dass alle 27 Mitgliedsländer gemeinsame, hohe Sicherheitsstandards einführen. Dazu werden in ganz Europa neue Behörden geschaffen, die sich der „Netzwerk- und Informationssicherheit“ (NIS) verschreiben.
Nichtöffentliche Meldung
Die neuen NIS-Behörden sollen dann Meldungen aus der Industrie entgegennehmen. Weil manche Firmen Nachteile befürchten, wenn sie Cyber-Attacken zugeben, sollen auch vertrauliche, nichtöffentliche Meldungen möglich sein. Bei ernsthaften Risiken und Vorfällen soll die Information EU-weit ausgetauscht werden, um eine koordinierte Antwort zu ermöglichen, so der Sprecher.
Im Mittelpunkt steht allerdings nicht der Datenschutz, sondern das gute Funktionieren des Binnenmarkts. Zwar soll die neue „Cybersicherheits-Strategie“ auch die europäischen Grundrechte und Werte wahren, betont die Kommission. Doch wie so oft kümmert sich die EU vor allem um die Unternehmen.
Die neue Strategie ziele darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit der Informationsindustrie zu stimulieren und die Nachfrage nach neuen Datenschutzprodukten zu fördern, heißt es in Brüssel.
Deutschland sei dabei ein Vorbild, sagte Kroes’ Sprecher. Die Bundesrepublik gehöre schon jetzt der europäischen Spitzengruppe an, wenn es um die Sicherheit im Internet geht. Berlin müsse daher auch keine neuen Eingriffe aus Brüssel fürchten, deutete der Sprecher an. „Wir wollen hohe Sicherheitsstandards in ganz Europa“, sagte er, „aber wir planen kein Einheitsprogramm.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Proteste in Georgien
Wir brauchen keine Ratschläge aus dem Westen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?
Syrien nach Assad
„Feiert mit uns!“