EU-Schutzstatus missachtet: CDU will Wölfe abknallen
Es gibt Streit um die Wölfe in Mecklenburg-Vorpommern. Die CDU will sie zum zum Abschuss freigeben. Naturschützer sind empört, der Koalitionspartner auch.
SCHWERIN dapd | Die CDU in Mecklenburg-Vorpommern will Wölfe wieder zum Abschuss freigeben und bringt damit Naturschützer sowie den Koalitionspartner SPD gegen sich auf. Anlass für die neuerliche Debatte ist der mutmaßliche Angriff eines Wolfes auf eine Schafherde in der Müritz-Region. Laut Umweltministerium wurden bislang drei Wölfe im Nordosten nachgewiesen.
Aus Sicht der CDU-Landtagsfraktion sind Nutztiere wie Schafe, Ziegen und Rinder nicht ausreichend gegen die Raubtiere geschützt, wie die agrarpolitische Sprecherin Beate Schlupp am Donnerstag in Schwerin sagte. Ein „Miteinander von Wolf und Nutztierhaltung“ führe „zwangsläufig zu Konflikten“, argumentierte sie.
In der Nacht zum Dienstag waren in Röbel an der Müritz acht tote Schafe gefunden worden, die laut Gutachtern des Landes wahrscheinlich von einem Wolf getötet wurden. Umweltminister Till Backhaus (SPD) versprach, den finanziellen Schaden zu ersetzen.
Wölfe waren in Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts komplett verschwunden, weil sie von Menschen gnadenlos gejagt wurden. Seit wenigen Jahren siedeln sich die inzwischen geschützten Tiere jedoch wieder an. In der Ueckermünder Heide, der Lübtheener Heide, in der Kyritz-Ruppiner Heide und im Müritz-Nationalpark wurden laut Umweltministerium drei Einzeltiere nachgewiesen.
Gegen die offizielle CDU-Linie
Dass die CDU nun den Abschuss fordert, ist politisch durchaus brisant, weil die CDU/SPD-Regierung sich offiziell den Schutz der Wölfe auf die Fahnen geschrieben hat. SPD-Umweltminister Backhaus versicherte umgehend, der Wolf genieße auch durch das geltende EU-Recht „höchsten Schutzstatus“.
Backhaus betonte: „Niemand kann von uns verlangen, gegen internationales Recht zu verstoßen.“ Backhaus fügte hinzu, die Landesregierung siedle die Wölfe nicht extra an. „Es ist eine natürliche Entwicklung, die sich hier vollzieht und Ausdruck dessen, dass sich die Anstrengungen zum Erhalt der biologischen Vielfalt auszahlen.“
Die Umweltorganisation WWF warnte vor einer neuerlichen Jagd auf Wölfe und nannte den CDU-Vorstoß „absolut unverständlich“. Ein Sprecher sagte auf dapd-Anfrage: „Wenn wir die Natur schützen wollen, dann gehört der Wolf einfach dazu. Natürlich wissen wir, dass es zu Konflikten kommen kann, gerade mit Schafherden.“ Deshalb befürworte der WWF auch Ausgleichszahlungen für Tierhalter. Die Organisation stellt außerdem zusammen mit dem Umweltministerium den Schäfern Notfallausrüstungen mit Elektrozäunen zur Verfügung.
Der WWF widersprach der CDU-Darstellung, wonach Naturschützer ebenfalls für den Abschuss der Wölfe seien. „Alle großen Naturschutzverbände sind gegen die Jagd auf den Wolf“, betonte der Sprecher. Die CDU hatte sich auf eine lokale Gruppe in der Müritz-Region berufen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Wahlprogramm von CDU und CSU
Der Zeitgeist als Wählerklient