Die Streitfrage: Günther Jauch auf den Mittwoch?
Seit #Varoufake ist die Kritik an „Günther Jauch“ deutlicher denn je. Braucht der Polit-Talk einen neuen Sendeplatz? Diskutieren Sie mit!
Normalerweise fordern Journalisten den Rücktritt von Politikern. Wenn Kollegen ihren Job aber verfehlt haben, warum sollte man nicht auch andere Journalisten auffordern dürfen, zurückzutreten? Die „Neue Züricher Zeitung" (NZZ) hat eben das getan: „Starmoderator Günther Jauch sollte entlassen werden", titelten die Schweizer am Wochenende. Der Umgang mit Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis sei „übelster Kampagnenjournalismus", urteilte das Blatt. Jauch habe in seiner Talkshow gegen „fundamentale journalistische Standards verstoßen" - und müsse deshalb „vor die Tür gesetzt werden".
Was ist passiert? Alles begann damit, dass Varoufakis zu Gast bei „Günther Jauch" war, //www.youtube.com/watch?v=mZu7DHS3_kM:zugeschaltet per Video. In einer hitzigen Diskussion konfrontierte Jauch den griechischen Minister mit einem Video von einem Auftritt im Mai 2013 auf einer Konferenz in Kroatien. Griechenland, sagt Varoufakis da, hätte bereits 2010 verkünden sollen, dass es den Forderungen in der Eurokrise nicht nachkommen kann. Sein Land hätte Deutschland „den Finger zeigen und sagen sollen: Ihr könnt das Problem nun allein lösen", so Varoufakis, //www.youtube.com/watch?v=1KSmcUyAZwU:der dabei seinen Mittelfinger in die Kamera streckte.
Die Aufregung war groß, auch wenn Varoufakis die Echtheit des Videos sogleich bestritt. Video-Experten prüften die Authentizität des Videosschnipsels in den folgenden Tagen - bis Jan Böhmermann seinen Coup landete. Der Satiriker veröffentlichte ein Video, in dem er angab, die gesamte Aktion //www.youtube.com/watch?v=Vx-1LQu6mAE:von Anfang an fingiert zu haben. Das Video, so Böhmermann, sei von ihm gefälscht worden - und Jauch sei auch noch darauf reingefallen. Für einige Stunden war die Verwirrung groß, dann löste das ZDF die Satire auf.
Soweit die Sachlage. Mit ihrer Kritik an „Günther Jauch" ist die NZZ nun längst nicht mehr allein: Auch andere Kollegen wie der Medienjournalist Jens Bergmann vom Wirtschaftsmagazin „brand eins" finden, dass Jauch sich für seinen Umgang mit Varoufakis zumindest entschuldigen müsse. Der eigentliche Skandal, article_id=314945:so Bergmann im Deutschlandfunk, sei nicht der Mittelfinger des Finanzministers. Problematisch sei, wie die Redaktion von „Günther Jauch" ein veraltetes Video aus dem Kontext gerissen habe. Zu kurz, so der Vorwurf, habe Jauch das Datum eingeblendet.
Bleibt die Frage, wie sorgfältig die Redakteure von „Günther Jauch" recherchierten. Als Böhmermann sein Video veröffentlichte, kam von der Jauchs Redaktion die Forderung nach „Beweisen" - für ein Satire-Video. Ein taz-Redakteur, der auf der Konferenz von Varoufakis' Stinkefinger-Auftritt war, berichtet, dass „Jauch"-Mitarbeiter am Montag anriefen und wissen wollten, ob er sich an den Finger erinnern könne.
„Günther Jauch" gilt als wichtigste politische Talkshow des Landes, sie hat die höchsten Einschaltquoten aller Gesprächsrunden. Kann Jauch diesem Anspruch gerecht werden? Die Kritik an den journalistischen Fähigkeiten des Moderators ist nicht neu: Viele halten Jauch für zu sanft, für unpolitisch.
Oder zeigt die Debatte um #Varoufake, dass der Talkmaster überfordert ist - und auf einem weniger wichtigen Sendeplatz besser aufgehoben wäre? Es gäbe da zum Beispiel den den Mittwoch.
Was meinen Sie? Sollte Jauch umziehen, Platz machen für andere? Oder halten Sie die Debatte für übertrieben und finden es gut, dass der Talkmaster seit der Varoufakis-Sendung weitersendet, als wäre nichts passiert?
Diskutieren Sie mit! Wir wählen unter den interessantesten Kommentaren einen oder zwei aus und veröffentlichen sie in der taz.am wochenende vom 28./29. März 2015. Ihr prägnantes Statement sollte nicht mehr als 400 Zeichen umfassen und mit Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse der Autorin oder des Autors versehen sein. Schicken Sie uns bis Donnerstag Vormittag eine Mail an: streit@taz.de.
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