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Der Kongo-KriegsverbrecherprozessDie FDLR im Kongo

In Stuttgart steht die Führung der im Kongo kämpfenden ruandischen Hutu-Miliz FDLR vor Gericht. Hier mehr zum Hintergrund.

Die ruandische Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) ist eine der brutalsten Kriegsparteien im Afrika der Großen Seen. Hervorgegangen aus der ehemaligen ruandischen Armee und den Hutu-Milizen, die 1994 in Ruanda den Völkermord an 800.000 Tutsi verübten, hat sie sich in der benachbarten Demokratischen Republik Kongo niedergelassen, mit einer eigenen Armee und Regierung, die im Osten des Landes weite Landstriche unsicher macht und von der Rückkehr an die Macht in Ruanda träumt.

FDLR-Präsident Ignace Murwanashyaka und sein Stellvertreter Straton Musoni leben in Deutschland und führen die Organisation von hier aus. Damit sind sie auch für die Verbrechen verantwortlich zu machen, die die FDLR im Kongo begeht - unter anderem unvorstellbar brutale Vergewaltigungen an Kongolesinnen.

Am 4. Mai 2011 begann vor dem Oberlandesgericht Stuttgart der Kriegsverbrecherprozess gegen Murwanashyaka und Musoni. Die beiden wurden im November 2009 in Baden-Württemberg festgenommen. Der Prozess ist ein Pilotverfahren: er ist der erste in Deutschland überhaupt, der unter dem Völkerstrafgesetzbuch geführt wird - das Gesetzeswerk, das das Statut des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag in deutsches Recht überführt. Es geht um die Vorgesetztenverantwortlichkeit der beiden FDLR-Führer für das, was ihre Truppe im Kongo tut.

Die taz wies als erste Zeitung in Deutschland bereits im April 2008 prominent auf den Skandal hin, dass Kriegsverbrechen im Kongo von Deutschland aus gesteuert werden und die deutschen Behörden dies duldeten. Seitdem haben weitere taz-Recherchen die Vernetzungen der FDLR nach Deutschland und anderswo ausgeleuchtet und die Zusammenhänge in der Region der Großen Seen Afrikas analysiert.

Die Prozessbeobachtung der taz wird in Zusammenarbeit mit der Medizinischen Flüchtlingshilfe Bochum / Gerechtigkeit heilt sowie dem Pole Institute in Goma, DR Kongo realisiert.

Weiterhin bietet der Prozess den Anlass, diese Thematik mit Reportagen und Analysen weiter zu beleuchten. Eine Zwischenbilanz erschien im August 2012: Eine Prozessreportage aus Stuttgart; eine Analyse der Arbeit der Bundesanwaltschaft weltweit; ein Hintergrund zu Kriegsverbrecherermittlungen im Kongo und ein Interview mit Amnesty International-Expertin Leonie von Braun.

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Alle Videos über die FDLR im Kongo gibt es hier in der Übersicht.

Ältere Texte zum Thema:

29.12.09 - Rebellen im Kongo: Die Kampfmoral ist zerstört

25.11.09 - UN-Bericht über ruandische Geschäfte:Terrormiliz wäscht Geld in Deutschland

25.11.09 - Die Hutu-Miliz und ihre Helfer: Netzwerk des Todes

25.11.09 - Von Deutschland aus koordiniert: Waffen- und Munitionstransfer

19.11.09 - Nach Verhaftungen in Deutschland: Hutu-Milizen kopflos, nicht kraftlos

17.11.09 - Terror von Deutschland aus: BKA nimmt Hutu-Milizführer fest

09.10.09 - Terror im Ostkongo: Die Befehle kommen aus Deutschland

03.09.09 - Internetpräsenz der Hutu-Miliz:Terrorseite zieht aus Deutschland weg

30.08.09 - Auf Anfrage der taz: Webseite der Hutu-Miliz abgeschaltet

15.05.09 - Terror gegen Zivilisten: Kongos schmutziger Krieg

02.03.09 - Ruandische Milizen im Kongo: Kongos müde Krieger

11.07.08 - Gesuchter Völkermordverdächtiger in U-Haft: Deutsche Hilfe für Kongos Frieden

10.05.08 - Verfahren in Deutschland: Ermittlungen gegen Hutu-Milizenchef

23.04.08 - Bundesregierung duldet Terrorchef:Ruandas Miliz-Führer in Deutschland

23.11.07 - Grausame Kriegsverbrechen im Kongo:Sexueller Terrorismus

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