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Bundeswehrsoldat festgenommenDas doppelte Spiel

Ein Soldat wird unter Terrorverdacht festgenommen. Er hatte sich als Syrer registriert, um mit einem Anschlag Flüchtlinge zu diskreditieren.

Die Bundeswehr soll verteidigen – ein Soldat aber soll einen terroristischen Anschlag geplant haben Foto: dpa

Berlin taz | Es ist der 3. Februar, der Franco A. zum Verhängnis wird. An dem Tag sucht der 28-jährige Bundeswehroberleutnant einen speziellen Ort auf: eine Toilette im Flughafen Wien. Aus einem Putzschacht holt er eine geladene Pistole, Kaliber 7,65. Wenige Tage zuvor soll er diese dort versteckt haben. Diesmal aber erwischen ihn österreichische Polizisten und nehmen A. fest.

Wenig später wird der Soldat wieder freigelassen. Worauf die Polizisten aber bei ihren Ermittlungen stoßen, nimmt eine irre Wendung. Eine, die dazu führt, dass Franco A. am Mittwoch unter Terrorverdacht festgenommen wurde.

Rund 90 Beamte rückten aus und durchsuchten 16 Objekte in Deutschland, Österreich und Frankreich – allesamt von Personen aus dem Umfeld von Franco A. Der 28-Jährige selbst – zuletzt im französischen Bundeswehrstützpunkt Illkirch bei Straßburg stationiert – wird im fränkischen Hammelburg festgenommen, auf einem Bundeswehrlehrgang zum Einzelkämpfer.

Zuvor waren die Ermittler dem Doppelleben von Franco A. auf die Schliche gekommen. Sie stellten fest, dass sich dieser bereits am 30. Dezember 2015 in einer Gießener Erstaufnahmeeinrichtung als syrischer Flüchtling ausgegeben hatte. Anfang Januar 2016 habe er dann im bayerischen Zirndorf unter falscher Identität einen Asylantrag gestellt, teilte die ermittelende Staatsanwaltschaft Frankfurt/Main mit. Seitdem erhielt er auch monatlich Sozialleistungen. Der Asylantrag wurde später bewilligt.

Gelegentlich soll er in der Asylunterkunft gewesen sein

Warum der Schwindel nicht auffiel, könne sie nicht beantworten, sagte Nadja Niesen, Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Arabisch jedenfalls habe Franco A. nicht gesprochen. Nach taz-Informationen fand dessen Anhörung auf französisch statt. A. hatte sich als syrischer Christ ausgegeben, mit französischer Abstammung. Als seinen Namen nannte er: „David Benjamin“. Zumindest „gelegentlich“ sei der Soldat tatsächlich in der Asylunterkunft gewesen, heißt es in Sicherheitskreisen. Der Verdächtige habe einen „professionellen Betrug“ vorgelegt.

Aber das war offenbar noch nicht alles. Denn in Nachrichten an einen Bekannten, den Offenbacher Studenten Mathias F., äußerte sich Franco A. wiederholt abfällig über Flüchtlinge. Diese Erkenntnisse „sprechen für einen fremdenfeindlichen Hintergrund des Bundeswehrsoldaten“, sagte Niesen. Es bestehe der Verdacht, dass der Mann mit der Waffe vom Wiener Flughafen „eine schwere staatsgefährdende Straftat im Sinne eines Anschlags geplant hat“. Konkretere Planungen seien bisher aber nicht bekannt.

Eine Ermittlungsthese: Der 28-Jährige könnte mit einem Anschlag, über seine Fingerabdrücke, eine falsche Spur Richtung Flüchtlinge habe legen wollen – und diese damit diskreditieren. Dies sei momentan aber noch eine Vermutung, sagte Staatsanwältin Niesen.

In den Plan war laut Ermittlern auch Mathias F. einbezogen. Der 24-Jährige wurde am Mittwoch ebenfalls festgenommen. Bei ihm fanden die Beamten mehrere Waffen und Munition, darunter Übungshandgranaten, Leuchtraketen und Patronen.

Bisher schweigt Franco A.

Rechtsextremisten in der Bundeswehr sind kein Einzelfall. Im vergangenen Jahr prüfte der Militärische Abschirmdienst 143 Verdachtsfälle, in diesem Jahr waren es bisher 53 Fälle. 14 Soldaten wurden nach rechtsextremen Vorkommnissen aus der Bundeswehr entlassen.

Franco A. sitzt nun vorerst hinter Gitter. Am Donnerstagnachmittag verhängte der Haftrichter Untersuchungshaft gegen den Soldaten. Was genau der 28-Jährige vorhatte, bleibt bisher offen: Franco A. schweigt.

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14 Kommentare

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  • Na, da ist ja wieder richtig was los in Flinten-Ursels „Schule-der Nation“.

     

    Mibrauchsfälle in Pfullendorf, der alte Kamerad & AfD-Fraktionschef Junge (Rh.-Pfalz) outet sich als fieser Sexist und erniedrigt lesbische Soldatin, schließlich der perfide Plan dieses Nazis in Uniform.

     

    Da klingt einem doch der "Badenweiler-Marsch" im Ohr (...vor Schreck allerdings).

  • Außer dem Waffenbesitz und dem unrechtmäßigem Leistungsbezug hat er wohl noch nix getan.

     

    Ansonsten zeigt diese Sache wie viele andere Beispiele, daß das Deutsche System der Flüchtlingsbehandlung überhaupt nicht funktioniert. Und daran würde auch mehr Geld nicht helfen, weil es überhaupt nicht möglich ist genügend Fachkräfte dafür bereitzustellen.

     

    Das ein erheblicher Teil einfach so ohne Vorzeigen von Ausweisdokumenten reingelassen wurde, hilft natürlich auch nicht. Allein dieser Fall wäre durch eine systematische Erfassung and der Grenze bereits verhindert worden.

  • Das Irrsinnigste ist, dass dem Antrag auf Asyl auch noch stattgegeben wird.

     

    So sieht also die Integration aus. Dem Antrag wird stattgegeben und niemand ab diesem Moment interessiert sich dafür, was aus dem Menschen wird. Egal, ob er wirklich Hilfe braucht oder ob einen Anschlag plant oder eben einfach nur abkassieren will bzw mehreres davon.

    Sobald die Menschen da sind, interessiert das System maximal noch die Möglichkeit, sie als billige Arbeitskräfte auszubeuten (darum werden sich diejenigen, die nicht noch einen Fulltimejob beim Bund haben, sich schon selbst bemühen) und ansonsten gehen die Menschen dabei verloren.

     

    Wir schaffen gar nix, wenn wir nicht langsam mal Geldmittel für Personal im sozialen, pädagogischen und von mir aus auch in ordnungspolitischen Bereich bereit stellen.

  • Wenn das mal keine Bewerbung für einen Job beim VS ist.

  • 3G
    35355 (Profil gelöscht)

    Ein deutscher Oberleutnant lässt sich als syrischer Flüchtling registrieren und bezieht neben seinem Sold noch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. War eine tolle Idee, Ende 2015/Anfang 2016 jeden, der in seinem Asylantrag auch nur angab, Syrer zu sein, automatisch einen Schutzstatus zuzuerkennen. Wartet! Wie hatte sich die SPD nochmal aufgeregt, als das BAMF dann endlich wieder dazu überging, auch diejenigen individuell anzuhören, die angaben Syrer zu sein, anstatt sich auf die schriftlichen Angaben im Asylantrag zu verlassen und diesen automatisch durchzuwinken?

    • @35355 (Profil gelöscht):

      Er hat doch gerade nicht den Gießkannenschutz als Kriegsflüchtling bekommen, sondern wurde aufgrund seiner Angabe, ein verfolgter, syrischer Christ zu sein, als Asylbewerber anerkannt.

    • @35355 (Profil gelöscht):

      Die Einfachheit der Erschleichung von Leistungen? Das ist tatsächlich das Erwähnenswertestes an dieser Geschichte? Wow…

      • 3G
        35355 (Profil gelöscht)
        @JoTa:

        Die Einfachheit der Erschleichung eines unberechtigten Schutzstatus ist das, worum es vor allem geht.

    • @35355 (Profil gelöscht):

      Selbst Rupert Neudeck äußerte seinerzeit kritisch, 30% der Syrer seien keine Syrer.

  • Ein Offizier der Bundeswehr als feiger Nazi-Barbar mit Terror-Ambitionen?

    Welche Schergen haben Bundeswehr, Polizei und Justiz noch unterwandert?

    • @amigo:

      Es ist nicht so, daß die Bundeswehr von rechts unterwandert wird, sondern daß rechtes Gedankengut da immer schon normal war. Die fühlen sich einfach vom Militärischen angezogen.

       

      Im Wehrdienst wurde uns vorgeschwärmt, wie toll wir doch bei Monte Cassino gewesen seien und wie schlimm die ganzen Zecken sind.

       

      Von Offiziersanwärtern.

  • Wie soll das gehen, dass ein Deutscher als "Syrer" Asyl beantragt? Fällt das niemandem auf? Womöglich ist er blond und blauäugig, oder wie? Sachen gibt's.

  • Jetzt identifizieren sich mittlerweile fremdenfeindliche Spacken schon so intensiv mit ihrem Feindbild, dass sie die Rolle des Fremden gleich selbst mit einnehmen und Asylanträge stellen. Das hat schon was (;-))