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Bundestag stimmt für Cannabis auf RezeptFortschritt für 647 Patienten

Das Parlament ist einstimmig dafür: Schwerkranke Patienten können jetzt Cannabis auf Rezept bekommen. Die Krankenkassen zahlen.

Schwerkranke Patient*innen können jetzt auf Rezept kiffen und müssen es nicht aus eigener Tasche bezahlen Foto: dpa

Berlin epd | Schwer kranken Menschen wird der Zugang zu Cannabis als Medikament erleichtert. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstag einstimmig ein entsprechendes Gesetz von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU). Demnach können schwer kranke Patienten künftig Cannabisarzneimittel auf Rezept in der Apotheke erhalten. Die Kosten übernimmt die gesetzliche Krankenversicherung.

Cannabis kommt bisher nur mit einer Ausnahmegenehmigung als Heilmittel zum Einsatz, etwa um Schmerzpatienten zu helfen. Im April 2016 hatten nur 647 Patienten eine solche Erlaubnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte, die sie zum Erwerb von Cannabis als Medikament in Apotheken berechtigte. Die Kosten mussten die Patienten in der Regel selbst tragen.

Eine Ausnahmeerlaubnis ist durch das neue Gesetz nicht mehr nötig: Künftig können Patienten getrocknete Cannabisblüten und Cannabisextrakte in kontrollierter Qualität auf ärztliche Verschreibung hin erhalten. Weiterhin können – wie bisher – Fertigarzneimittel auf Cannabisbasis verschrieben werden. Für die Versicherten wird zudem ein Anspruch auf Versorgung mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon geschaffen. Die Regelungen beschränken sich laut Gesetz auf „eng begrenzte Ausnahmefälle“, dazu zählen Menschen mit schwerwiegenden Erkrankungen und ohne Therapiealternativen.

Um die Versorgung sicherzustellen, wird der Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland ermöglicht. Geplant ist dazu der Aufbau einer staatlichen Cannabisagentur, die den Anbau und Vertrieb koordiniert und kontrolliert. Diese Aufgabe wird dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte übertragen.

Um die genaue medizinische Wirkung der Cannabisarzneimittel zu erforschen, ist eine wissenschaftliche Begleiterhebung vorgesehen. Die Teilnahme an der Studie ist verpflichtend für die Erstattung der Kosten durch die Gesetzliche Krankenversicherung.

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1 Kommentar

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  • Nach zwei Monaten Cannabis Gesetz steht klar: das Gesetz ist kein Fortschritt. Die Krankenkassen und der MDK unterlaufen munter das Gesetz, Patient*innen bekommen Ablehnungen zu ihren Anträgen auf Genehmigung ihrer Therapie. Selbst die ersten Adressaten des Gesetzes (die 647) aus dem Artikel. Ich bin betroffen. Ich muss nun für mein Recht auf Schmerzlinderung und Lebensqualität vor Gericht kämpfen. Das Gesetz ist eine Verschlimmbesserung. hier mein Erfahrungsbericht: http://blog.eichhoernchen.fr/post/Gesetz-Cannabis-als-Medizin-Verschlimmbesserung

    Wie wäre es wenn die TAZ Bilanz von zwei Monaten Cannabisgesetz ziehen würde. Betroffenen haben es schwer sich Gehör zu verschaffen, die Schlagzeilen vom Janaur und März darüber wie toll das Gesetz ist und dass das Problem für Scherkranke gelöst sei, im Kopfe. Sie wissen nicht wie es in der Praxis läuft... Nämlich beschissen!