Beschluss des Landgerichts Dresden: Handygate war illegal
Schlappe für die Sächsische Justiz: In letzter Instanz hat das Landgericht Dresden das massenhafte Sammeln von Handydaten für rechtswidrig erklärt.
Über zwei Jahre sind vergangen, seit die Polizei in der Dresdner Innenstadt am Rande einer Antinazidemo hunderttausende Handydaten gesammelt hat. Es folgte bundesweite Empörung, Debatten im Bundestag und etliche Verfahren gegen diese Maßnahme. Jetzt wurde erstmals gerichtlich bestätigt, dass die damalige Funkzellenabfrage, die als Handygate bekannt und von der taz im Sommer 2011 aufgedeckt wurde, illegal war.
![](https://taz.de/picture/163536/14/13042311_handygate-dpa.jpg)
Das Landgericht Dresden hat jetzt festgestellt, dass der Beschluss des Amtsgerichts Dresden vom 25. Februar 2011 rechtswidrig war. „Die aufgrund dieses Beschlusses erhobenen Daten sind zu löschen“, so die Richter.
Dem Beschluss liegt eine Beschwerde des Landtagsabgeordneten Falk Neubert zugrunde, der bei der Demo im Februar 2011 ebenfalls vor Ort war. Er ging gegen die nichtindividualisierte Funkzellenabfrage gerichtlich vor, stellte zunächst beim Amtsgericht Dresden einen Antrag, diese für rechtwidrig zu erklären. Vergangenen Sommer wurde dieser abgelehnt. Neuberts Anwalt André Schollbach ging in die nächste Instanz und drängte auf eilige Behandlung. Jetzt hat sein Mandant Recht bekommen. Die Entscheidung ist nicht mehr anfechtbar und somit rechtskräftig.
Neubert zeigte sich erfreut darüber. „Dieses Gerichtsurteil muss nun zu einem Umdenken der sächsischen Regierungspolitik führen“, erklärte er am Dienstagabend. Schließlich ginge es bei der Maßnahme um „Eingriffe in demokratische Grundrechte.“ Er forderte die Behörden auf, die illegal gesammelten Daten unverzüglich zu löschen.
Der Beschluss des Landgerichts Dresden bezieht sich nur auf eine bestimmte Funkzellenabfrage, bei der am 13. Februar in der Dresdner Südvorstadt über 800.000 Handyverkehrsdaten gesammelt wurden. Auch sagt er nichts über die prinzipielle Rechtsmäßigkeit von derartigen Ermittlungsmaßnahmen aus.
Die Richter kritisierten im konkreten Fall, dass der Beschluss eklatante Mängel aufgewiesen hatte, das Amtsgericht also damals nicht ausreichend begründet hatte, weshalb am 19. Februar 2011 von 7 bis 19 Uhr fast in der gesamten Dresdner Innenstadt alle Handyverkehrsdaten, also Nummern, Standort und Handyverbindungen, erhoben wurden. Die Ermittler wollten damals Straftaten aufdecken. Bisher wurden die Handydaten von damals aber in keinem Verfahren genutzt.
Gegen die Maßnahme sind dutzende Beschwerden beim Dresdner Amtsgericht eingegangen. Doch die Richter ließen die Betroffenen stets abblitzen, erklärten die Maßnahme – die von ihnen selbst damals abgesegnet wurde – stets als rechtmäßig. Mit dem jetzigen Urteil ist dies hinfällig.
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