piwik no script img

Berliner Jugendeinrichtung"Kirche von Unten" gerettet

Das einstige DDR-Oppositionsprojekt soll nach Pankow ziehen. Damit wäre die jahrelange Suche nach einem neuen Standort beendet.

In der Kirche von Unten kann man noch echte Punks treffen. Bild: dpa

Die Jugendkultureinrichtung Kirche von Unten (KvU) bleibt doch im Osten: Nach taz-Informationen soll das traditionsreiche ehemalige DDR-Oppositionsprojekt nicht in Moabit, sondern in Pankow neue Räume beziehen. Verschiedene Medien hatten in den vergangenen Tagen berichtet, das 1987 in Ostberlin gegründete und seit Jahren von Räumung bedrohte Projekt würde von seinem bisherigen Standort in Mitte in das Gemeindehaus einer evangelischen Kirchengemeinde an der Beusselstraße umziehen.

Doch dabei handelt es sich nach Auskunft der Beteiligten um eine Ente: Tatsächlich werde derzeit über den Abschluss eines Mietvertrags für Räume in Pankow verhandelt, bestätigten auf taz-Anfrage sowohl die KvU wie auch die Senatsbildungsverwaltung, die den Verein bei der Suche nach einer neuen Bleibe unterstützt. Es handele sich dabei auch nicht um Kirchenräume, sondern um eine Immobilie eines Privateigentümers. Genaueres zum künftigen Standort will man derzeit noch nicht sagen. Aber: „Es sieht gut aus!“, heißt es vonseiten der KvU. Der neue Sitz böte etwa den gleichen Platz wie die bisherigen Räume mit rund 250 Quadratmetern.

Zur „Kirche von Unten“ hatten sich 1987 in der DDR oppositionelle Basisgruppen zusammengeschlossen, die sich unter dem Dach der evangelischen Kirchen trafen, der damaligen Kirchenleitung aber zu viel Kompromisse mit dem SED-Regime vorwarfen. Nach dem Mauerfall wurde die Offene Arbeit der KvU als Jugendsozialprojekt mit Tanz- und Theaterkursen, Volksküche, Konzerten und Metall- und Holzwerkstätten fortgesetzt.

An ihrem bisherigen Standort in den Arkonahöfen in der Kremmener Straße befand sich die KvU seit 1992. Im 25. Jubiläumsjahr des linken Jugendprojektes verlängerte der Vermieter, die Immobiliengruppe Immowert aus Wien, den Mietvertrag jedoch nicht und erwirkte eine Räumung. Er will das Gebäude sanieren und dort Luxus-Eigentumswohnungen einrichten. Obwohl ihr Mietvertrag Ende 2012 auslief, machte die KvU mit einem juristischen Trick bislang am bisherigen Standort weiter. Nun soll offenbar mit dem Umzug der nächsten Räumungsklage zuvorgekommen werden, die für Februar ansteht. Der neue Mietvertrag sei noch nicht unterschrieben. Es fehle aber allein die Zustimmung der Senatsbildungsverwaltung, heißt es vonseiten der KvU.

Bei der Suche nach neuen Räumen hatte Staatssekretärin Sigrid Klebba (SPD) aus der Bildungsverwaltung die KvU unterstützt. Vor dem Auslaufen des Mietvertrags vor einem Jahr hatte der Verein Verwaltung und Politik um entsprechende Hilfe gebeten.

Es habe aufseiten der Senatsbildungsverwaltung „großes Interesse an einer Lösung des Problems“ gegeben, so Thorsten Metter, Pressesprecher der Behörde: „Die Suche zieht sich ja bereits seit Jahren hin.“ Die Senatsverwaltung für Jugend unterstützt die Arbeit der Kirche von Unten mit etwa 80.000 Euro im Jahr.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!