piwik no script img

BGH-Beschluss zum FramingDer Streit geht auf die höhere Ebene

Dürfen Youtube-Videos ohne Erlaubnis der Urheber in Webseiten eingebunden werden? Das BGH sagt nein. Entscheiden muss der Europäische Gerichtshof.

Noch lässt sie sich umstandslos einbetten: Martin Kohouts Youtube-Hommage „Moonwalk“ Tabelle: Youtube

KARLSRUHE taz | Das Framing fremder Videos soll künftig als Urheberrechtsverletzung eingestuft werden. Das wünscht sich der Bundesgerichtshof (BGH), der die Frage an diesem Donnerstag aber nicht selbst entschied. Er legte den Fall vielmehr dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg vor, damit dieser eine EU-einheitliche Entscheidung treffen kann.

Konkret ging es um ein Youtube-Video mit dem Titel „Die Realität des Trinkwassers“. Erstellt wurde es von der Firma Bestwater, die Wasserfilter produziert. In rund zwei Minuten wird darin suggestiv erklärt, wie schmutzig unser Trinkwasser sei und wie gefährlich schmutziges Wasser für kleine Kinder ist. Auf welchem Wege das Video auf Youtube gelangte, ist unklar. Bestwater hat es angeblich nicht hochgeladen.

Jedenfalls gefiel das Video auch zwei selbständigen Handelsvertretern, die es in ihre eigenen Webseiten einbetteten. Zwar verkaufen die Vertreter ein Konkurrenzprodukt, doch sie störten sich nicht an der Herkunft des Filmchens, das nur allgemein das Problem beschreibt und keine Produktwerbung für Bestwater enthält.

1.000 Euro Schadensersatz verlangt

Umso mehr störte sich Bestwater an der Nutzung des Videos durch die Konkurrenz. Bestwater verlangte je 1.000 Euro Schadensersatz von den zwei Vertretern. Diese weigerten sich aber zu zahlen. Das Framing fremder Videos sei auch ohne Erlaubnis zulässig.

Beim Framing von zum Beispiel Youtube-Videos werden diese vom Youtube-Server abgerufen und in einem Rahmen (frame) auf der neuen Webseite abgespielt. Dies wird heute millionenfach praktiziert, ohne dass dafür eine Genehmigung eingeholt wird oder Lizenzgebühren bezahlt werden.

In der ersten Instanz verurteilte das Landgericht München die beiden Handelsvertreter jedoch zur Bezahlung von Schadensersatz. Sie hätten ein fremdes Video ohne Erlaubnis auf der eigenen Webseite öffentlich zugänglich gemacht.

In der zweiten Instanz gab das Oberlandesgericht München dann aber den Handelsvertretern Recht. Das Framing entspreche einem Link auf eine andere Webseite. Das Video bleibe schließlich auf der Youtube-Seite und die Vertreter könnten nicht entscheiden, wie lange es dort zu sehen ist.

Nur wissenschaftliche Meinungsäußerung

Der BGH tendierte nun allerdings wieder zu Bestwater. „Das Framing ist kein normaler Link“, sagte der Senatsvorsitzende Joachim Bornkamm bei der Verkündung seines Beschlusses. „Der Inhaber der neuen Seite verweist nicht nur auf das Video, sondern macht sich dessen Inhalt zu eigen.“ Es handele sich zwar nicht um einen Fall der „öffentlichen Zugänglichmachung“, aber um einen anderen Fall der „öffentlichen Wiedergabe“, der ebenfalls nur mit Zustimmung des Urhebers zulässig sei.

Zum Glück für die Handelsvertreter und alle Framing-Nutzer kann der BGH diesen Fall nicht selbst entscheiden. Vielmehr legte er das Verfahren nun dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. Die Position des BGH ist deshalb vorerst nicht mehr als eine wissenschaftliche Meinungsäußerung.

Der EuGH ist zuständig, weil das Urheberrecht auf EU-Richtlinien zurückgeht, die EU-weit einheitlich ausgelegt werden sollen. Üblicherweise benötigt der EuGH rund eineinhalb Jahre für eine Antwort. Diesmal könnte es aber schneller gehen, denn ein schwedisches Gericht hat den EuGH bereits Ende letzten Jahres gefragt, ob Framing ohne Zustimmung des Urhebers zulässig ist. „Wir hoffen, dass der EuGH beide Anfragen verbindet“, so Bornkamm. Die EuGH-Entscheidung wird europaweit mit Spannung erwartet. (Az. I ZR 46/12)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • 4
    44r0n

    @ Utku, wohl noch nicht ganz wach, wie von Christian beschrieben, liegt das Problem darin, dass die Urheber nicht die Uploader sind und somit auch nicht auf die funktionen zum 'Teilen-sperren' oder als 'privat makieren'zugreifen können. Hier sollte in erster Instanz derjenige der das video von dem Urheber auf Yt hochgeladen hat zur rechenschaft gezogen werden, meiner Meinung nach; Peace

  • A
    autocrator

    i.m.h.o. krankt das problem mal wieder an dieser lücke im urheberrecht, das zwischen einer privaten, einer gemeinnützigen und einer kommerziellen nutzung nicht wirklich unterscheidet. Im vorliegenden fall 'mißbrauchen' diese handelsvertreter ein fremdes video zu ihren eigenen wirtschaftlichen zwecken. Sie wollen geld verdienen, ohne sich an den kosten für die herstellung des werbefilms zu beteiligen. Doppelt frech, dass auch noch damit ein konkurrenzprodukt beworben werden soll - damit tritt ein direkter wirtschaftlicher schaden für den urhersteller ein, der nur durch eine lizenzabgabe geheilt werden kann. Die erreichbarkeit des links oder ob das video von einem dritten hochgeladen wurde, ist dabei unerheblich: solange der wirtschaftliche nutzen erzielt wird, soll sich auch an den kosten beteiligt werden.

     

    Wieder i.m.h.o. nicht in form absoluter zahlen, sondern in form von prozentuale beteiligung am gewinn.

    Wie gesagt, das urheberrecht hat dort eine eklatante lücke - die auch schon ewig bekannt ist, aber unsere politiker schlafen ja den seligen schlaf der nichtstuer ...

  • C
    Christian

    Die Problematik in obigem Fall ist jedoch, dass die Urheber das Video selbst gar nicht auf Youtube hochgeladen haben. Dadurch können sie es erstmal gar nicht fürs Teilen/Einbetten sperren...

  • U
    Utku

    Bei yt z. B. kann man das Video für's Teilen sperren oder gar ganz als privat markieren.