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Ausschluss von Tennisspieler DjokovicSchlag gegen sich selbst

Der Erste der Weltrangliste Novak Djokovic kegelt sich mit einem Frustschlag bei den US Open selbst aus dem Turnier. Danach zeigt er große Reue.

Großes Entsetzen: Djokovic realisiert, dass er die Linienrichterin am Hals getroffen hat Foto: Seth Wenig/ap

Als er sich umdrehte und sah, wo sein Ball gelandet war, war ihm vermutlich schlagartig klar, was das bedeutete. Genervt von einer verpassten Chance Ende des ersten Satzes im Achtelfinale der US Open gegen den Spanier Pablo Carreño Busta, hatte Novak Djokovic den Ball in einer kurzen Bewegung nach hinten geschlagen, wo er eine Linienrichterin am Hals traf; die Frau ging zu Boden und rang um Luft. Sie erholte sich bald wieder vom Schmerz und von dem Schreck, bei Djokovic wird das länger dauern, sehr viel länger.

Was die besten Spieler aus aller Herren Länder, darunter Roger Federer und Rafael Nadal, in diesem Jahr nicht geschafft hatten, das erledigte er nun selbst und kegelte sich aus dem Turnier. Die US Open 2020, wegen der Pandemie unter sehr speziellen Bedingungen und ohne Zuschauer ohnehin kein Grand-Slam-Turnier wie andere, erlebten im fast leeren, größten Tennisstadion der Welt einen mächtigen Crash.

Die Nummer eins im Männertennis, in diesem Jahr in 26 Spielen unbesiegt, haushoher Favorit auf den Titel, disqualifiziert – diese Geschichte löste Schockwellen in der Welt des Tennis aus. Djokovic war nicht der erste Spieler, der bei einem Grand-Slam-Turnier disqualifiziert wurde, aber sicher der prominenteste seit John McEnroe anno 1990 bei den Australian Open. Sieben Minuten diskutierte der Serbe auf dem Platz mit dem deutschen Oberschiedsrichter Sören Friemel und dem Schweizer Supervisor Andreas Egli, nachdem Stuhlschiedsrichterin Aurelie Tourte (Frankreich) das Urteil verkündet hatte, aber die Sache war klar.

Friemel sagte später, die Entscheidung sei so ausgefallen, wie sie habe ausfallen müssen. Djokovic habe in der Diskussion zugegeben, den Ball im Ärger weggeschlagen zu haben, allerdings nicht mit der Absicht, die Linienrichterin zu treffen. Aber Absicht oder nicht – die Frau sei getroffen worden, und damit habe es keine andere Entscheidung geben können.

Eine halbe Stunde später verließ Djokovic die Anlage, ohne sich bei der obligatorischen (dieser Tage virtuellen) Pressekonferenz zu äußern. Ein paar Stunden später teilte er über soziale Netzwerke mit, es tue ihm sehr leid, der Linienrichterin so zugesetzt zu haben. Zur Disqualifikation schrieb er: „Ich muss jetzt in mich gehen, meine Enttäuschung verarbeiten und das als Lektion für meine Entwicklung als Spieler und als Mensch betrachten. Ich bitte die US Open und alle Beteiligten für mein Verhalten um Entschuldigung.“

Probleme außerhalb des Platzes

Ein spektakulärer Fall mit ironischen Untertönen. Nur auf den beiden größten Plätzen der US Open sind in diesem Jahr Linienrichter im Einsatz, auf den Außenplätzen wird mit einem elektronischen System gearbeitet. Hätte Djokovic auf Platz 12 gespielt, wäre ihm nichts passiert – aber die Nummer eins spielt nun mal nicht auf Platz 12. Und hätte ein Ball vom starken spanischen Gegner bei einem von mehreren Satzbällen von Djokovic nicht gerade noch die Linie berührt, dann wäre sicher nicht jener Ärger hochgekocht, der später im Frust zum weitreichenden Fehler führte.

Vor diesem denkwürdigen Sonntagabend in New York hatte Novak Djokovic auf dem Tennisplatz in diesem Jahr für jedes Problem eine Lösung gefunden, außerhalb der Linien allerdings eher nicht. Für den fahrlässigen Umgang mit Covid-19-Regularien während der von ihm initiierten Serie von Schaukämpfen im Juni in Serbien und Kroatien, nach der er und drei Mitspieler positiv getestet wurden, hatte er viel Kritik heraufbeschworen. Ebenso wie für die Präsentation einer neuen Spielervereinigung kurz vor Beginn der US Open, für die es in der Sache durchaus einige Fürsprecher gibt, nicht aber für das recht fragwürdige Timing in schwierigen Zeiten.

Der Favorit hat sich selbst besiegt, und nun ist da auf einmal viel Platz für die anderen. Zum ersten Mal seit 16 Jahren werden die letzten Runden eines Grand-Slam-Turniers ohne mindestens einen der großen drei gespielt – Djokovic, Roger Federer und Rafael Nadal. Zu den hoffnungsvollen Kandidaten auf den großen Sieg gehört auch Alexander Zverev, der zunächst an diesem Dienstag im Viertelfinale gegen den Kroaten Born Coric spielen wird. Wie Zverev die Sache nach dem Abflug der Nummer eins sieht? „Jetzt wird’s interessant“, sagte er, „sehr interessant.“

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