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Akif Pirinçci bei PegidaEin bisschen Schmusehetze

Zum ersten Jahrestag von Pegida redet Autor Akif Pirinçci von „Moslemmüllhalden“ und KZs – und die Zuhörer sind überrascht.

Undeutsche Fremdworte wie „pathologisch“ und „masochistisch“ häufen sich – das ist dann doch zu intellektuell Foto: imago/Westend61

Montagabend, in Berlin Mitte. Ein Mini-Mob zieht grölend durch die Linienstraße. „38.000 Volksgenossen sind heute Abend in Dresden auf der Straße“, tönt es aus dem Megaphon. Was für ein widerlicher Haufen. Schnute ist tot, doch Bärgida lebt.

In Wahrheit sind es 15.000 Urangsthasen, die sich zur selben Zeit auf dem Dresdner Opernplatz versammelt haben. Da haben sie wohl Gegendemonstranten, Polizei und Tauben mitgezählt – das kann schon mal passieren. Es ist der erste Jahrestag des faschistoiden Montagsumzugs, der Deutschland in der Innen- und Außenwahrnehmung verändert und überdies gespalten hat: Schau an, so hässlich sind wir noch, beziehungsweise wieder.

Einer der hässlichsten von allen ist der vormalige Katzenkrimi-Autor Akif Pirinçci. Das prädestiniert ihn dazu, vor den „Volksgenossen“ zu sprechen, daher hat man ihn eingeladen. Er gilt als schwulenfeindlich, frauenfeindlich, fremdenfeindlich und überhaupt so rundum feindlich, dass ihm als einzige Freunde neben anderen Rechtsradikalen wohl nur noch Katzen bleiben.

Was haben sich die Rufer denn gedacht: Dass sie in eine Jauchegrube springen können, ohne braun zu werden?

An diesem Abend spricht er von der „Moslemmüllhalde“, zu der Deutschland zu werden droht. Es fallen die Worte „Gauleiter“ und „Umvolkung“ – das ist keine rechtspopulistische Rhetorik, das ist urnationalsozialistisches Vokabular. Ironisch bedauert Pirinçci weiter: „Die KZs sind ja leider derzeit außer Betrieb.“ Denn dort hinein würden Politiker, „die den Respekt vor dem eigenen Volk restlos abgelegt“ haben, den deutschen Michel gerne sperren, nur weil der gerne unter sich bleibt.

Je länger, desto schwieriger

Für das KZ gibt es Applaus. Ebenso für die „Vaterlandsverräter“ – gemeint sind die Flüchtlingsunterstützer –, die unter dem „Deckmantel einer pathologisch-masochistischen Willkommenskultur und Multi-Kulti-Scheiße Gräber für die Deutschen geschaufelt“ hätten. Doch je länger die Rede dauert, desto ungeduldiger wird das Publikum. Der Typ ist ja schon klasse, aber jetzt wird der Vortrag dann doch ein bisschen lang.

Ein paar „Aufhören“-Rufe ertönen. Einigen ist die Rede schlicht zu schwer. Undeutsche Fremdworte wie „pathologisch“ und „masochistisch“ häufen sich, das ist dann doch zu intellektuell. Warum kann man für „pathologisch-masochistisch“ nicht das gute alte „durchgeknallt“ benutzen? Wenn noch mehr solcher Wörter kommen, tut der Kopf weh, und aufs Klo muss man auch. Das ist immer das Blöde an Bier.

Empörung nach KZ-Äußerung

Pegdia-Chef Lutz Bachmann hat sich für den hetzerischen Auftritt Akif Pirinçcis in Dresden entschuldigt. Bei Facebook schrieb er am Dienstag von einem „gravierenden Fehler“. „Ich hätte in diesem Moment die einzig richtige Entscheidung treffen müssen und sofort das Mikro abschalten.“ Er trage die alleinige Schuld „für diesen unmöglichen Auftritt“, deshalb bleibe ihm nichts übrig, als sich „öffentlich und aufrichtig zu entschuldigen“.

Indes hat Pirinçcis Verlag seine früheren belletristischen Bücher gesperrt. Als Reaktion auf seine „inakzeptablen Äußerungen“ würden seine bereits vor Jahren veröffentlichten Bücher nicht mehr angeboten, teilte die Verlagsgruppe Random House am Dienstag in München mit. Die zur Gruppe gehörenden Verlage Diana, Goldmann und Heyne hätten mit „großer Bestürzung und Unverständnis“ die Aussagen zur Kenntnis genommen und distanzierten sich entschieden. (afp/dpa)

„Keine Hetze!“, ist schließlich auch zu hören. Und das ist wirklich irre. Was haben sich die Rufer denn gedacht? Dass sie in eine Jauchegrube springen können, ohne braun zu werden? Dass sie nicht wussten, dass es sich überhaupt um eine Jauchegrube handelt, weil sie den Gestank nicht bemerkt haben?

Jetzt haben sie ihn gerochen. Gerade für diese Erweckung muss man Pirinçci dankbar sein. Vielleicht konnte er sogar ein paar Seelen retten, die in Zukunft Montags zu Hause bleiben. Auch wenn ein solcher Effekt fraglich bleibt, denn Leute, die nach einem Jahr noch immer nicht begriffen haben, in welcher Gesellschaft sie sich dort befinden, dürften für eine Seelenrettung nur bedingt geeignet sein. Es sind dieselben, die täglich darüber heulen, dass ihnen das Etikett „Nazi“ angeheftet wird. Dabei haben sie sich freiwillig und aktiv einer Menge angeschlossen, die gemeinsam Hetze betreibt. Woche für Woche, seit einem Jahr.

Und nun auf einmal rufen sie „keine Hetze“, auf der renommiertesten Hetzveranstaltung seit dem Sportpalast. Wie bescheuert ist das denn! Sie wollen lieber so ein bisschen Halbhetze, ein Hetzchen, eine freundliche Schmusehetze, ein nur sanft gehauchtes „Ausländer raus“ mit Abschiedskuss und Erinnerungsselfie. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass: wie absurd das ist, hat uns Pirinçci mit selbst für Pegida-Verhältnisse kaum gekannter Klarheit aufgezeigt. Spätestens jetzt muss auch dem letzten, Freund wie Feind, klar sein, wo die Grenze verläuft und jeder, der sich auf eine der Seiten gestellt hat, weiß wofür er sich entschieden hat und trägt auch die Verantwortung dafür.

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20 Kommentare

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  • Das ist ja mal ein glühender, feuriger Artikel. Für den Ausdruck aber keine Eins, jedenfalls nicht durchgängig. Pirinçcis Rechnung, falls er eine hatte, ging nicht auf. Der Verlag hat seine Bücher aus dem Programm genommen, hieß es.

  • Wer sich´s anschauen will - kommt ab ca. 1h 15min.

    https://www.youtube.com/watch?v=q1hApmLX8Bw

  • Eine Eins im Sinn und eine Eins im Ausdruck von mir dafür.

     

    "Ohhh, wie is dat schön,...................."

  • Das Denken in Ungleichheit, die Abwertung der Anderen, ist weit verbreitet.

    Und nicht beschränkt auf die völkische Ideologie der FAP.

    • @nzuli sana:

      Wenn man sich bei völkischen Ideologen um ein Denken in Gleichheit bemüht, führt dies zwangsläufig nur umso mehr zur Abwertung von Anderen.

      Es gibt also ganz offensichtlich Situationen, in denen es einfach nicht mehr politisch korrekt sein kann, sich wie üblich politisch korrekt zu verhalten.

  • Wer hatte auch geglaubt, dass es vor Ausländerfeindlichkeit schützen kann, selber ein Ausländer gewesen zu sein? Menschenhass, das beweist im Übrigen auch Uli Hannemann mit seinem Text, ist keine Frage der Herkunft oder der Ethnie. Es ist eine Folge falsch oder gar nicht verarbeiteter Ängste.

  • Mir schwant, der Pirinçci hat da was großes vor. Er hält den biodeutschen Nazis den Spiegel entgegen, a la "Die Welle". Naja, war mal nur so´n Gedanke, auch wenn nicht seine Absicht, er macht´s ja trotzdem, der gefritzte Alibi-Türke.

    • @lions:

      Pirrincci hat gemerkt, wie leicht man mit dümmlich-plattem Gerede Geld verdienen kann. Der Auftritt wird den Absatz seiner Bücher ankurbeln. Und das war ja auch Zweck der Übung.

      • @Kaboom:

        Immerhin - die Verlagsgruppe Random House hat ziemlich entschieden reagiert. Und das wird Pirinçci nicht schmecken, wenn selbst seine früher veröffentlichten Bücher nicht mehr angeboten werden. Eine, wie ich finde - gute Reaktion auf solch widerliche Anwürfe. Einfach unsäglich!

  • Warnung vor Katzen-Content

    (http://misanthrope.blogger.de/stories/2369940/)

     

    "Felidae" - das Buch muss ich vor Jahren auch mal gelesen und irgendwann im Fernseh auch den Film gesehen haben, in dem immerhin Ulrich Tukur, Mario Adorf, Klaus Maria Brandauer und Helge Schneider den Zeichentrick-Miezen ihre Stimmen liehen; hat mich beides nicht sonderlich geflasht, aber es war jetzt auch nicht sooo Scheiße, und weil ich damals viel Zeit zum Lesen hatte, hab ich mir sogar noch ein paar andere Katzenkrimis ausgeliehen.

     

    Was aber in dem Autor Akif Pirinçci mittlerweile vorgeht bzw. wer ihm so dermaßen kräftig ins Gehirn geschissen* hat, dass er sich jetzt in fleißigen Beiträgen für rechtsradikale Medien wie eigentümlich frei, Blaue Narzisse oder die Hetzblogs Politically Incorrect und islamnixgut (die ich hier alle ausnahmsweise mal NICHT verlinken möchte) als absolut widerliches, gehässiges, selbstgefälliges, deutschnationales und sexistisches Arschloch** präsentiert, das will ich eigentlich schon fast gar nicht mehr so genau wissen.

     

    Irgendwer auf Fratzbuch meinte, der Alkohol hätte ihn so zerstört; aber das alleine kann es doch wohl kaum gewesen sein - beweisen doch Koryphäen des Alkoholismus wie z.B. Charles Bukowski, dass man durchaus ein alter, mäßig erfolgreicher und versoffener Schreiberling sowie Dirty Old Man sein kann, ohne gleich zum reaktionären Drecksack verkommen zu müssen. Vielleicht hat er sich ja auch bei einem seiner zahllosen Puffbesuche, von denen er mit befremdlichem Stolz immer wieder berichtet, was weggeholt...?

     

    Irgendwer anders meinte, das ginge nun schon eine ganze Weile so mit dem Heini und er hieße heute in bestimmten Kreisen nurmehr "Adilf Hitlinçci" - so hat er mir am Ende wenigstens nicht nur eine große Enttäuschung, sondern auch noch einen guten Lacher beschert.

     

    Und ansonsten würde ich natürlich ganz dringend empfehlen, seine Bücher nicht mehr zu kaufen.

  • Auch die Grünen wurden so auf übelste Weise beschimpft, dass man das nicht einmal wiederholen kann. Die Grünen könnten daraufhin eine Anzeige erstatten, denn

     

    § 188 StGB "Üble Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens" lautet:

     

    (1) Wird gegen eine im politischen Leben des Volkes stehende Person öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine üble Nachrede (§ 186) aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren, so ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

     

    (2) Eine Verleumdung (§ 187) wird unter den gleichen Voraussetzungen mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

  • Lieber Uli Hannemann,

     

    trotz des Ernsts der Lage:

     

    Ein göttlicher Kommentar.

     

    Chapeau!

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Mit Verlaub: Ihr Pegidas und eure Kollegen, die AfDler seid etwas desorientiert. Ihr habt noch nicht begriffen, daß nicht die zu uns kommenden Flüchtlinge selbst Bomben auf ihre Häuser oder Wohnungen geworfen haben. Pegidas sollten sich mal aufmachen zur Ranch von Doubleju Bush, zu Obama, zu Assad und jetzt auch zu Putin. Diese Herrschaften haben das angerichtet, was wir jetzt bewältigen müssen. Nur mal so ein Beispiel: Ihr drescht auf den platten Autoreifen ein statt euch um die zu kümmern, die die Nägel vor den Reifen gelegt hatten. Und ihr solltet auch gerne vor dem Kanzleramt und den deutschen Rüstungsfirmen protestieren, denn die haben auch Mitschuld.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      Rechtsradikale sind nicht alle so dumm wie du denkst. Die Fluchtursachen werden z.B. in den Kommentaren der rechtsradikalen Website PI-News häufig zutreffend dargestellt. Die Haltung dieser Leute ist aber irgendwo zwischen romantischem Kolonialismus und Völkermord. Die Lösung der Flüchtlingskrise stellen die sich in etwa so vor: "Grenzen zu, Maschinengewehre auf die Boote halten, sollen die Musels doch schön sterben!"

       

      Wegen der Kommentare ist PI-News durchaus interessant zum lesen.

      • 4G
        4932 (Profil gelöscht)
        @Eike:

        Nun, so intelligent, wie Sie vermuten, scheinen die Rechten aber auch nicht zu sein, sonst müssten sie so einfache Zusammenhänge eigentlich kapieren. Meine Hoffnung ist, daß Polizei und Justiz doch mal irgendwann in naher Zukunft gezwungen sein werden, einzugreifen, was sie ja noch nicht wirklich tun (Sind ja eigentlich weisungsgebundene Beamte).

        Und daß das wieder aus dem Boden gesprießte deutsche Nazitum bald die Wirtschaft so schädigt, daß die Unternehmen aufbegehren und der Arbeitsplatz für den Nazi gefährdet ist. Ich weiß, daß ich keine echte Antwort auf die Nazis habe, aber klammheimlich eine Hoffnung.

        • @4932 (Profil gelöscht):

          Wann hat die Wirtschaft je gegen das Nazitum aufbegehrt ? Die Hoffnung würde ich fahren lassen.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      Halten Sie das füur sehr sinnvoll, bei den Leuten einfach ein paar Schrauben auszuwechseln und denen neue personifizierte Feindbilder zu geben?

       

      Vielleicht liegt es ja nicht an einzelnen Menschen, sondern an dem System, in dem wir alle irgendwie mitarbeiten.

    • @4932 (Profil gelöscht):

      [...] Kommentar entfernt, bitte beachten Sie die Netiquette. Die Moderation

  • Im Kontext der gesamten Rede erscheint es mir schwer vorstellbar und fast schon verharmlosend, dass dieser wirre Kopf seine KZ-Aussage "ironisch" gemeint hat.

    • @turtle:

      Ironisch war das nicht, der hat die KZ-Aussage seinen Gegnern unterstellt.