+++ Nachrichten im Nahost-Konflikt +++: Freilassung von 90 palästinensischen Gefangenen
Drei israelische Geiseln sind frei. Nun folgt der nächste Schritt des Waffenstillstandsabkommens. Die Hamas veröffentlicht ein Propagandavideo.
Aus dem Gefängnis Ofer zurück ins Westjordanland
Israel hat nach eigenen Angaben im Rahmen des Waffenruhe-Abkommens mit der islamistischen Hamas 90 palästinensische Gefangene freigelassen. „90 Terroristen“ seien aus dem Militärgefängnis Ofer im Westjordanland und einer Haftanstalt in Jerusalem freigelassen worden, hieß es in einer Erklärung der israelischen Gefängnisbehörde in der Nacht zum Montag.
Journalisten der Nachrichtenagentur AFP beobachteten, wie zwei Busse das Gefängnis Ofer verließen. Menschen jubelten, als die Busse mit einigen der 90 palästinensischen Gefangenen in der Stadt Beitunia im Westjordanland eintrafen. Manche Menschen aus der Menge stiegen auf einen der Busse und entrollten eine Flagge der islamistischen Hamas, wie AFP-Journalisten beobachteten. Auch Flaggen unter anderem von der Fatah und dem Islamischen Dschihad wurden geschwenkt.
Am Sonntag war das Waffenruhe-Abkommen zwischen Israel und der Hamas in Kraft getreten. Daraufhin ließ die Hamas drei israelische Geiseln frei. Die Vereinbarung sieht vor, dass im Gegenzug in Israel inhaftierte Palästinenser aus dem Gefängnis entlassen werden sollen.
In der ersten, 42 Tage dauernden Phase des Waffenruhe-Abkommens zwischen Israel und der Hamas sollen insgesamt 33 Geiseln freikommen. Im Austausch gegen die Geiseln sollen in Israel inhaftierte Palästinenser aus dem Gefängnis entlassen werden – Israel hatte am Freitag die Zahl von 737 palästinensischen Häftlingen genannt, nach ägyptischen Angaben sind es 1.890 palästinensische Gefangene. (afp)
Festnahmen bei Gaza-Demo
Bei einer propalästinensischen Versammlung in Berlin-Neukölln nach dem Inkrafttreten der Waffenruhe im Gaza-Krieg sind mehrere Personen festgenommen worden. Aus der Menge hätten Teilnehmer am Abend vereinzelt verbotene antisemitische Parolen gerufen und Pyrotechnik abgebrannt, teilte die Polizei in einem X-Beitrag mit. Es habe bislang zwölf Festnahmen gegeben. Medienvertreter seien beleidigt und in ihrer Arbeit behindert worden.
Mehrere Hundert Menschen sollen an der Kundgebung zur Feier der Entwicklungen im Nahostkonflikt teilgenommen haben. Die Demo wurde den Angaben zufolge von der Versammlungsleiterin nach Rücksprache mit der Einsatzleitung kurz vor 20.00 Uhr vorzeitig beendet. Am Hermannplatz seien zudem „mehrere sich sammelnde Personen“ des Platzes verwiesen worden – teils mit Zwang, da manche dem Verweis nicht Folge geleistet hätten.
Am Wochenende gab es in Berlin mehrere propalästinensische Kundgebungen. Mehrere Hundert Menschen haben am Samstag gegen Waffenlieferungen an Israel und für Solidarität mit den Menschen im Gazastreifen demonstriert. Auch hier gab nach Angaben der Polizei Straftaten. Bei einem Protestzug durch Kreuzberg seien verbotene Parolen gerufen und Pyrotechnik abgebrannt worden. Mehrere Demonstranten wurden vorübergehend festgenommen, wie es hieß. Mehrfach wurden auch Flaschen in Richtung Polizei geworfen. Phasenweise war die Stimmung angespannt. (dpa)
🐾 Ein überfälliges Abkommen – aber kein Plan danach
Die Erleichterung nach dem Zustandekommen des Waffenstillstands ist groß. Doch es gibt entscheidende Unklarheiten darüber, wie es jetzt weitergeht, kommentiert taz-Nahost-Redakteurin Lisa Schneider.
Freigelassene Geiseln stabil
Der Gesundheitszustand der drei von der Hamas freigelassenen israelischen Geiseln ist nach Krankenhausangaben „stabil“. „Ich bin glücklich, mitteilen zu können, dass ihr Zustand stabil ist“, sagte Itai Pessach, Arzt am Scheba-Krankenhaus im Zentrum von Israel, am Sonntagabend vor Journalisten. Damit könnten sich die drei Frauen „auf das Wichtigste konzentrieren … die Wiedervereinigung mit ihren Familien“, fügte er hinzu.
Die drei Frauen waren nach dem Inkrafttreten der Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen dem Roten Kreuz übergeben worden. Nach einem Wiedersehen mit ihren Müttern wurden sie für erste medizinische Untersuchungen in das Scheba-Krankenhaus gebracht. Dort wurden sie von ihren übrigen Angehörigen erwartet.
Bei den freigelassenen Geiseln handelt es sich um Romi Gonen, Doron Steinbrecher und Emily Damari. Die 24-jährige Romi Gonen war am 7. Oktober vom Nova-Festival verschleppt worden. Die 28-jährige Emily Damari, eine israelisch-britische Doppelstaatlerin, sowie die 31-jährige Doron Steinbrecher wurden vor 15 Monaten von den Islamisten mit Gewalt aus dem Kibbuz Kfar Aza in den Gazastreifen entführt. (afp)
Hamas veröffentlicht Propagandavideo der Geiseln
Der militärische Arm der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas hat ein Propagandavideo von der Freilassung der israelischen Geiseln veröffentlicht. Das Video war auf dem Telegram-Kanal der Kassam-Brigaden zu sehen, verbreitete sich aber auch rasch in den sozialen Medien. Das Video wurde von israelischer Seite als sehr zynisch eingestuft.
Die drei Zivilistinnen Romi Gonen (24), Emily Damari (28) und Doron Steinbrecher (31) sind darin vor ihrer Übergabe an Vertreter des Roten Kreuzes zu sehen. Sie waren seit ihrer Entführung während des Hamas-Massakers am 7. Oktober 2023 im Gazastreifen gewaltsam festgehalten worden.
In dem Fahrzeug sitzen die drei Frauen zusammen und lächeln. Um den Hals tragen sie Bänder mit der Aufschrift „Palestine“ (Palästina) in den Farben der palästinensischen Flagge. Sie bekommen dann Tüten mit „Andenken“ an ihren Aufenthalt im Gazastreifen überreicht. Zudem bekommt jede der Frauen eine offiziell anmutende Mappe mit der hebräischen Aufschrift „Freilassungsentscheidung“.
Bei der Übergabe an das Rote Kreuz werden die Fahrzeuge von einer Menschenmenge und schwer bewaffneten Hamas-Kämpfern umringt. Die dicht gedrängte Menge skandiert dabei „Allahu Akbar“ (Gott ist groß). Dann ist zu sehen, wie Vertreter der Hamas sowie des Roten Kreuzes Dokumente unterzeichnen. Dann rennen die drei Frauen von einem Fahrzeug der Hamas in einen Wagen des Roten Kreuzes.
Bei einer früheren Waffenruhe freigelassene Geiseln hatten berichtet, dass sie den Moment der Übergabe, während sie von einer riesigen Menschenmenge umringt waren, als extrem beängstigend empfunden hatten. (dpa)
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