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Wirtschaftsminister fliegt nach TeheranGabriel will Iran-Geschäft ankurbeln

Trotz des Endes der Atom-Sanktionen kommt der Handel mit dem Iran noch nicht in die Gänge. Der Vizekanzler will das ändern.

Gasförderanlage im Süd-Iran. Foto: dpa

Berlin taz | Da kommt er wieder: Zum zweiten Mal seit dem Atomabkommen vom Juli 2015 reist Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Sonntag in den Iran. Begleitet wird er von rund 120 Wirtschaftsvertretern. Im Mittelpunkt des dreitägigen Besuchs stehen Bemühungen, die deutsch-iranischen Handelsbeziehungen nach dem Ende der Atom-Sanktionen wieder anzukurbeln.

Im ersten Halbjahr 2016 stiegen die deutschen Exporte in den Iran bereits um 15 Prozent. Die deutschen Investitionen entsprechen allerdings noch nicht den Erwartungen der iranischen Regierung, die sich vom Wegfall der Sanktionen einen deutlichen wirtschaftlichen Aufschwung erhofft hatte. Ein Grund für die Zurückhaltung der deutschen Wirtschaft: Bisher sind nur wenige Banken bereit, für riskante Iran-Geschäfte Kredite zur Verfügung zu stellen.

Neben wirtschaftlichen Themen will Gabriel im Iran nach eigenen Angaben auch politische Missstände ansprechen. Im Interview mit Spiegel Online sagte er: „Wir müssen einmal einen Dialog über wirtschaftliche Beziehungen führen – aber stets auch einen moralischen, also über Menschenrechte, Abrüstung, solche Themen. Wir müssen über das Verbindende und das Trennende sprechen.“

Mit Bundeskanzlerin Angela Merkel ist die Reise abgesprochen. „Die Kanzlerin begrüßt diese Reise“, sagte eine Regierungssprecherin am Freitag in Berlin. Für einen Gegenbesuch von Irans Präsident Hassan Rohani gebe es derzeit allerdings „keine konkreten Pläne“. Seit dem Abschluss des Atomabkommens wurde Rohani unter anderem in Rom und Paris empfangen, die Bundesregierung hat ihn bislang aber nicht offiziell nach Deutschland eingeladen.

Das iran-kritische Bündnis „Stop the Bomb“ moniert die geplante Reise des Wirtschaftsministers. „Gabriels Besuch mit dem Ziel, die Geschäftsinteressen einzelner deutscher Firmen im Iran zu fördern, ist zynisch und verantwortungslos angesichts der grausamen Angriffe gegen die syrische Zivilbevölkerung“, sagte Sprecherin Ulrike Becker. Das Bündnis fordert von Gabriel, die Reise abzusagen.

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5 Kommentare

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  • Vielleicht hätte Gabriel das SPON-Interview aus- und die Außenpolitik seinem Parteifreund Steinmeier überlassen sollen.

    Die iranische Seite scheint jedenfalls "not amused" zu sein. http://en.farsnews.com/newstext.aspx?nn=13950710000605

  • Seit 1979/1980 kommen Iraner als Flüchtlinge nach Deutschland und seit der Revolution macht Deutschland gute Geschäfte mit diesem Land.

     

    Gerade erst führt der Iran eine massive Kampagne gegen Kurden im Westen des Landes durch. Viele Kurden aus Iran flüchten über die Berge und wollen nach Deutschland. Doch die wollen wir (unse Regierung/Innenminister) hier nicht, die sollen dort bleiben.

     

    Wenn man so zynisch Politik macht, dann sollten alle Kurden geschlossen aus dem Iran nach Deutschland kommen, offensichtlich ist es unserer Regierung egal, wie sich dieses Regime gegenüber Minderheiten verhält.

     

    Es geht doch nur ums Geld und was bringt Deutschland der Iran? Es ist ein verkrustetes, korruptes Land mit ultrabrutalem Sicherheitsapparat, der seinesgleichen sucht. Wenn man sich bewusst 'wertfrei', gemäß dem Motto Geld stinkt nicht, geben will, dann sucht man die Freundschaft in Teheran.

     

    Immerhin wäre das eine neue Facette der Agenda 2010 und dem kruden Ideen der SPD / Gerd Schröder: Wir suchen Geschäfte, egal wie, und, wo und, mit wem.

    • @Andreas_2020:

      "Es ist ein verkrustetes, korruptes Land mit ultrabrutalem Sicherheitsapparat..."

       

      Darum passt es ja so gut zum westlichen Neoliberalismus. Verkrustet und korrupt heißt bei uns stabil und marktkonform. Ultrabrutal geht´s auch zu: Fragen Sie mal die afroamerikanischen Polizeiopfer in den USA und die unschuldigen Opfer westlichen Drohnenterrors in the middle east.

  • Ich hoffe wirklich, dass Rohani den fetten Hans-Wurst zur Vernunft bringen kann^^

    Die deutsche Scheindemokratie wurde ja bereits vor der UN gerügt. Außerdem ist die Korruption in Deutschland eine Bedrohung für die globale Wirtschaft, siehe Deutsche Bank oder VW oder Heckler&Koch. Die Bundesregierung beteiligt sich außerdem an einem völkerrechtswidrigen Krieg ohne UN-Mandat mit dem iranischen Verbündeten Syrien, um eine Pipelinestrecke von Quatar nach Europa zu erobern.

    Die Bewaffung sunnitischer Extremisten auf der arabischen Halbinsel und in Syrien, Irak und Afganhistan mit Waffen aus Heckler&Koch-Lizenzproduktionen ist wohl der Gipfel der Feindseligkeit. Weiterhin spalten sich die Geister über den Genozid am palästinensichen Volk, wird doch die zunehmend radikalisierte, ultra-konservative israelische Regierung weiterhin unterstützt.