Plagiatssoftware auf Schulcomputern: Schultrojaner wird nachverhandelt
Am geplanten Schultrojaner hat es viel Kritik gegeben. Nun wollen die Kultusminister den Verlagen einige Zugeständnisse abringen.
BERLIN taz | Haben sich die Kultusminister über den Tisch ziehen lassen? In einem Ende Oktober öffentlich gewordenen Vertrag haben sie den Schulbuchverlagen zugestandenen Schulcomputer mit mit einer sogenannten "Plagiatssoftware" durchsuchen zu lassen um Urheberrechtsverletzern - also Lehrern - auf die Schliche zu kommen und sie bestrafen zu lassen. Der "Schultrojaner" hatte für heftigen Protest unter den Lehrerverbände von links bis konservativ gesorgt.
Am Donnerstag beschäftigte sich auch die Amtschefkonferenz der Kultusminister, also die Staatssekretäre der MinisterInnen, mit dem Thema. Der Generalsekretär der KMK, Udo Michallik, sagte der taz im Vorfeld: "Ich gehe ganz fest davon aus, dass wir noch einmal in das Gespräch mit den Schulbuchverlagen eintreten werden, um uns über die Entwicklung der Software und deren Einsatz auszutauschen. Da muss man noch einmal alle Möglichkeiten ausloten."
Federführend für die anderen Länder hatte Bayern mit den Verwertungsgesellschaften VG Wort und VG Musikedition im Dezember einen Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen unterzeichnet. Darin ist unter anderem geregelt, dass die Verlage den Kommunen und Schulträgern "auf eigene Kosten eine Plagiatssoftware zur Verfügung stellen, mit welcher digitale Kopien von für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werken auf Speichersystemen identifiziert werden können."
Maximal 20 Seiten aus einem Buch
Mindestens 1 Prozent der öffentlichen Schulen, rund 400, würden die Software installieren. Sollten Lehrer zu viele Kopien ziehen, verpflichten sich die Länder "gegen die betreffenden staatlichen Schulleiter und Lehrkräfte disziplinarische Maßnahmen einzuleiten."
Der Vertrag konkretisiert Paragraph 53 des Urheberrechtsgesetzes. Darin heißt es, dass Vervielfältigungsstücke von kleinen Teilen eines Werkes zulässig sind. "Klein" haben die Vertragspartner von Ländern und Verlagen so gedeutet, dass maximal 20 Seiten oder 12 Prozent eines Werks kopiert werden dürfen. Für dieses Recht zahlen die Länder den Verlagen in diesem Jahr 7,3 Millionen Euro bis 2014 erhöht sich die Kopiergebühr auf 9 Millionen Euro.
Angesichts der knappen Budgets an den Schulen für Neuanschaffungen ist die Zahl der Kopien an Schulen in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, wie eine Untersuchung der KMK an Schulen ergeben hatte. Daher das Bestreben der Verlage, hier einen Riegel vorzuschieben und einen digitalen Spürhund zu installieren.
Justizministerin auf der Palme
Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger hatte heftige Kritik geübt: die Vereinbarung bringe sie auf die Palme, sagte sie in der vergangenen Woche im bayerischen Fernsehen. Es dürfe keine Trojanertechnik eingesetzt werden, deren genaue Möglichkeiten noch nicht geklärt seien.
Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des Philologenverbands der die Gymnasien vertritt, nennt die Vereinbarung "nicht zeitgemäß". "Dadurch, dass in diesem Vertrag den Lehrkräften jegliche Verwendung digitalisierter Kopien untersagt wird, wird die Arbeit mit modernen Medien, White- und Smartboards, sowie Lehrerrechnern in der Unterrichtsvorbereitung und -durchführung enorm erschwert. Es macht sich ein Lehrer somit schon strafbar, wenn er in ein Arbeitsblatt eine Digitalkopie einer Tabelle aus einem Unterrichtsbuch einfügt."
Dieser Kritik will die KMK nun versuchen Rechnung zu tragen: "Die Position der KMK ist es, den Schulen Möglichkeiten zu geben Unterrichtsmaterial zum Einsatz zu bringen und den einzelnen Lehrer insoweit zu schützen, dass er Unterricht vernünftig durchführen kann", sagte Michallik.
Für das bayerische Kultusministerium ist die Vereinbarung bereits heute "vollkommen fehlerlos". "Sie schafft aus unserer Sicht eine gute Grundlage für die Schulen in bestimmtem Umfang kostenlos auf Medien zugreifen zu können.", sagte eine Sprecherin der taz. Die geplante Plagiatssoftware werde ebenfalls rechtlich einwandfrei sein. "Wenn es sie geben sollte, wird der Landesdatenschutzbeauftragte eingeschaltet." Wenn.
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