Bildung zu Völkermord an Armenier:innen: Leerstelle im Lehrplan
Obwohl Deutschland den Genozid an den Armenier:innen anerkannte, wird er in den Schulen kaum erwähnt. Aus der Vergangenheit zu lernen, ist gerade heute wichtig.
A m 24. April 1915 lassen die türkischen Behörden in Istanbul die gesamte armenische Führungsschicht festnehmen und ermorden. Es ist der Beginn der Vertreibung und systematisch geplanten Vernichtung von etwa 1,5 Millionen Armenier:innen durch das Osmanische Reich. Deutschland trägt eine historische Mitverantwortung an dem Genozid, aufgrund seiner Vergangenheit als militärischer Verbündeter des Osmanischen Reiches im ersten Weltkrieg.
„Hart, aber nützlich“, heißt es damals in der deutschen Regierung zum Massenmord an den christlichen Armenier:innen. Die Türkei leugnet diesen Völkermord bis heute. Demgegenüber haben mittlerweile über 30 Länder die Massaker an den Armenier:innen als Völkermord anerkannt. 2016 verabschiedet auch der Bundestag eine entsprechende Resolution.
Dabei stellte dieser damals fest: „Heute kommt schulischer, universitärer und politischer Bildung in Deutschland die Aufgabe zu, die Aufarbeitung der Vertreibung und Vernichtung der Armenier als Teil der Aufarbeitung der Geschichte ethnischer Konflikte im 20. Jahrhundert in den Lehrplänen und -materialien aufzugreifen und nachfolgenden Generationen zu vermitteln.“ Seitdem ist kaum etwas passiert: Der Völkermord an den Armenier:innen ist nach wie vor in keinem Bundesland obligatorischer Lehrstoff.
Nur im Lehrplan Brandenburgs oder Sachsen-Anhalt taucht das Thema als mögliches Fallbeispiel für Völkermord und Massengewalt auf. Ein Grund dafür soll sein, dass Lehrer:innen keine Zeit und Kapazitäten hätten. Ein weiterer: Türkischstämmige Schüler:innen und deren Eltern protestierten immer wieder gegen das Thema. Um diesen Konflikt zu vermeiden, lassen einige Lehrer:innen es lieber ganz weg.
Dabei könnte der Unterricht über den Völkermord dazu beitragen, dass Schüler:innen die Konsequenzen von Hass und Vorurteilen leichter erkennen – und sich deshalb eher für eine gerechtere postmigrantische Gesellschaft in Deutschland einsetzen. Denn das Thema „Genozid“ bleibt, etwa angesichts von Russlands Krieg gegen die Ukraine, aktuell – und damit auch, aus der Vergangenheit zu lernen.
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