Bundeskongress der AfD-Jugend: Junge Alternative lieber unter sich
Die JA schickt beim Bundeskongress Medien raus, wenn’s heikel wird. Der taz enthielt sie ganz die Akkreditierung vor. Doch andere Medien helfen.
![Männer in einem Sitzungssaal, auf einem großen Bild ist ein Foto von Bismarck zu sehen Männer in einem Sitzungssaal, auf einem großen Bild ist ein Foto von Bismarck zu sehen](https://taz.de/picture/3251526/14/Junge_Alternative_22437654.jpeg)
So beschreibt Spiegel-Redakteurin Ann-Katrin Müller die Szene auf dem Bundeskongress der AfD-Jugend am Samstag in Magdeburg. Weil die JA der taz die Akkreditierung gleich ganz verweigert hatte, unterstützen KollegInnen von Spiegel, Zeit, Welt und dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) bei der Berichterstattung und übermitteln der taz ihre Eindrücke.
Dem Vernehmen nach, berichtet Zeit-Redakteurin Mariam Lau, folgt im Saal nach dem Rauswurf der Presse ein langatmiger Bericht, in dem von Radikalisierung und Hetze nur sehr verklausuliert („die Vorgänge“, „diverse Vorkommnisse“) die Rede ist. Eine inhaltliche Debatte gibt es nicht.
Die JA war in den vergangenen Monaten von Flügelkämpfen erschüttert worden. Mehrere Hundert Mitglieder haben den Jugendverband verlassen, der gesamte niedersächsische Landesverband wurde wegen unhaltbarer Zustände abgegliedert. Derzeit soll die JA nur noch gut 1.500 Mitglieder haben, es waren mal 2.000. Inzwischen wird die gesamte JA beim Verfassungsschutz als „Verdachtsfall“ für extremistische Bestrebungen geführt.
Auf ihrem Kongress beschließt die JA mit großer Mehrheit eine Satzungsänderung: Die AfD-Jugend will sich künftig schneller von missliebigen Mitgliedern trennen können, deshalb werden die Schiedsgerichte abgeschafft.
Aus Berlin, berichtet Zeit-Redakteurin Lau, ist der Bundestagsabgeordnete Roland Hartwig angereist. Er leitet die AfD-interne Arbeitsgruppe zum Verfassungsschutz. Deshalb wird er von parteiinternen Kritikern auch „Großinquisitor“ genannt. Hartwig will sich ein Bild davon machen, wie die JA künftig mit interner Radikalisierung umgeht – und wohl auch klarmachen: Wir gucken jetzt hin. „Wir werden etwas tun müssen“, ruft Hartwig den Delegierten zu. Er zeigte sich aber auch überzeugt, die JA werde „auch weiterhin die Jugendorganisation der AfD sein“. Zwischenzeitlich war im AfD-Bundesvorstand über die Trennung von der Jugendorganisation diskutiert worden.
Vorstand enger mit der AfD verwoben als vorher
Insgesamt, so hat RND-Reporter Jan Sternberg beobachtet, gibt sich die JA in Magdeburg eher gemäßigt. Wenn JournalistInnen zuhören dürfen, vermeiden die Delegierten jegliche schrille Töne – anders als bei den vorherigen Bundeskongressen.
Bundeschef Damian Lohr, der den Abgang mehrerer Hundert Mitglieder zu verantworten hat, zeigt sich auf dem Kongress sichtlich gefestigt, wie Welt-Redakteurin Ricarda Breyton berichtet. Mit 111 von 137 Stimmen wird er für weitere zwei Jahre im Amt bestätigt, Gegenkandidaten gab es keine. Es sei „verantwortungslos“, sich „aus dem Staub zu machen“, sagt Lohr mit Blick auf diejenigen, denen die AfD-Jugend zu radikal geworden war. Der JA bescheinigt er, nicht Feind, sondern „Hüter“ der Verfassung zu sein. Kritische Fragen zu seiner Amtsführung gibt es keine.
Zu seinen Stellvertretern werden Dominic Fiedler aus NRW, Mary Khan aus Hessen, Tomasz Froelich aus Hamburg sowie Jan Hornuf aus Brandenburg gewählt. Froelich ist persönlicher Referent von Parteichef Jörg Meuthen, Hornuf arbeitet für den Brandenburger Landesvorsitzenden Andreas Kalbitz. Der Vorstand ist deutlich enger mit der Mutterpartei verwoben als zuvor. Als Schatzmeister wiedergewählt wird zudem Felix Koschkar aus Sachsen-Anhalt, der offen einräumt, „Sympathien“ für die rechtsextreme Identitäre Bewegung zu haben.
In den Bewerbungsreden üben die Kandidaten, wie RND-Reporter Sternberg beschreibt, teils heftige Kritik an den Abtrünnigen. „Panikmacher, Pressepetzen und Feindzeugen brauchen wir nicht“, ruft Fiedler.
Was ebenfalls in Magdeburg deutlich wird, wie Sternberg beobachtet hat: Problematisch sind für viele nicht die radikalen Äußerungen ihrer Mitstreiter – sondern dass diese bekannt werden. Gerade hatte die FAZ über interne Chats der JA Hessen berichtet. Landesvorstandsmitglied Elliott Murray soll dort unter anderem die Todesstrafe für Politiker gefordert haben, „die ihr Volk verraten“. Murray soll die JA inzwischen verlassen haben.
Vom Lied der Deutschen wird diesmal vorsichtshalber nur die dritte Strophe gesungen.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Denkwürdige Sicherheitskonferenz
Europa braucht jetzt Alternativen zu den USA
„Edgy sein“ im Wahlkampf
Wenn eine Wahl als Tanz am Abgrund verkauft wird
RTL Quadrell
Klimakrise? War da was?
Verlierer der Wahlrechtsreform
Siegerin muss draußen bleiben
Absturz der Kryptowährung $LIBRA
Argentiniens Präsident Milei lässt Kryptowährung crashen
Jugendliche in Deutschland
Rechtssein zum Dazugehören