Trotz Kohlekompromiss: RWE fällt weiter Bäume
Der Energiekonzern bereitet den Bau einer Straße vor, die nur gebraucht wird, wenn Dörfer abgebaggert werden. Das aber ist ungewiss.
„Die fällen den halben Wald, um uns klarzumachen, dass es sie einen Dreck interessiert, was die Kohlekommission sagt, und dass wir hier wohnen bleiben wollen“, sagt David Dresen.
Er wohnt im Dorf Kuckum am Tagebau Garzweiler in Nordrhein-Westfalen (NRW) und beobachtet seit Mittwoch, wie das Energieunternehmen RWE etwa 500 Meter vom Dorf eine Schneise in einen Wald schlägt: Für eine Umgehungsstraße, die es nicht bräuchte, sollten die Dörfer erhalten bleiben, und die selbst nach aktuellen Planungen frühestens ab 2027 benötigt wird.
Der Abschlussbericht der Kohlekommission lässt offen, was erst die Politik konkretisieren kann. Der Erhalt des Hambacher Forstes sei „wünschenswert“, heißt es, und: Man bitte um einen Dialog mit den von Umsiedlung betroffenen Dörfern. „Die vereinbarten Gigawatt an Abschaltungen in NRW können nur bedeuten, dass die Dörfer stehen bleiben“, sagt Antje Grothus, die für die Organisation Buirer für Buir in der Kohlekommission saß, der taz.
Auch eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung hat errechnet, dass die bereits erschlossene Kohle bis zum Ausstieg ausreichen würde. „Wenn jetzt weiter Fakten geschaffen werden, verliert die ganze Kommission ihre Glaubwürdigkeit.“
Anwohner fühlen sich terrorisiert
RWE stellt die Situation anders dar. „Der Abschlussbericht der Kommission hat beim Thema Umsiedlungen für Klarheit gesorgt. Dort ist eindeutig ausgeführt, dass die laufenden Umsiedlungen fortgeführt werden sollen“, sagt ein Sprecher der taz. Die Rodungen beträfen keinen Wald, „sondern die Eingrünung der Spielbahnen eines Golfplatzes“. Dies sei mit dem Eigentümer abgestimmt. „Die Bauarbeiten sollen im Sommer anlaufen.“
Dresen aus Kuckum sagt, die BürgerInnen fühlten sich terrorisiert. „In Keyenberg führt RWE Enteignungsverfahren gegen Leute, die sich weigern, ihre Felder zu verkaufen. Die Menschen bewirtschaften die Felder noch. Und was macht RWE? Schüttet Erdhügel drauf, installiert Kameras und kennzeichnet alles als Werksanlagen.“ RWE hatte den Vorfall Ende Januar auf Twitter kommentiert: „Das war ein Fehler, für den wir uns beim Grundeigentümer entschuldigt haben.“
Auch Hans-Josef Dederichs (Grüne NRW) wohnt in Kuckum. „Es ist eben so: RWE hat bisher keinen Grund, von den Planungen abzuweichen.“ Viele AnwohnerInnen würden gerade realisieren, was da auf sie zukomme. „Manche bekommen kein Umsiedlungsangebot von RWE, weil sie hier Tausende Quadratmeter Obstbaumwiesen haben und es am neuen Ort nichts Vergleichbares gibt. In den nächsten Monaten wird RWE Riesendruck auf die Bevölkerung ausüben, um so viel Grundeigentum wie möglich in die Verhandlungen zu nehmen.“
Um eine weitere Eskalation zu verhindern, sei es an der Politik, möglichst schnell Klarheit zu schaffen, sagt Grothus.
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