Aufruf bei Instagram: Polizeilich gesucht: junge, schöne Frau
Die Berliner Polizei fahndet nach einer jungen Frau. Ein Beamter hat sich in sie verguckt. Was im Film romantisch wirkt, ist im Alltag nur ekelhaft.
Es klingt wie der perfekte Stoff für eine mittelmäßige RomCom: Er steht einsam auf der Straße. Sie kommt auf ihn zu, fragt nach dem Weg. Zum Abschied schenkt sie ihm ein Lächeln. Er ist verzaubert und sucht sie am nächsten Tag über einen Aufruf in den sozialen Netzwerken. Aber Achtung – jetzt kommt’s: Er ist Polizist. Und die Suchannonce läuft über den offiziellen Account der Polizei Berlin.
Leider handelt es sich hierbei nicht um das Treatment des nächsten Schweighöfer-Films. Sondern um eine dpa-Meldung mit dem Schlagwort „Kurioses“. Die Berliner Polizei startet somit nach den halb-fiktionalen Schilderungen eines Einbruchs in Pankow als Shorty Story und den Sexwitzen über einen Kondomdiebstahl die nächste „Charmeoffensive“: Sie versucht einen Beamten zu verkuppeln, der sich während seines Dienstes in eine Passantin verguckt hat.
„Wie süß!“, dachten wahrscheinlich die Social-Media-Verantwortlichen der Polizei, als sie am Montag die lilafarbene und mit Herzchen verzierte Nachricht über die Story-Funktion von Instagram veröffentlichten.
„Wie gruselig“, sagten dagegen einige User_innen im Netz und machten ihre beunruhigendsten Erfahrungen mit Polizeibeamten publik. Da ist der eine Beamte, der zu der Frau, die ihren Stalker meldet, sagt: „Wenn Sie einen Polizisten als Freund hätten, wär der ganz schnell weg *zwinker zwinker*“. Da ist der andere Beamte, der einer Falschparkerin einen Strafzettel ans Auto klebt als sie gerade zurückkommt – und sie dann wochenlang anruft, schließlich hat er all ihre Daten.
Auch von diesen Geschichten wünscht man sich, sie wären lieber fiktional. Doch Machtmissbrauch, Sexismus und Racial Profiling sind leider Alltag bei der Polizei. Man muss gar nicht erst die Verflechtungen der Sicherheitsbehörden mit der rechten Szene recherchieren, um ihnen grundsätzlich zu misstrauen.
Manchmal reicht es auch einfach nachts von zwei Zivilbeamten aus dem Straßenverkehr gezogen zu werden und aus heiterem Himmel Komplimente für „diese schönen dunklen Augen“ zu bekommen (die dann aber doch „zu dunkel“ seien für einen Pupillencheck, also ab zur Urinkontrolle!).
Nein, romantisch ist das alles nicht, eher unangebracht und ekelhaft. Wirklich charmant dagegen wäre beispielsweise mehr Sicherheit und Schutz für alle, unabhängig von Herkunft und Geschlecht. Also eine Polizei, die zur Abwechslung mal ihren Job macht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Umgang mit nervigen Bannern
Bundesrat billigt neue Regeln für Cookies