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Feindeslisten von rechtem Netzwerk„Enorm hohe Gefahr“

Nach taz-Recherchen zum rechten Netzwerk: Opferverbände fordern die Polizei auf, Betroffene zu informieren, die auf Feindeslisten stehen.

Eine geheime „Schattenarmee“ auch mit Bundeswehrsoldaten? Opferverbände sind besorgt Foto: dpa

BERLIN taz | Nach den taz-Recherchen zu einem rechten Untergrundnetzwerk aus Soldaten, Polizisten und anderen fordern Opferverbände das BKA und die Landeskriminalämter auf, alle Personen und Institutionen zu informieren, die auf „Feindeslisten“ des Netzwerks stehen. „Diejenigen, die im Visier rechter Terrornetzwerke stehen, müssen von den Behörden informiert werden, um ihre Gefährdung selbst einschätzen zu können“, erklärte Franz Zobel vom Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG) am Donnerstag.

Diese Terrorgefahr sei nicht abstrakt, „sondern eine reale Gefahr für die körperliche Unversehrtheit und das Leben der Betroffenen“, betonte Zobel. Wie die taz, und auch der Focus, berichteten, tauschten sich die Netzwerk-Mitglieder in Chats und realen Treffen auch über Gewalt- und Umsturzpläne für einen „Tag X“ aus. Einige hatten Zugang zu Waffen. Oberster Administrator war André S. alias „Hannibal“ – ein einstiger Elitekämpfer des Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr.

Zum Netzwerk gehörte auch der Ex-Soldat Franco A., der einen Anschlag auf Politiker geplant haben soll und sich als syrischer Geflüchteter ausgab. Mitglieder waren ebenso ein Polizist und ein Anwalt aus Mecklenburg-Vorpommern, bei denen die Bundesanwaltschaft im August 2017 Razzien durchführte.

FDP fordert Sondersitzung

FDP-Bundestagsabgeordnete haben eine gemeinsame Sondersitzung des Innenausschusses und des Verteidigungsausschusses zu sogenannten Preppern in der Bundeswehr gefordert. „Wir wollen umfassend und zeitnah von der Bundesregierung informiert werden, was an den Hinweisen auf ein größeres konspiratives Netzwerk von radikalen Preppern innerhalb der Bundeswehr mit Verbindungen zu Spezialeinheiten von Bundeswehr und Polizei dran ist“, forderte die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, am Freitag.

Die Bundesregierung müsse darlegen, „wie es zu einem solchen Netzwerk kommen konnte, was sie gedenkt, gegen dieses Netzwerk zu tun und wie sie zukünftige Netzwerkbildungen in Bundeswehr und Sicherheitsbehörden verhindern will“, sagte FDP-Innenpolitiker Benjamin Strasser. (dpa)

Bei Franco A. sowie dem Duo aus Mecklenburg-Vorpommern fanden die Ermittler auch Listen mit mehreren tausend Namen von Politikern und Prominenten, die Ermittler als mögliche Feindes- und Anschlagslisten interpretierten. Aufgeführt sein sollen etwa Bundesaußenminister Heiko Maas, die Grüne Claudia Roth, der Linke Dietmar Bartsch oder die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung Anetta Kahane. Die Betroffenen wurden, bis auf wenige Ausnahmen, bis heute nicht informiert.

„Enorme Verunsicherung“

Seit den ersten Enthüllungen über Franco A. erlebe man eine „enorme Verunsicherung“ bei Personen, die ohnehin im Visier von Neonazis stünden, erklärte der Opferverband „Lobbi“ aus Mecklenburg-Vorpommern. Auch Franz Zobel vom Bundesverband der Betroffenenvereine nannte die Gefahr, dass Mitglieder des Netzwerkes, die Zugang zu Waffen hätten, diese auch gegen politische Gegner einsetzen, als „enorm hoch“. Deshalb sei eine Informierung derjenigen, die auf Feindeslisten stehen, unumgänglich.

Die Grünen schließen sich der Forderung an. „Man muss davon ausgehen, dass für Menschen, die auf diesen Listen stehen, zumindest eine potentielle Gefahr besteht“, sagte Innenexperte Konstantin von Notz der taz. „Solche Informationen dürfen nicht einfach unter Verschluss gehalten werden.“ Zumindest auf Nachfrage müssten die auf den Listen vermerkten Personen die Möglichkeit bekommen, abzufragen, ob für sie eine Gefahr bestehe, fordert von Notz. „Dies hätte längst geschehen müssen.“

Zuletzt sorgte für Aufsehen, dass der Bundestag einem Mitglied des Netzwerks einen Hausausweis gewährte: Maximilian T. Den Oberleutnant beschuldigte die Bundesanwaltschaft der Komplizenschaft mit Franco A., er soll für diese die Feindesliste verfasst haben. Die Ermittlungen gegen Maximilian T. sind indes inzwischen eingestellt. Schon zuvor arbeitete T. aber für den AfD-Abgeordneten Jan Nolte. Der sitzt für seine Fraktion im Verteidigungsausschuss – genau dort, wo der Netzwerk-Komplex derzeit aufgeklärt werden soll. Einige Abgeordnete kommentierten den Vorgang mit Unbehagen.

Im Verteidigungsausschuss forderten Linke und Grüne zuletzt mehr Aufklärungsengagement der Bundesregierung im Fall des rechten „Hannibal“-Netzwerks ein. Der Ausschuss wird deshalb demnächst zu einer Sondersitzung zusammenkommen.

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7 Kommentare

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  • Eine nicht zu unterschätzende Gefahr bei diesen Listen dürfte ausserdem auch in der ausgeprägten Lese- und Rechtschreibschwäche der rechten Vollspacken liegen.

  • Es bringt zwar nicht viel das zu sagen, aber: Man hat "die Linken" gewarnt, dass es eine gefährliche Idee ist, "Feindeslisten" von vermeintlichen "Nazis" zu erstellen, weil das Nachahmer auf der anderen Seite zur Folge haben könnte.



    Warum wollen Menschen, die Ideologisch versteift sind, immer nicht hören?

  • ..Betroffene informieren, die auf Feindeslisten stehen..



    Da möchte ich den Kommunarden @Rainer B. zitieren:



    'Jetzt noch? Kann man damit nicht bis nach der Machtergreifung warten?'

  • 8G
    84935 (Profil gelöscht)

    Man hätte diesem erschreckenden Thema wenigstens einen Genitiv im Untertitel spendieren können...

  • Ich sehe meine These, dass Staaten und ihre Lakaien tendenziell rechts stehen und ein gewisses Verständnis und/oder eine Sympathie für Faschisten hegen zusehends bestätigt. Liegt wohl in der Natur der Sache, dem Prinzip von Oben und Unten und dem Wunsch der Akteure nach einer Hierarchie in der man buckeln und treten kann.



    Polizist, Richter, Staatsanwalt, etc. pp. muß man unter den bestehenden Bedingungen erst einmal werden wollen und ich glaube, die meisten streben solche Tätigkeiten aus eher archaischen Beweggründen an.

    • @Hampelstielz:

      Oder wie es der Ex-VS-Chef in einem Interview ausdrückte, sinngemäß: Hier (beim Verfassungsschutz) kann man Dinge tun, für die man sonst mit Strafverfolgung rechnen müsste!

  • Na toll! Noch welche, die sich Arbeit vom Hals schaffen wollen!

    Was wird wohl passieren, wenn das BKA und die Landeskriminalämter tatsächlich alle Personen und Institutionen informieren, die auf „Feindeslisten“ des „Untergrundnetzwerks aus Soldaten, Polizisten und anderen“ stehen? Ganz einfach: Die Zahl derer, die sich noch engagieren, wird noch kleiner werden. Und damit automatisch auch die Zahl der potentiellen Opfer.

    Ein Teil der Betroffenen wird die „enorm ho[he]“ und „reale Gefahr für die körperliche Unversehrtheit und das Leben“ als unvertretbar einschätzen und beschließen, sich zur Abwechslung mal wieder um sich selber zu kümmern statt um das Große-Ganze oder wildfremde Opfer rechter Abgriffe. Der Staat, schließlich, schützt sie ja offenbar nicht.

    Die Terroristen-Netzwerker hätten dann genau das erreicht, was sie erreichen wollten mit ihrem Geraune von den Listen, die kursieren. Und zwar ohne auch nur einen Finger zu rühren oder sich gar strafbar zu machen. "Die Opferverbände" aber könnten sich endlich mal um sich selbst kümmern, statt immer neuen und wildfremden Opfern beizustehen.

    Nur die, die sich nicht irre machen lassen wollen, wären gekniffen. Aus „mehreren tausend Namen“ würden dann nämlich bald einige wenige werden. Die würden anschließend noch stärker im Focus stehen. Aber wer die Beine nicht in die Hand nehmen will, wenn man ihn warnt, ist ja auch selber Schuld. Wer nicht hören will, der muss halt fühlen. Sagen Autoritäten.

    Übrigens: Auch ganz ohne Liste sollten Leute wie Bundesaußenminister Heiko Maas, die Grüne Claudia Roth, der Linke Dietmar Bartsch oder die Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung Anetta Kahane wissen, wer ihre Feinde und wozu diese Leute fähig sind. Man kann also nur hoffen, dass die verantwortlichen Ausschussmitglieder ihrem „Unbehagen“ nicht nachgeben, sondern tun, was sie zu tun haben. Auch, wenn sie womöglich noch nicht auf der Liste stehen und das bloß nicht genau wissen bisher. Schon aus Prinzip.