#unteilbar-Großdemo in Berlin: Unteilbar bunt
Gegen die Spaltung der Gesellschaft wollen am Samstag Zehntausende demonstrieren. Das Bündnis ist so breit wie selten zuvor. Acht Protokolle.
Am Samstag, 12 Uhr am Alexanderplatz, folgt die nächste große Manifestation gegen den gesellschaftlichen Rechtsruck. Das Motto der Demo: „Unteilbar. Für eine offene und freie Gesellschaft – Solidarität statt Ausgrenzung!“ Das Bündnis ist so groß und bunt wie selten. Die taz hat sich bei VertreterInnen der großen Demoblöcke umgehört.
Antirassistischer Block
Läuft an der Demospitze. Initiiert von der Seebrücke-Bewegung, unterstützt vom Welcome-United-Bündnis und antirassistischen und migrantischen Initiativen.
Wo brennt’s? An Europas Außengrenzen, wo Seenotrettung kriminalisiert und damit der Tod Tausender in Kauf genommen wird. Auch in Deutschland wird die Situation für Flüchtlinge und Migranten immer angespannter. Zwischen Chemnitz, der isolierenden Lagerunterbringung und Abschiebungen nach Afghanistan gibt es eine gemeinsame Kontinuität: Rassismus. Wir halten dagegen: Egal was Horst sagt, die Migration ist die Mutter aller Gesellschaften.
Wir bringen mit: Viel Rückenwind. Zehntausende sind in diesem Sinne zuletzt auf die Straße gegangen. Wir kommen in Orange mit Regenschirmen, Rettungswesten, Fahnen.
Anton Haffner, Seebrücke
Der JuristInnen Block
Der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein, aus dem u.a. die Initiative für die Unteilbar-Demo kam, die Strafverteidiger-Vereinigung, die Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen und der Berliner Anwaltskammer.
Wo brennt’s? Die Verteidigung der Rechte unsere MandantInnen wird von der Politik frontal angegriffen. Der Zugang zum Recht – oder wie Hannah Arendt das formuliert hat, „Das Recht Rechte zu haben“ – wird grundsätzlich infrage gestellt. Die Aussage von der Antiabschiebeindustrie ist da nur die Spitze des Eisbergs. Wenn wir als AnwältInnen arbeiten wollen, brauchen wir eine offene, demokratische und freiheitlich organisierte Gesellschaft.
Wir bringen mit: Viele von uns werden in Robe erscheinen.
Berenice Böhlo, Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein
Nazis raus aus den Stadien
Der Block heißt wie eine Kampagne von Babelsberg 03. Neben den Potsdamern kommen engagierte Fans von Hansa 07, FC Internationale, Roter Stern Leipzig oder dem FC St. Pauli.
Wo brennt’s? In Chemnitz waren viele Hooligans im rechten Mob; zuletzt gab es wieder einen Übergriff auf Fans vom Roten Stern Leipzig. Das Auftreten von Rechten und Nazis im Fußballumfeld wird wieder massiver. Wir bilden eine breite Basis gegen Rechts im Fußball.
Wir bringen mit: Den lautesten Block, ein buntes Fahnenmeer aller beteiligten Vereine, Nazis-raus-aus-den-Stadien-Shirts.
Thoralf Höntze, Babelsberg 03
Gegen Überwachung und Repression
„Freiheit statt Angst“ heißt der Block. Dazu gehören u. a. die Bündnisse gegen Polizeirechtsveränderungen in Bayern, NRW, Sachsen, Niedersachsen.
Wo brennt’s? Im ganzen Land, besonders in Bayern erleben wir dramatische Verschärfungen des Polizeirechts. Wir richten uns entschieden gegen die immer weitere Ausbreitung von Überwachung und Repression.
Wir bringen mit: Das Fronttranspi unserer Münchener Großdemo „Jetzt gilt’s“ gemeinsam mit #ausgehetzt.
Frederick Heussner, Nopag-Bayern
Die Jungen
Allein in Greifswald rufen 28 Initiativen und Jugendverbände zusammen mit „Gristuf“ (Greifswalder internationales Studentenfestival) und dem Bildungsträger „Verquer“ zur Teilnahme auf.
Wo brennt’s? Gerade im ländlichen Raum in Mecklenburg-Vorpommern, das einen verschwindend kleinen Anteil von Migranten und Geflüchteten hat, sind die Ressentiments sehr hoch. Es fehlt absolut an Wertschätzung, aber auch an Strukturen für Antirassismusarbeit und sozialer Arbeit. Es fehlt an Begegnungsorten und an finanzieller Sicherheit für zivilgesellschaftliches Engagement.
Wir bringen mit: Hoffentlich einen eigenen Lautsprecherwagen. Wir haben das Geld, um für 50 Leute Zugtickets zu kaufen. Ziel ist, jungen Menschen mit Fluchtgeschichte zu ermöglichen, an einer bundesweiten Großdemo teilzunehmen.
Tino Höfert (29) Stadtjugendring Greifswald
#unteilbarqueer
Initiiert von den Magazinen Siegessäule und l-mag. Es wird bunt, u. a. mit dem Berliner Leder- und Fetischverein, den Lesben gegen Rechts, dem CSD oder der Aidshilfe.
Wo brennt’s? Die braune Farbe hinter dem weichgespülten AfD-Blau wird sichtbar. Die AfD kämpft gegen eine vermeintliche Frühsexualisierung im Unterricht, hat einen Antrag im Bundestag gegen die Homoehe gestellt und plakatiert im Wahlkampf mit „Zukunft braucht Familie“ – also Vater, Mutter, Kind. Minderheitenrechte sind mit dem Rechtsruck in Gefahr. Wir stehen gegen die soziale Spaltung, jener von Geflüchteten gegen Nichtgeflüchtete oder Muslimen gegen Homos.
Wir bringen mit: Jeden Buchstaben aus der LGBTI-Community, Vielfalt, ein großes Regenbogen-Banner.
Die Unteilbar-Demo ist Thema des taz-Podcasts "Lokalrunde - das Stadtgespräch aus Hamburg und Berlin". Außerdem in der Sendung: Das verbotene Konkret-Titelbild mit Hakenkreuz-Krawatte und die Berliner#besetzen-Kampagne.
Gudrun Fertig, „Siegessäule“/“l-mag“
Dagegenhalten-Block
Zusammenschluss verschiedener linksradikaler, antifaschistisch-antikapitalistischer Gruppen, darunter die Interventionistische Linke.
Wo brennt’s? In ganz Europa sind die autoritären Kräfte auf dem Vormarsch. Wir thematisieren den Rechtsruck auf allen Ebenen und vergessen nicht den Rassismus des Staates, in der Migration- wie der Sozialpolitik. Behörden schieben ab, die Polizei betreibt Racial Profiling, Mieten werden unbezahlbar, es wird massiv von unten nach oben umverteilt. Unser Ziel: Eine soziale und linke Offensive wiedererlangen, sodass die Angst die Seiten wechselt.
Wir bringen mit: Entschlossenheit und bleibende Bilder
Hannah, Interventionistische Linke
Der Taxi-Korso
In der Taxi-Innung sind 300 Unternehmer aus fast allen Nationen organisiert.
Wo brennt’s? Die Kriminalität hat zugenommen. Wir verzeichnen verstärkte Überfälle auf Taxifahrer, auch auf ausländische Taxifahrer. Wir sind die ersten, die Gäste am Flughafen oder am Hauptbahnhof in Empfang nehmen. Wir sind so international wie unsere Gäste. Deswegen: Solidarität statt Ausgrenzung.
Wir bringen mit: Sechs buntbeklebte Taxen für den Autokorso. Wir wären gern mit mehr gekommen, aber das wurde nicht genehmigt.
Leszek Nadolski, Taxi-Innung Berlin
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