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Neues Tierschutz-Label im DiscounterAldi setzt auf mehr Transparenz

Der Discounter will besser über die Haltungsbedingungen der Tiere informieren. Experten begrüßen die Pläne und werfen der Politik Versagen vor.

Der Discounter Aldi ist der Politik einen Schritt voraus Foto: dpa

Aldi beugt sich dem Druck der Kundschaft und will Transparenz über die Haltungsbedingungen der Tiere schaffen, deren Fleisch der Discounter verkauft. Dafür führt Aldi ein eigenes Label ein. Ab dem 1. August sollen die Verpackungen von Frischfleischprodukten aus Schwein, Rind und Geflügel gekennzeichnet werden.

Ein Vier-Stufen-Modell soll zeigen, wie gut es dem Tier ging. Stufe 1 markiert die Stallhaltung, die den gesetzlichen Bestimmungen entspricht. Produkte mit Stufe-2-Kennung stehen für eine Tierhaltung mit mehr Platz und mehr Beschäftigungsmaterial für die Tiere. Stufe 3 ist noch besser, und Stufe 4 entspricht dem gesetzlichen EU-Bio-Standard – auch ohne das offizielle Bio-Siegel.

Laut Aldi will der Discounter bis 2019 etwa die Hälfte der eigenen Frischfleischprodukte mindestens auf Stufe 2 umstellen. Offenbar will die Supermarktkette mit dem Vorstoß auch ihre Marktmacht im Bio-Segment stärken.

Laut der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) führen Aldi Nord und Süd den Biolebensmittelhandel in Deutschland an. Auch die Biomarke Neuland-Fleisch ist bei dem Discounterpaar zu haben. Neuland steht für gute Haltungsbedingungen, trägt aber kein offizielles Bio-Siegel.

Die Politik hat bisher versagt

Für Olaf Bandt vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat das Aldi-Label Signalwirkung: „Verbraucher wollen nicht nur billig, sondern auch tiergerechtes Fleisch kaufen“, sagte Bandt der taz. Aber er räumt auch Bedenken ein. Denn schließlich würden beim Discounter auch Waren von anderen Betrieben verkauft, die keine guten Haltungsbedingungen unterstützen. Bandt sieht in der Initiative Aldis vor allem ein Versagen der Politik: „Derzeit bekommen die Verantwortlichen es nicht hin, eigene Rahmenbedingungen zu schaffen.“

Ähnlich sieht das auch Friedrich Ostendorff, Sprecher für Agrarpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion: „Die Diskussion um das Kennzeichnen von Tierwohl auf Lebensmitteln hat endlich Fahrt aufgenommen“, sagte der Grünen-Politiker der taz. Das Aldi-Label böte Planungssicherheit für die Bauern und erhebe Neuland-Regeln zum Standard. Auch Ostendorff übt scharfe Kritik an der Bundesregierung und wirft dem Landwirtschaftsministerium Un­tätigkeit vor.

Für die Einführung eines staatlichen Tierwohllabels ist federführend das Bundeslandwirtschaftsministerium unter CDU-Ministerin Julia Klöckner zuständig. Dass ein solches Label kommen soll, ist klar – nicht aber, wann und in welcher Form. „Die Details der Ausgestaltung der Kriterien und die Vorschläge verschiedener Beteiligter werden derzeit noch diskutiert“, hieß es gegenüber der taz aus dem Ministerium. Dieser Prozess werde vorangetrieben.

Umwelt- und Verbraucherschützer hoffen nun darauf, dass die Pläne der Discounter auch in der Politik dazu führen, beim Thema staatliches Tierwohl-Label mehr Tempo zu machen.

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8 Kommentare

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  • „Verbraucher wollen nicht nur billig, sondern auch tiergerechtes Fleisch kaufen“



    Schade daß die Naivität auch bei Naturschützern einen fassungslos macht.



    Natürlich ist jeder ach so kleine Schritt Richtung bessere Haltungsbedingungen löblich.



    Aber was heißt besser ? Vielmehr der Realität entsprechen wäre zu sagen: Ein bisschen weniger Tierquälerei.



    Jedes gefangengehaltene Tier, dessen Wert lediglich im Grad der Wirtschaftlichkeit gemessen wird und nicht ein Deut mehr, ist Tierquälerei schlechthin.



    Fleisch gibt es nur durch Töten, wirtschaftlich Milch nur durch ständiges Schwangerhalten einer Kuh, nicht fürs Milchgeben geeignete männliche Kälber werden der Mutter entrissen und zu Kalbsfleisch zerfetzt usw.



    Auch der noch so tolle Biohof streichelt Tiere nicht zu Tode und auch hier gilt zu Recht die Wirtschaftlichkeit. Die Menge macht das Produkt günstig und da ist schnell die Schwelle zur Massentierhaltung schon wieder überschritten. Zumindest bei den Mengen, die konsumiert werden.



    Machen wir es doch wie mit den Hauskätzchen, den lieben Hunden, dem Kanarienvogel, den lieben Reitpferden, den Aquariumfischen und den lieben Zootieren. Wir würden es nicht übers Herz bringen diese zu töten, zu zerrlegen und aufzuessen.



    Empathie zu Haustieren und Mordgelüste bei Nutztieren passt nicht zusammen und wird nie zusammenpassen.



    Wir sind moderne Menschen und wissen so viel über Ernährung wie noch nie:



    Der Mensch kann bei ausgewogener Kost auf Basis natürlicher Grundzutaten ( komplett ohne Industrienahrung !!! ) wunderbar kerngesund ohne Tierprodukte leben.



    Wer`s ausprobiert und ein bisschen kochen kann wird Wunder erleben.



    Ich persönlich war Fleisch- und Milchjunkie ! Ich habe Fleisch- und Milchprodukte göttisch geliebt und spöttelte wie viele über Vegetarier und Veganer.



    Heute tut mir jedes Tier Leid was wegen mir leiden mußte.



    Meine Gesundheit ist ein Quantensprung besser geworden und ich bin wesentlich leistungsstärker im Sport geworden seid ich weitgehend vegan lebe.

    • @Traverso:

      Komisch, die meisten Vegetarier und Veganer die ich kenne sind entweder dauernd erkältet, leiden an Infektionskrankheiten oder müssen sich irgendwelche chemischen Ergänzungsmittel einwerfen um ausreichend versorgt zu sein. Übrigens, es werden auch Katzen, Hunde und Vögel gegessen. Pferd ist, so nebenbei, recht köstlich.



      Aquariumfische sind in der Regel etwas klein, aber Guppy am Stiel so als Knabberei zwischendurch? Why not.

    • 8G
      849 (Profil gelöscht)
      @Traverso:

      Stimme in allem zu. Interessant ist, dass die meisten Menschen, die eine nachhaltige (vollwertige) Umstellung hinter sich haben, von einer deutlich besseren Gesundheit berichten. War bei mir auch nicht anders.

    • @Traverso:

      Die Mär der Anonymen Alkoholiker ist, daß man nur ganz aufhören kann, wer reduziert, der wird demzufolge alleinegelassen, um aus der Prophezeiung dann eine selbsterfüllende solche zu machen.

      Ich gebe offen zu, daß Fleisch auch nur eine Sucht ist. Aber von Heute auf Morgen in dieser Gesellschaft aufhören? Illusorisch.

      • @Bodo Eggert:

        Naja, viele Menschen machen mehrere Phasen durch, in denen sie Unrecht erkennen und ihr Verhalten ihrer Erkenntnis nach anpassen. Wahrscheinlich sind es wenige, die, wie Sie es schreiben, von heute auf morgen ihr Handeln verändern. Aber generell - ja, es ist heute einfacher denn je, insbesondere in Städten. Vegane Produkte und Menüs in Restaurants verbreiten sich immer mehr. Auch Wissen bzw. dessen Vermittlung über Veganismus ist präsenter - bspw. in Medien, Veganblogs, Rezeptedatenbanken im Internet, Kochbücher usw.

    • @Traverso:

      Das denke ich auch. "Das Fleisch tiergerecht" wäre, ist ein Oxymoron. Das Töten eines Tieres, kann nicht tiergerecht sein. Es kann in Ausnahmesituationen moralisch legitim für den Menschen sein, Tiere zu töten, nämlich dann, wenn dieser verhungern, von diesen getötet werden würde o.ä.. In westlichen Ländern geht es aber nicht um's Überleben sondern um den kurzweiligen Gaumenkitzel.

      • 8G
        849 (Profil gelöscht)
        @Uranus:

        Das mit dem "Tierschutz", mit dem sich ja nicht nur dieses Label schmückt, ist wirklich an Zynismus kaum zu überbieten. Ich weiß, Sie mögen drastische Vergleiche nicht so, aber wenn wir - sagen wir zum Tode verurteilte Verbrecher - in Gefängnissen zusammenpferchen würden, ihnen ein bisschen Auslauf gäben und einen aus Abfällen bestehenden Fraß, um sie vor ihrem gewaltsamen Tod noch ein wenig am Leben zu lassen, würde keiner auf die Idee kommen, das Menschenschutz oder auch nur Verbrecherschutz zu nennen.

        Die Fleischideologie scheint mir nicht nur die wirkmächtigste unter den Ideologien, sondern die Bedingung der Möglichkeit (jedwe)der allgemeinen menschen- und tierverachtenden "Weltanschauung".

        • @849 (Profil gelöscht):

          Tja, mensch würde es wohl auch nicht Menschenschutz o.ä. nennen, wenn mensch Unterhaltungsmöglichkeiten bereit hält.



          So was wird ja ernsthaft u.a. für Schweine angewandt: eine Eisenkette o.ä. die im Stall angebracht ist. Siehe:



          www.anifarm.de/bes...-fur-schweine.html



          Widerliche Ideologie!