Minister Abela über Mord an Journalistin: „Das Ganze hat uns sehr geschockt“
Maltas Außenminister Carmelo Abela weist die Kritik an seinem Land zurück. Organisierte Kriminalität gebe es überall, nicht nur auf Malta, sagt er.
Das EU-Parlament fordert, in Sachen Geldwäsche und im Fall Daphne Galizia internationale Ermittler nach Malta zu schicken. Warum, denken Sie, wird Malta die Aufarbeitung nicht allein zugetraut?
Was die Mordermittlungen angeht, so hat Premierminister Muscat von Anfang an gesagt, dass jede internationale Hilfe sehr willkommen ist, um die Wahrheit zu ermitteln. Es sind ja bereits Experten von FBI und aus den Niederlanden beteiligt, weitere Experten von Europol werden folgen. Wir haben kein Problem mit Transparenz, es gab ja viel Interesse im Ausland. Wir nehmen das sehr ernst, das Ganze hat uns sehr geschockt.
Was die Geldwäsche-Ermittler angeht: Unsere gesamte Gesetzgebung zu dem Thema wurde von der EU vor unserem Beitritt komplett überprüft. Wir haben alle nötigen Anpassungen vorgenommen und setzen das EU-Recht um. Wir haben selbst die nötigen Institutionen gegen Geldwäsche. Sonst würde die EU was sagen. Ich frage mich, wie diese Kritik an unserem Engagement gegen Geldwäsche motiviert ist. Es scheint, als gebe es Eifersucht, weil vieles in unserem Land so gut läuft. Wenn das der Grund sein sollte, dann ist das sehr verletzend. Es wäre eine sehr uneuropäische Haltung. Wenn andere Länder Probleme haben, mache ich mir Sorgen um sie und ebenso sollte man gemeinsam den Erfolg aller anderen feiern können. Man sollte nicht darüber klagen, dass Investitionen in ein anderes Land fließen.
Warum weigert sich Malta dann, der neuen europäischen Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft gegen Geldwäsche beizutreten?
Diese Staatsanwaltschaft gibt es erst seit Kurzem. Wir haben das während unserer EU-Ratspräsidentschaft sehr professionell begleitet, wir haben unsere Ideen beigesteuert und den Wunsch einiger Staaten gefördert, diese Staatsanwaltschaft einzurichten. Was Malta selbst betrifft haben unser Parlament und unsere Regierung gemeinsam entschieden, dass es für uns noch nicht die richtige Zeit ist, uns an diesem Projekt zu beteiligen. Damit sind wir nicht allein: Eine ganze Reihe weiterer EU-Staaten ist auch nicht von Anfang an dabei.
Nach dem Mord an Daphne Galizia sind im EU-Parlament die Vorwürfe wieder lauter geworden, Malta sei eine Steueroase. Werden Sie diese Kritik aufgreifen?
45, ist Politiker der Arbeiterpartei PL von Malta. Von 2014 bis Juni 2017 war er Innenminister, seitdem ist er Außenminister des Landes.
EU-Parlamentarier bringen viele Themen zur Sprache, das ist ihr Job. Ihr Job wäre aber auch, Fakten zu prüfen. Die Fakten sind: Wir halten das EU-Recht in Steuerfragen an jedem Punkt ein. Ich weiß, dass es eine Bewegung in Europa gibt, die eine einheitliche Besteuerung will, die der EU die Kompetenzen für Steuerfragen übertragen will. Das berührt die Grundsatzfrage, wohin sich die EU entwickeln soll. Letztlich geht es darum, ob wir Föderalismus wollen oder nicht. Ich denke, die Kompetenz zu Steuerfragen sollte bei den Mitgliedstaaten bleiben.
War es das richtige Signal, dass der Premierminister unmittelbar nach Galizias Tod, als der Verkauf maltesischer Pässe an vermögende Ausländer in der Kritik stand, nach Dubai reiste, um dort Pässe zu verkaufen?
Wir haben die Argumente der Kritiker aufgegriffen und das Programm der EU-Kommission zur Überprüfung vorgelegt. Deren Juristen haben sich das genau angeschaut und akzeptiert. Ich will gar nicht sagen, dass es woanders viel einfacher ist, einen Pass zu kaufen. Das höre ich zwar, aber das ist nicht mein Thema. Es gibt bei uns ein sehr strenges Auswahlverfahren, an dem Polizei und Geheimdienste beteiligt sind, wer den Pass bekommen darf. Beim kleinsten Zweifel über die Herkunft des Vermögens oder die sonstigen Aktivitäten der Kandidaten lehnen wir den Antrag ab. Das geschieht in rund jedem vierten Fall. Das zeigt, dass wir unsere Kriterien sehr ernst nehmen. Deshalb sehe ich nichts Falsches darin, das Programm auch in Dubai zu bewerben, wie Premierminister Muscat es nun getan hat. Man kann solche Programme aus grundsätzlichen Erwägungen ablehnen, das teile ich nicht, könnte es aber nachvollziehen. Dann sollte das aber kein EU-Staat tun dürfen.
Die italienische Anti-Mafia-Kommission war in dieser Woche auf Malta und hat gesagt, die Mafia betrachte das Land als „kleines Paradies“. Wie wollen Sie damit umgehen?
Der Besuch der italienischen Kommission war schon lange geplant, er hatte nichts mit dem Mord an Daphne Galizia zu tun. Organisierte Kriminalität kennt keine Grenzen. Wir sagen deshalb immer, dass wir auf EU-Ebene gemeinsam dagegen vorgehen müssen. Vor allem mit Italien arbeiten wir bereits seit vielen Jahren in dieser Frage zusammen. Die Kooperation hat da sehr gut funktioniert. Aus diesem Grund wollen wir auch Europol stärker in den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität einbinden.
Das fordern wir im Rat der Innen- und Justizminister seit Jahren. Jetzt zeigen alle mit dem Finger auf Malta, als sei die ganze Organisierte Kriminalität bei uns angesiedelt. Das ist nicht der Fall und es ist nicht fair. Organisierte Kriminalität gibt es überall. Auch Malteser mögen daran beteiligt sein. Aber wenn, dann tun sie das nicht alleine, sondern mit anderen EU-Bürgern. Und deswegen muss die Antwort europäisch sein.
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