Freihandelsabkommen TTIP: Neue Haltung gefordert
Mitglieder des TTIP-Beirats wollen verpflichtende Umweltschutz- und Arbeitnehmerrechte in dem Handelsabkommen festschreiben.
Im Jahr 2014 berief Sigmar Gabriel einen TTIP-Beirat ein, der ihn aus den verschiedenen Positionen heraus beraten sollte. Seit US-Präsident Donald Trump eigene Interessen bedroht sieht und die Verhandlungen gestoppt hat, spricht kaum noch jemand über das transatlantische Freihandelsabkommen. Aber den Beirat gibt es noch. Und weil an diesem Donnerstag die Sondierungsgespräche zum Thema Handel stattfinden, stellten dessen „kritische Mitglieder“ – so die Selbstdarstellung – am Mittwoch das Positionspapier „Alternative Handelspolitik“ vor.
Die TTIP und Ceta ablehnende Achse des Beirats besteht aus dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dem Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), dem Deutschen Kulturrat, Transparency International Deutschland und dem Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). In dem Papier fordern sie ein „handelspolitisches Umsteuern“ der neuen Bundesregierung.
Gemeint ist ein fairer Welthandel, der den Menschen dient und ihre Lebensbedingungen verbessert und nicht als Selbstzweck existiert. Mit Blick auf mögliche Handelsabkommen bedeute das, zentrale Umwelt-, Verbraucher- und Arbeitnehmernormen verbindlich zu verankern, heißt es.
Im Juni hatte US-Handelsminister Wilbur Ross angekündigt, die TTIP-Verhandlungen wieder aufnehmen zu wollen, wenn die Bedenken der USA ausgeräumt werden konnten. Ceta, das Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada, liegt in den Nationalstaaten unterdessen zur Ratifizierung bereit; in Deutschland muss es den Bundestag und Bundesrat passieren.
„Die nächste Bundesregierung muss also Stellung beziehen, wie sie mit TTIP und Ceta weitermachen will“, sagt Christoph Stolper, Handelsexperte beim BUND. Andernfalls würde das bedeuten, die zahlreichen kritischen Positionen in der Gesellschaft komplett zu ignorieren. Das Positionspapier solle helfen, Alternativen zur bisherigen „Gleichgültigkeit gegenüber Menschenrechten, ökologischen und sozialen Standards“ zu formulieren.
Konkret bedeute das, Handelsabkommen gemeinsam vom Rat der EU und dem Europäischen Parlament verhandeln zu lassen und sie regelmäßig mit zivilgesellschaftlichen Akteuren zu evaluieren. Abkommen zum Investitionsschutz müssten verbindliche Pflichten für Investor*innen vorsehen und höhere Standards in Umwelt- und Arbeitnehmer*innen-Schutz setzen. „Technologieneutralität“, wie etwa die FDP sie fordert, dürfe in keinen neuen Koalitionsvertrag aufgenommen werden.
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