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Gutachter über „Amoklauf“ in München„Er war stolz, ein ‚Arier‘ zu sein“

Der Politologe Florian Hartleb stuft den „Amoklauf“ von München als rechtsterroristischen Anschlag ein. Die Ermittler hätten die Tat verharmlost.

„Die ganze Tat nur mit Mobbing zu begründen, ist eine einseitige Verengung“, sagt Hartleb Foto: dpa
Konrad Litschko
Interview von Konrad Litschko

taz: Herr Hartleb, der Amoklauf von David S. vor anderthalb Jahren wird von den bayrischen Behörden als Racheakt eines Gemobbten eingestuft. Sie kommen nun in Ihrem Gutachten zu dem Schluss: Es war Rechtsterrorismus. Warum?

Florian Hartleb: Der Fall wurde bisher völlig einseitig als Amoklauf eingestuft. Ich habe Tausende Seiten Ermittlungsakten studiert und festgestellt: Merkmale eines Terrorismus wurden offenbar gar nicht geprüft. Dabei liegen sie zuhauf vor.

Zum Beispiel?

David S. hatte ein festes rechts­extremistisches Weltbild und war stolz, ein „Arier“ zu sein. Er war getrieben von einem Hass auf Türken, Albaner und Bosnier. Über sie sprach er von Untermenschen, er wollte sie auslöschen. Er berief sich auf den norwegischen Rechtsterroristen Anders Breivik. Er schrieb ein Bekennerschreiben und fantasierte von einem Anschlagsteam. Und auch seine Opferauswahl erfolgte ideologisch: Alle Getöteten waren Migranten. Für mich ist David S. ein Rechtsterrorist im Sinne eines „einsamen Wolfes“.

Was bedeutet das?

Es ist das Konzept eines Einzeltäters, der aus politischer Überzeugung Terror ausübt, ohne in einer Gruppe eingebunden zu sein. Der ursprüngliche Antrieb liegt dabei oft in persönlichen Kränkungen – wie bei David S. auch. Nur ist die Tat eben kein reiner Willkürakt wie ein Amoklauf, sondern der Täter will in der Öffentlichkeit politisch etwas bewirken. Im Fall von David S. sollte es ein Zeichen gegen eine vermeintliche Überfremdung sein. Zudem hatte er einen Erlöseranspruch.

Die Ermittler führen den Hass von David S. auf Migranten darauf zurück, dass er in der Schule gemobbt wurde …

Das halte ich für falsch. Ja, es gab Mobbing – aber nur an einer Schule. Und David S. war selbst aggressiv gegenüber Mitschülern. Er war auch integriert. Auf seinem Handy fanden sich zahlreiche Kontakte, einmal war er Klassensprecher. Die ganze Tat nur mit Mobbing zu begründen, ist eine einseitige Verengung. Das rechtsextremistische Weltbild geht in der Fallanalyse der Ermittler völlig unter.

Der "Amoklauf" von München

Die neuen Gutachten Am Freitag werden drei Gutachten zum „Amoklauf“ in München der Öffentlichkeit vorgestellt. Nach taz-Informationen stufen auch die anderen beiden beauftragten Gutachter, der Thüringer Soziologe Matthias Quendt und der Berliner Politologe Christoph Kopke, die Tat als politisch motiviert ein.

Das Attentat im vergangenen Jahr Am 22. Juli 2016 erschoss der 18-jährige David S. neun Menschen, die meisten davon Jugendliche südosteuropäischer Herkunft. Anschließend erschoss er sich selbst. Seine Tat hatte er monatelang geplant. Er beging sie am fünften Jahrestag des Breivik-Massakers. Der norwegische Rechtsterrorist ermordete am 22. Juli 2011 in Oslo und auf der Insel Utøya 77 Menschen.

Der Streit um die Bewertung Die Ermittlungsbehörden und die bayerische Staatsregierung stufen die Tat als unpolitischen „Amoklauf“ ein, weil der Attentäter in der Schule gemobbt wurde und in psychiatrischer Behandlung war. Hinweise auf rechtsextreme Motive mehrten sich aber. Erst im Juni 2017 gab Bayerns Regierung Auszüge aus einem „Manifest“ des David S. frei, die von rechtsradikalem Gedankengut zeugten. Auch Chatprotokolle offenbarten rassistische Terrorfantasien, berichtete der Spiegel im Juli.

Die Sicherheitsbehörden wenden ein, dass David S. in keine rechte Gruppe eingebunden war. Ist das nicht wichtig?

Das ist ein antiquiertes Verständnis. Es braucht keinen NPD-Ausweis mehr, wenn Radikalisierung im virtuellen Raum stattfindet. Deshalb ist es überhaupt kein Kriterium, dass David S. nicht in rechtsextreme Strukturen eingebunden war. Er liebäugelte nachweislich sogar mit der AfD. Und im Darknet fand er einen Gesinnungsgenossen: den ebenfalls rechtsextremen Waffenverkäufer.

Sie vergleichen den Fall mit Anders Breivik, der in Norwegen 77 Menschen tötete, und nennen David S. einen „Nachahmer“. Kann man beide Attentäter wirklich vergleichen?

Ja, das kann man. Es gibt erstaunliche Parallelen. Beide Taten waren lange geplant, im Fall von David S. mehr als ein Jahr im Voraus. Beide Täter hatten eine Tendenz zum Autismus und ein rassistisches Weltbild, beide bezeichneten sich als „Erlöser“. Und beide Attentate richteten sich gegen politische Feindgruppen und jeweils Jugendliche. Es ist doch kein Zufall, dass David S. seine Tat genau fünf Jahre nach dem Attentat von Breivik beging.

Das Bekennerschreiben von David S. ist allerdings deutlich unklarer und kürzer als das von Breivik, oder nicht?

Nun ja, der Titel lautet: „Ich werde jetzt jeden Deutschen Türken auslöschen egal wer“. Das erscheint mir schon einigermaßen klar. Und wie lang muss ein Bekennerschreiben sein? Die des NSU oder der RAF waren teils auch nur knappe Verlautbarungen. Und man darf nicht vergessen: David S. ist sehr professionell vorgegangen.

Was meinen Sie mit: professionelles Vorgehen?

David S. hat sich erfolgreich im Darknet eine Pistole besorgt, er hat im heimischen Keller Schießtrainings absolviert. Und er hat vor der Tat perfide mit einem Facebookaccount versucht, Opfer zum Tatort zu locken. Diese akribische Vorbereitung wird in der Fallanalyse nicht ernst genommen. David S. war keineswegs jenseits aller Rationalität. Kurz vor der Tat hatte er seinen Führerschein bestanden. Am Tattag selbst hat er noch, wie immer, Zeitungen ausgetragen. Das spricht nicht für eine Wahntat. David S. war bis zum Schluss bei vollem Verstand.

David S. hatte selbst einen Migrationshintergrund, er war Sohn iranischer Eltern. Fällt die Einordnung seiner Tat als rechtsterroristischen Anschlag deshalb so schwer?

Da kann ich nur mutmaßen. Natürlich haben wir hier keinen klassischen Fall von Rechtsterrorismus. Aber es gibt eben keine Schablone für Extremismus. Auch Migranten können Migranten hassen, wie wir etwa von islamistischen Extremisten wissen. Und dort erkennt man ja auch sehr schnell auf Terrorismus, auch bei Einzeltätern. Da reicht manchmal schon ein Fähnchen am Rucksack. Beim Rechtsterrorismus aber tut man sich merkwürdig schwer.

Im Interview: Florian Hartleb

Florian Hartleb, 38, ist Politologe und einer der drei Gutachter, die die Stadt München berufen hat.

Warum sperrt man sich so, ein politisches Motiv für die Münchner Tat anzuerkennen?

Der Verfassungsschutz antwortete mir auf eine Anfrage, dass man das Konzept des „einsamen Wolfes“ nicht anerkenne, schon um eine Glorifizierung der Taten zu verhindern. Unter den Ermittlern herrscht immer noch das Bild vom Terrorismus als Gruppenphänomen vor. Aber das ist eben überholt.

Was bedeutet die bisherige Einstufung des Anschlags als „unpolitische Tat“?

Es ist letztlich eine Verharmlosung der Tat. Es ist natürlich einfacher zu sagen, da hat ein psychisch Gestörter gehandelt, als ein Rechtsterrorist. Aber das trifft eben nicht zu, es ist nur ein Teil der Wahrheit. Bisher taucht die Tat in keiner Statistik für politisch motivierte Straftaten auf, das muss sich ändern. Und für die Erinnerungskultur ist es zentral zu wissen, warum es zu dieser schrecklichen Tat gekommen ist. Die Stadt München hat ja hier mit dem Oktoberfestattentat, das anfangs als unpolitisch eingestuft wurde, schon einmal eine Fehleinschätzung begangen. Das sollte nicht noch einmal passieren.

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36 Kommentare

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  • Nenn mir einen Perser in Deutschland, der noch nie mit diesen Scherzen über seine Arier-Identität sein deutsches Umfeld irritiert hat!

     

    Perser dürfen sich auch so nennen.

    • @Ansgar Reb:

      Nur sind die in aller Regel ja nicht in rechten Darknet-Foren unterwegs, um sich Waffen zu beschaffen, mit denen sie dann Jagd auf alles machen, was nicht „arisch“ aussieht. Mit Scherz und Ironie hat das doch überhaupt gar nichts zu tun.

  • Ein Politologe weiß natürlich viel besser als die Fachleute von der Polizei, wie man eine Tat einzuordnen hat und welche Bedeutung das Mobbing spielte. Psychologen werden offensichtlich völlig überschätzt, das macht ein Politologe ganz nebenbei auch noch mit.

  • 8G
    85198 (Profil gelöscht)

    Eien Hamburger Richterin hat letztens sogar einen Flaschenwerfer als Terroristen bezeichnet.

    Links und rechts gibt es klar unterschiedliche Kriterien.

  • Letztendlich geht es darum in wessen Agenda es besser passt:

     

    Den linken passt ein rechter Täter logisch besser als ein Migrantenkind.

     

    Bei den rechten ist dies umgekehrt.

     

    Wäre es nicht so ernst: Ein Vergleich mit verfeindeten Fußballclubs wäre passend

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @FermentierterFisch:

      Ein Migrantenkind, genau. Weil es einfach keine faschistischen oder rassistischen Migranten geben kann.

       

      Der ersten Prügel, die ich in meiner Jugend von einem Naziskinhead bezogen habe, ging folgender Dialog voraus: "Auch wenn meine Eltern Italier sind, bin stolz Deutscher zu sein, du Kanacke!"(Ich bin übrigens "Biodeutscher")

       

      Positionen vom AFD Deutsch-Jugoslaven Dubravko Mandic gefällig?" :"So schrieb Mandic, die AfD unterscheide sich von der NPD „vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützerumfeld, nicht so sehr durch Inhalte“ und bezeichnete Barack Obama als „Quotenneger“...

       

      Was ist mit Akif Pirincci, dem Lierblingstürken von PEGIDA? Der wurde wegen Volksverhetzung angezeigt.

       

      Oder hat der braunäugige Österreicher damals äusserlich dem Nazi-Schönheitsideal entsprochen?

       

      Rechte haben keine zusammenhängendes Verständnis von Logik, deshalb sind sie ja Rechts.

      Das schöne daran für Rechte selbst ist einfach ,das man sich seine Welt eben zusammenbasteln kann wie man möchte.

       

      Hakenkreuze aus Indien, Ungermanisch aussehende Führer von Nazis, Rassistische Lesbe die mit Migrantin zwei Jungs adoptiert und eine Muslimin bei sich arbeiten lässt, Nazi-Rap und Nazi Rockn Roll im Namen der Tradition usw.

      Das geht bis hin zu malaysischen Neonazis:https://www.vice.com/de/article/bn3wxd/malaysische-neonazis-kmpfen-fr-eine-reine-malaysische-rasse

      • @6474 (Profil gelöscht):

        Das ist auch meine Beobachtung. Die Einordnung in

        -muslimisches Migrantenkind

        *oder*

        -Rechtsextremer.

        Ein sowohl als auch, scheint unmöglich zu sein. Irre.

    • 8G
      85198 (Profil gelöscht)
      @FermentierterFisch:

      Da haben sie die Wahrheit praktischerweise einfach abgeschafft. So einfach kann man es sich machen.

      Der Vergleich mit den Fußballklubs ist ein Totschlagargument: "Wäre es anders, dann könnte man etwas anderes darüber sagen."

  • Das die Motive rassisticher Natur waren/eine Rolle gespielt haben, kann ich nach dem Interview nachvollziehen. Wenn auch er über gewisse Punkte hinweggeht und unbestimmt hält. Er liebäugelte mit der AFD. Was soll das heißen? Er hat sie unterstützt? Er hatte ihr Wahlprogramm daheim? Zudem: Es gibt deutlich nationalistischer Parteien als die AFD. Wenn er so stark Nazi war, wäre er nicht Fan der NPD gewesen? Aber das nur am Rande.

     

    Was mich etwas nervt, ist der Streit um Worte, den Herr Hartleb anzettelt. Die Tat war kein Terror. Terror setzt m.E. eine Organisation voraus und die fehlt offensichtlich. Etwas anderes gilt auch für Brevik nicht. Ich habe den Eindruck, es handelt sich um eine "Mode", alles und jedes als "Terrorismus" zu bezeichnen, um mehr Aufmerksamkeit zu generieren. Das hilft aber nicht weiter.

    • @Strolch:

      man muss Begriffe nur nach den eigenen politischen Vorstellungen umdefinieren, dann passen sie auch.

    • @Strolch:

      Wenn man sich mit Terrorismusdefinitionen auseinandersetzt wird deutlich, dass es für Terrorismus nicht immer eine personelle Organisation braucht. Terrorismus wird vor allem über das Motiv und das Ziel definiert. Terrorismus geht es um die Kommunikation von Angst und dass eine Tat als Angriff auf eine Personengruppe verstanden wird. Das ist bei Breivik in jedem Fall vorhanden. Bei dem Anschlag in München kann die Angstkommunikation in jedem Fall so gelesen werden. Denn Menschen mit Migrationshintergrund wird suggeriert, dass sie Angst haben müssen Opfer eines Hassverbrechens zu werden. In diesem Sinne dient die Nichtbeachtung als terroristische bzw. rassistische Tat sogar noch als Verstärker der Botschaft. Es zeigt: ihr werdet als Menschen mit Migrationshintergrund angegriffen, aber euch wird keine gesellschaftliche Solidarität als Betroffene mit Migrationshintergrund zu teil. Das Beispiel mit der AfD finde ich auch nur halbgar, aber das Manifest, der Jahrestag zu Breivik, das Heil-Hitler-Gerufe geht alles über eine Sympathie zur AfD hinaus und zeigt ein gefestiges rechtes Weltbild. Deshalb wird ja auch von einsamem Wolf gesprochen. In Zeiten des Internets braucht es nicht die face-to-face-Gruppe, sondern die Radikalisierung kann auch im Internet ablaufen. es ist doch schon interessant, dass bei islamistischem Terror die "einsame Wolf" These so viel mehr akzeptiert wird, als wenn es um rechten Terror geht. Ich finde es bemerkenswert wie sehr so viele Leute darauf hin arbeiten abzuwehren, dass die Tat rechter Terrorismus ist. Aus einer Vielzahl an Belegen wird der schwächste Rausgeriffen und darauf beharrt. Alles nur um sich nicht der Tatsache stellen zu müssen, dass rechter Terrorismus mal wieder gesamtgesellschaftlich nicht gesehen wurde.

    • @Strolch:

      Ich denke auch das "Terrorismus" inflationär und unzutreffend für jede so ziemlich jede politisch/weltanschaulich (v)erklärte Gewalt verwendet wird. Insoweit stimme ich Ihnen zu.

       

      Aber Terror setzt KEINE Organisation voraus. Er ist nämlich vor allem als eine spezielle Form psychischer Beeinflussung einer bestimmten Zielgruppe zu begreifen: Er bedient sich der Gewaltausübung an einigen wenigen Mitgliedern der Zielgruppe, um damit an eine ("Schreckens"-)Botschaft an den Rest zu senden, dass ähnliche Gewalt jedes andere Mitglied ebenso treffen könnte.

       

      Nach dieser Methodik kann durchaus auch ein Einzelner vorgehen. Insbesondere kann er sich auch als einer von Vielen verstehen, die zwar nicht organisiert sind, aber Ähnliches im Sinn haben und denen er als Beispiel/Vorkämpfer vorangehen möchte. Das ist dann der "Einsame Wolf".

      • @Normalo:

        das Problem bei einem terroristischen Einzeltäter ist aber, dass er nicht beim ersten Anschlag sterben sollte. In den USA gab es in meiner Jugendzeit jahrelang einen Öko-Terroristen, der dann irgendwann gefasst wurde.

         

        Aber hier haben wir es mit einem punktuellen Ereignis eines isolierten Menschen zu tun, der am Ende tot war - vermutlich war ihm das auch klar, dass es so enden würde. Eine nachhaltige Wirkung, dass er andere in Angst und Schrecken versetzt - was Terror braucht - war also nicht zu erzielen. Er selbst hatte keine Chance mehr für weitere Anschläge, sein "Manifest" aus 1 Satz in schlechtem Deutsch war auch nicht geeignet, Nachahmer zu finden. Es spricht also alles gegen Terror und für eine Amoktat.

  • Die Verharmlosung der Tat von David S. ist absolut gewollt, ansonsten müsste sich die Regierung mit der Gewaltzunahme durch die Rechte Szene tatsächlich auseinander setzen.

     

    Schon das ganze Szenario um den NSU Prozess deutet auf die Tatsache hin, dass es politisch keine ausschließlich Rechten Straftaten geben darf!

    Dies würde eine zwingende Auseinandersetzung des Bundestages mit dieser Problematik nach sich ziehen.

    Dadurch würde die sehr stark steigende Anzahl solcher Straftaten in der BRD ein erhöhtes Medieninteresse vor allem auch im Ausland hervorrufen.

     

    Kein Politiker möchte das es so weit kommt, denn dann müssten sie dazu Rede und Antwort geben, was sie aus reinem Desinteresse schon nicht können und wollen.

     

    Laut „Politiker Denke“ gibt es in Deutschland wohl eine gewisse Rechtsradikale Scene, aber es ist nicht erwünscht, dass diese Szene in der Öffentlichkeit mit der steigenden Gewalt in Verbindung gebracht wird, das würde nämlich den Schluss zulassen, das die Politik dem Machtlos gegen über steht.

     

    Dies wird sich nun wohl ändern müssen, nachdem es eine überwiegend rechtsradikale Partei, die AFD, in den Bundestag geschafft hat.

     

    Um weiteren Zulauf zu dieser "Partei" zu verhindern, sollten die anderen Parteien und Politiker sehr deutlich darauf hinweisen, dass es eben schwere Gewaltverbrechen im Namen der Rechtsradikalen gibt und aufhören diese zu versuchen totzuschweigen!

     

    Es ist immer wieder in der deutschen Politik zu sehen, dass sich die Parteien einig sind wichtige Themen, die nicht zum Eigenlob taugen, zu egalisieren, damit sie nicht von der Bevölkerung als so wichtig erachtet werden, so dass die Politik zum Handeln gezwungen werden könnte!!!

  • Der Amokläufer wurde in der Schule jahrelang von Türken und Albanern gemobbt. Als Opfer bekam er keinerlei Hilfe oder Unterstützung. Daraus resultierte dann sein Weltbild und die Tat als Konsequenz. Denn er hat ja ganz gezielt in den sozialen Medien Albaner/Türken angesprochen für seinen Rache-Amoklauf.

     

    Die Kausalkette beim Weltbild zu beginnen und die Vorgeschichte auszulassen, ist viel zu simpel.

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @el presidente:

      ja, und jetzt? Ich hatte in meiner Jugend eine Menge Ausseinandersetzungen mit Neonazis, inklusive Brüche und Morddrohungen. Von mir gingen das selten aus.

       

      Wenn ich jetzt dafür mal pauschal ein paar andere Rechte abknallen würde; wäre das dann keine politische Tat mehr?

      • @6474 (Profil gelöscht):

        Eine politische Tat sicher, aber Terror? Oder doch eher aus persönlichem Hass auf Rechte geprägt?

    • @el presidente:

      Terror definiert sich durch die Wahl der Ziele und Mittel, nicht durch die ethische oder psychologische Erklärung der Motivation. Insoweit tut es nichts zur Sache, ob hier ein geschundenes Mobbingopfer oder ein wohlbehüteter Bürgersohn meinte, zur Kühlung seines Mütchens Menschen töten zu dürfen, die ihm nichts getan hatten. Für BEIDE gäbe es keine Rechtfertigung. Es war eine rassistische, hasserfüllte Mordtat, wie man die Erklärung auch strickt. Fraglich ist nur noch, ob es nun eine rassistische, hasserfüllte Mordtat MIT oder OHNE Terrorfunktion war. Sonst nichts.

  • Was ist das denn für ein pseudointellektueller Eiertanz? Wen interessiert es denn, wie die Tat einzustufen ist? Ändert die Semantik etwas an der Tat?

    • 6G
      6474 (Profil gelöscht)
      @Frank Stippel:

      1. Wird die Tat als das anerkannt was sie ist? Haben wir also doch ein Problem mit Rechtsterrorismus?

      2. Gab es seit der Wende nun 176, 200 oder 300 Morde durch Rechtradikale in der BRD?

      Ändert etwas an der Einschätzung der Gefahr, die von Rechts ausgeht.

      • @6474 (Profil gelöscht):

        Ich gehe auch davon aus, dass man sich 12 Tote für die Statistik der angeblich verharmlosten Gewalt von rechts nicht entgehen lassen will. Und die Rechten werden 12 Tote, die von einem Muslim getötet wurden, in ihre Listen aufnehmen wollen.

         

        Um die Toten selbst und die Frage, wie man Wiederholung verhindert, geht es dagegen gar nicht. Verhindert hätte hier sicher eher die Schule, die das Mobbing unterbindet - als irgendein Programm "gegen Nazis".

  • Das Problem heißt mMn leider relativ banal institutioneller Rassismus. Ich glaube nicht, dass da irgendeine Verschwörung oder bewusste Geheimhaltung dahinter liegt. Die Ermittler*innen glauben sich vermutlich die These mit dem Mobbing wirklich. Aber genau diese These ist institutioneller Rassismus. Dass es als Erklärung ausreicht, dass eine Person gemobbt wurde und deshalb solche rassistischen Taten verübt, ein Manifest schreibt, Heil-Hilter ruft. Das ist eine Schuldabwehr die jegliche noch so grausem Tat versucht als unpolitisch zu werten. Es ist kein Zufall, dass das in Deutschland immer wieder passiert, dem Land in dem die Nachfahren von NS-TäterInnen leben (so auch ich, das ist mir bewusst). Das wichtige ist doch aus all dieser Scheiße zu lernen und die Blindheit für Rassismus abzulegen. Aber auch hier wurde nicht aus dem NSU gelernt. Übrigens ist es der selbe Ermittler der jetzt die Mobbing These aufstellt auch damals in die NSU-Ermittlungen involviert gewesen. Er hat damals als erster während der Ermittlungen von einem rechten Täter gesprochen, aber auch hier gesagt es könne kein Terror sein, das Motiv liege vermutlich in persönlichen Mobbingerfahrungen.

  • "Auch Migranten können Migranten hassen"

     

    Sicherlich. Muss ja aber nicht gleich Rechtsextremismus deutscher Prägung sein. Da ist eher "deutschblütig" en vogue. Und auch Typen wie "Aryan Nation" o.ä. hätten mit einem Iraner wohl nicht viel anfangen können.

  • Nicht jedes Gewaltverbrechen, dessen Täter sich durch irgendeine Ideologie dafür rechtfertigt, ist gleich Terror. Sonst wären z. B. auch islamistisch gesinnte Ehrenmörder "Terroristen".

     

    Es kommt vor allem darauf an, wie eng man Terrorismus definiert. Jenachdem sind gerade rechte Gewalttaten da nur deutlich schwerer einzuordnen, weil sie häufig nicht der Verbreitung von massenhaft Angst und Schrecken ("Terror") dienen sondern einfach nur dem Ausleben von (Fremden-)Hass.

     

    Genau genommen ist es z. B. viel eher ein terroristisch wirkender Akt, wenn 50 Skins medienwirksam einen Migranten durch eine Innenstadt hetzen, als wenn eine Zelle wie der "NSU" heimlich Bomben baut, diese mit etlichen Toten vor Dönerbuden hochgehen lässt aber KEINEN öffentlich wahrnehmbaren Hinweis darauf gibt, dass die Tat rassistisch motiviert war. Denn bei letzterer Konstellation ist es für die übrigen Mitglieder der "Zielgruppe" nicht ersichtlich, dass sie die nächsten sein könnten, die es erwischt. Dagegen werden in der ersten sehr viele eigentlich Unbeteiligte mehr Angst empfinden, wenn sie sich auf die Straße trauen.

     

    Der Fall in München ist insoweit ein Grenzgänger: Der Mann WAR ein Ausländerfeind und hat ein entsprechendes Bekennerschreiben verfasst, das seine Tat - auch für die Nachwelt erkennbar - mit seiner Ausländerfeindlichkeit in Verbindung bringt. Aber letztlich hat er einfach nur Leute umgebracht, die er in seiner Verblendetheit meinte, hassen zu müssen. Und sicher war er nicht davon ausgegangen, so eine Aktion wiederholt durchführen zu können. Die einzigen, die sich durch ihn bedroht fühlen sollten, waren also die Leute, er auch tatsächlich verletzt oder getötet hat.

     

    Ich sehe auch keine Hinweise, dass er ein "Zeichen" setzen und beispielhaft den "Kampf" gegen Ausländer vorleben wollte. Um einen "Einsamen Wolf" anzunehmen, sollte aber zumindest das gegeben sein. Von daher würde ich im Ergebnis eher in die Richtung der bayerischen Behörden tendieren, also kein echter Terror.

    • @Normalo:

      Er hat nicht die Leute erschossen, die ihn gemobbt haben.

       

      Das ist kein "echter Terror" genauso wie ein drogenabhängiger Kleinkrimineller mit einem Leben ohne Chancen und voller Demütigungen, der dann Amok läuft und seinen erweiterten Selbstmord mit einem großen Knall betreibt und das dem IS widmet, um seinem Leben im Tod noch einen empfundenen Sinn zu geben, kein "echter Terror" ist.

       

      Aber was ist dann noch "echter Terror"? Grandios misslungener David-gegen-Goliath-Krieg wie der durch die RAF?

      • @Mustardman:

        Terror ist psychologische Kriegsführung mit Mitteln der (häufig asymmetrischen) Gewalt. Darauf kommt es an. Die psychologische Wirkung KANN auch daher kommen, dass besagter Kleinkrimineller nur einer von Vielen ist, die alle lieber für eine religiöse Sache ihr Leben (und ihre Achtung vor dem Leben Anderer) wegwerfen, als nur zur Kompensation ihres privaten Unglücks.

         

        Für die Definition ist es auch egal, ob David (RAF, Al Qaida, etc.) terrorisiert oder Goliath (Robbespierre, Hitler, Stalin...). In der Regel ist der Einsatz von Terror allerdings ein Zeichen von Schwäche, deshalb sind auch historisch betrachtet die meisten Terroristen letztlich gescheitert.

    • @Normalo:

      Ihre Einschätzung entspricht nicht ganz der Erfahrung mit rechtsterroristischen Großattentaten. Wobei hier in erster Linie Bombenattentate gemeint sind.

       

      Deren Merkmal in der Vergangenheit war ja gerade, dass sie nicht (!) einzelpersonenorientiert waren (im Unterschied zum sich als revolutionär begreifenden “linken“ Stadtguerilla-Kampf der RAF, der sich gezielt Repräsentanten des Herrschaftsapparats als Opfer heraussuchte). Rechtsterror war ganz gewollt so geplant und ausgeführt wurden ein große möglichst anonyme Menschengruppe hinzuschlachten. Das Ziel sollte Verunsicherung, nackter Terror sein, um auch das Gefühl der Hilflosigkeit über das „Versagen“ der „schützenden Hand“ des Staates hervorzurufen und um die Sehnsucht nach einem „starken Führer“ herbeizubomben, der dann mal alle Feinde an die Wand stellt (so wie es sich AfD-Arppe so schön im Chat ausmalte).

       

      Der Bombenanschlag auf den Bahnhof in Bologna 1980, das Münchner Oktoberfestattentat 1980, der Oklahoma-Anschlag auf das öffentliche Gebäude, das auch einen Kindergarten hatte. Dies sind Klassiker dieses Typs.

       

      Breivik war ein Killer, der neben seinem Bombenterror in der Osloer Innerstadt gezielt noch die Gruppe junger, linker zum Teil migrantischer „Gutmenschen“ (im AfD-Sprech) treffen wollte auf Utoya. Also eine Ausdifferenzierung, was die Opfergruppe anbetrifft. Sonboly fällt letztlich auch in diese Kategorie.

       

      Wissenschaftler schauen genau hin und differenzieren. Gut so.

      • @Tom Zwanziger:

        Wo soll da der Widerspruch sein?

         

        Die von Ihnen genannten Beispiele folgten genau der Funktionsweise von Terror, die ich meinte: Einen kleinen Teil der Zielgruppe angreifen, um dem Rest Angst einzujagen.

         

        Ob jener "Rest" die gesamte Gesellschaft (so bei wahllosen Gewaltakten) oder nur einzelne Teilgruppen (die Ausländer, die Nicht-Muslime, die Reichen und die Mächtigen etc.) ist, bleibt eine rein quantitative Differenzierung. Wichtig ist das psychische Element, also dass die Gewaltanwendung nicht nur um des konkreten Verletzungserfolgs (oder der Gewalt selbst) willen erfolgt, sondern um bei einer wesentlich größeren Zahl von Menschen als den unmittebaren Opfern Angst und Schrecken zu verbreiten.

         

        Der Unterschied , au fden ich hinaus wollte ist der, dass rechte Gewalttäter häufig nur ihren Hass in Taten umsetzen wollen - ähnlich manche linken Randalierer, aber eben nicht wie linke (oder sonstwie gepolte) Terroristen. Das ist etwas anderes als die gezielte Nutzung von Gewalt als "Multiplikator".

  • In Deutschland gibt es weder Nazis noch Rechtsterroristen.

    Hier muss ein Irrtum vorliegen.

    • @amigo:

      In wirklichkeit gibt es Deutschland auch gar nicht...

      • @Neinjetztnicht:

        In Wirklichkeit gibt es die Wirklichkeit nicht...

        • @Mustardman:

          Jetzt wirds kompliziert...

  • Ich glaube, man beschreibt es nicht als Rechtsterrorismus, weil man Angst hat, damit die Büchse der Pandorra zu öffnen.

     

    Zum einen könnte Alis David S. zu einer Art Märtyrer für Nazis werden. Denn er verkörpert perfiderweise durch seine iranische Herkunft eine gewisse Authentizität die ein Deutschstämmiger nicht besitzen .

    würde.

     

    Des weiteren will man m. E. die Frage gar nicht erst weiter beleuchtet, was ihn dazu getrieben haben mag.

     

    Es ist einfacher zu sagen, es war halt ein verrückter...

    • @Nobodys Hero:

      Man kann in Deutschland bzw. Bayern keinen rechten Terror gebrauchen, weil es erstens keinen geben kann. Zweitens ist er auch nicht gut fürs Image. Deshalb stellt sich auch jeder Bürgermeister vor seine "besorgten Bürger", wenn wieder mal ein Flüchtlings-Haus brennt und versucht dann den Spagat aus Verurteilung der Tat und deren Rechtfertigung. (Die eigentlich Schuldigen in diesem Zusammenhang sind ja die Flüchtlinge, weil sie es unterlassen haben, im Mittelmeer zu ertrinken.)

       

      Wie Sie richtig schreiben, ist es deshalb ganz förderlich, wenn man diesen besorgten Bürger David zum gemobbten Verrückten erklärt.

       

      Auch beim Oktoberfest-Attentat wurde innerhalb kürzester Zeit der Bombenleger zum Alleintäter erklärt. Sonst hätte man sich ja mit der rechten Wehrsportgruppen-Szene beschäftigen müssen, denen man jahrelang wohlwollend zugesehen hat.

       

      Neben weiteren Widersprüchen wurde diese Darstellung nicht einmal durch eine abgerissene Hand in Frage gestellt. Diese Hand gehörte keinem der Toten oder Verletzten, sondern jemandem der unerkannt bleiben wollte. http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.das-oktoberfest-attentat-1980-die-verschwundene-hand.3138ae9e-508a-4683-840c-12b13f3e8e87.html

      • @markstein:

        Tja, man bekommt den Eindruck, daß nicht ist, was nicht sein darf.

         

        Merci, für den Link...

  • Zitat: „Beim Rechtsterrorismus aber tut man sich merkwürdig schwer.“

     

    Das kann ich erklären, fürchte ich. Diese Betriebsblindheit ist vermutlich weder ein Zu- noch ein Unfall. Sie ist gewollt, wenn auch vielleicht nicht unbedingt bewusst.

     

    Nein, es gibt keine „Schablone für Extremismus“. Aber es gibt Anhaltspunkte dafür. Von diesen Anhaltspunkten werden hier einige genannt. Die akribische Vorbereitung gewaltsamer Aktionen gehört ebenso dazu, wie der Glaube an die eigene rechtliche Sonderstellung (und sogar an eine Art Erlöserrolle), ein gewisser Autismus, das aller Individualität beraubte Feindbild oder der Versuch, die eigenen Vorstellungen öffentlich zu propagieren.

     

    Auch im Job der „Ermittler“ ist all so was wie Alltag. Es gibt nur einen Unterschied: Die „Ermittler“ sind normalerweise keine „einsamen Wölfe“, keine „losen Kanonen“. Sie sind eingebunden in eine Struktur der Kontrolle und Verantwortung. Wenn sie sich diesen Unterschied ums Ganze nicht täglich neu bewusst machen, könnten sie leicht unsicher werden angesichts solcher Typen wie Breivik oder dem Attentäter von München. Verunsicherte Ermittler aber könnte sich gezwungen sehen, David S. als Irren einzustufen, obwohl er (auch) ein Rechter war. Und zwar aus Gründen der eigenen (Selbst-)Sicherheit.

     

    Wenn S. nicht nur irre wäre, sondern auch ein rechter Extremist, müssten die Ermittler nämlich erklären, was sie (mangels Reflexion) nicht erklären können: Den Unterschied zwischen sich und ihm. Und zweitens müssten sie zugeben, dass ihre Macht Grenzen hat. Sie können zwar S. in den Knast oder in die Psychiatrie bringen, Sicherheit schaffen können sie aber nicht. Es gibt einfach zu viele seines Schlages.

     

    Mag sein, dass es „für die Erinnerungskultur [...] zentral [ist] zu wissen, warum es zu dieser schrecklichen Tat gekommen ist“. Für den Gefühlshaushalt der Ermittler ist es aber zentraler, wenn man es nicht weiß. Deswegen diese Verharmlosung.