Staatsbedienstete in der AfD: Erst im Bundestag rumsauen
Ein Berliner Oberstaatsanwalt hält fremdenfeindliche Reden – und will für die AfD in den Bundestag. Berlins Justizsenator ist alarmiert.
BERLIN TAZ | „Wenn die Blockparteien so weitermachen können wie bisher, dann hat unser Land in 20 Jahren fertig, wir wären wirtschaftlich ruiniert, von einer nicht-deutschen Mehrheit besiedelt und auf dem besten Weg in die islamische Republik.“ So sieht es zumindest Roman Reusch, der mit diesem Satz bei einem Parteitag der AfD Brandenburg Ende Januar auch den sicheren Listenplatz Zwei für die Bundestagswahl errang.
Doch Reusch ist mehr als ein Vertreter einer sich immer weiter radikalisierenden Partei, er ist auch Leitender Oberstaatsanwalt in Berlin, zuständig für die Abschiebung ausländischer Straftäter.
Für Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) ist Reuschs nun bekannt gewordene Rede Anlass, genauer hinzuschauen. Auf Nachfrage teilt die Justizbehörde mit: „Wir beobachten die Presseberichterstattung über Äußerungen, die Herr Reusch im Wahlkampf machen wird, sehr genau. Die Generalstaatsanwaltschaft wird dann bewerten, ob sich Anhaltspunkte für eine Dienstpflichtverletzung ergeben.“
Grundlage für eine Überprüfung ist das Mäßigungsgebot für Beamte, das sich – so steht es im Gesetz – „aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergibt“. Für Juristen gilt dies im besonderen Maße, da einseitige, zugespitzte politische Stellungnahmen, den Bürgern das Gefühl vermitteln können, nicht objektiv beurteilt zu werden.
Keine Marktplatz-Aufttritte
Reusch selbst scheint sich trotz seiner fremdenfeindlichen Rede seiner besonderen Position bewusst. Dem rbb sagte er: „Ich muss bei meinen Äußerungen immer sehr aufpassen, was ich sage, und kann auch nicht allzu sehr aus der Position meines Berufs argumentieren.“ Er könne jetzt nicht „rumrennen und rumsauen“, sondern dies erst dann machen, wenn er in der „Bütt im Bundestag“ stehe. Auf Marktplatz-Auftritte im Wahlkampf wolle er verzichten.
Unter den insgesamt 17 AfD-KandidatInnen, die über die Landesliste oder als Direktkandidaten in den Bezirken für den Bundestag kandidieren, finden sich zwei weitere Staatsbedienstete. Ein möglicher Beobachtungsfall für Justizsenator Behrendt ist Birgit Malsack-Winkemann. Die Richterin am Landgericht Berlin-Charlottenburg ließ sich Anfang März auf Platz Vier der Landesliste wählen. Grenzwertige Äußerungen von ihr sind bislang aber nicht bekannt.
Einen Listenplatz vor ihr steht Götz Frömming, der als Lehrer am Lessing-Gymnasium in Wedding Politikwissenschaften, Geschichte und Deutsch unterrichtet. Zu seinem Anstellungsverhältnis wollte sich die Bildungsverwaltung nicht äußern, teilte aber mit: „Sollte eine Bundestagskandidatur zu einem Mandat führen, so wäre dies mit einem Beamtenstatus bzw. Status als Angestellten des öffentlichen Dienstes nicht vereinbar.“
Leser*innenkommentare
Stefan Mustermann
Welchen Eid leisten Rechtsanwälte, was schwören Richter beim Amtsantritt?
Eid der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte gemäß § 12 a Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO):
"Ich schwöre bei Gott, dem Allmächtigen und Allwissenden, die verfassungsmäßige Ordnung zu wahren und die Pflichten eines Rechtsanwaltes gewissenhaft zu erfüllen, so wahr mir Gott helfe."
Hält Herr Reusch diesen Eid immer und bei jedem Menschen (unabhängig von der Herkunft) ein?
Gesunder Menschenverstand
Es ist manchmal ganz schön hart aber Meinungsfreiheit gilt auch für Menschen mit anderer Meinung.
Und die im letzten Absatz geäußerte These der Bildungsverwaltung ist ziemlich steil. Sollte eine Kündigung seitens der Verwaltung erfolgen hätte Herr Frömming m.E. gute Aussichten vor dem Arbeitsgericht. Und es würde der AfD Publicity ohne Ende bringen (Berufsverbot etc).
Der Alleswisser
...spätestens seit den "Märzgefallenen" von 1933 weiß man: Bildung schützt vor Dummheit nicht. Die AfD wurde bekanntlich als "Professorenpartei" gegründet. Da soll man sich jetzt nicht über andere Staatsbedienstete in dieser Partei wundern...
60440 (Profil gelöscht)
Gast
Echt irre. Bei Leuten wie den rumsauenden Reusch wünscht man sich, die Umvolkung hätte früher - zB. bei seinen Eltern - eingesetzt.