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Expertin über sprachliche Manipulation„Finger weg vom AfD-Wording!“

Rechtspopulisten sind Meister des Framings: Trump und die AfD setzen auf emotionale Geschichten, nicht auf Fakten. Elisabeth Wehling erklärt, wie das geht.

Mut könnte gegen AfD und Trump helfen Foto: Photocase/Birdys
Carolina Schwarz
Interview von Carolina Schwarz

taz: Frau Wehling, Donald Trumps Wahlkampf bestand aus Hetze. Mexikaner, Schwarze oder Frauen – alle wurden von ihm beleidigt. Wieso hat er trotzdem die Wahl gewonnen?

Elisabeth Wehling: Im Vergleich zu Hillary Clinton hat er sprachlich den besseren Wahlkampf gemacht. Er hat eine ganz klare erzkonservative Werte-Kampagne gefahren, während Clinton vornehmlich von Fakten und Programmen gesprochen hat. Wir wissen aus der politischen Verhaltensforschung, dass Menschen Werte wählen – entgegen dem Eigeninteresse und auch wenn sie einzelne Vorhaben eines Kandidaten gar nicht befürworten. Werte macht man über klare und eindringliche Bilder des Miteinanders im Alltag greifbar. Das braucht konkrete, einfache Sprache. Trump hat solch eine einfache Sprache benutzt und hat sich über 18 Monate stringent an erzkonservative Werte gehalten – er ist ein Meister des Framings.

Was genau versteht man unter Framing?

Frames sind gedankliche Deutungsrahmen, innerhalb derer wir Fakten verarbeiten. Im Jahr 2015 sind eine Million Geflüchtete nach Deutschland gekommen. Das kann man beispielsweise als Bedrohung oder Chance einordnen. Die Fakten haben ja nie eine Bedeutung an und für sich, sondern wir müssen sie interpretativ einordnen. Das erleben wir nicht nur in der Politik, sondern auch im Alltag. Seinen eigenen Blickwinkel auf die Welt zu kommunizieren, das ist, kurz gefasst, Framing.

Sie befassen sich in Ihrer Forschung mit Gehirnvorgängen und wie sie unsere Meinungsbildung beeinflussen. Was geht in unserem Kopf vor, wenn wir bestimmte Wörter hören?

Jedes Wort hat eine Bedeutung über seinen Wortlaut hinaus. Wenn wir ein Wort lesen, wird eine Reihe von Konzepten aufgrund unserer Welterfahrung mit mobilisiert. Unser Gehirn verfügt über ganze Vorratslager abgespeicherten Wissens. Gerüche, Erinnerungen und Gefühle werden aktiviert, um Worte zu begreifen. Bei unserer Forschung arbeiten wir mit Experimenten und Befragungen, aber auch mit Hirnscans. Die Personen werden dann in ein Gehirnscan gelegt und da kann gesehen werden, was das Gehirn macht, wenn wir ein bestimmtes Wort hören: Plant das Gehirn Bewegungen, bekommt es Angst oder empfindet es Freude.

Bild: privat
Im Interview: Elisabeth Wehling

geb. 1981, forscht an der UC Berkeley. „Politisches Framing: Wie eine Nation sich ihr Denken einredet – und daraus Politik macht“, 2016.

Wie hat Trump das Framing in seinem Wahlkampf genutzt?

Ein Framing, das Trump nutzte, war die Idee, die USA befänden sich in Todesgefahr. Er sagte, die Wirtschaft blute aus, Mexikaner pumpten Gift in den amerikanischen Blutkreislauf, das Land sei blutarm und schwächele. Er machte das Land als Person begreifbar und malte dann in schrillen Farben die Geschichte schlimmer Gesundheitsgefährdungen bis hin zum Tod. Damit versetzte er die Amerikaner in Alarmbereitschaft. Und wir wissen aus empirischen Untersuchungen, dass genau solche Framings Menschen dazu bringen, sich stärker gegen Migration auszusprechen.

Das heißt: Framing beeinflusst unsere Wahlentscheidung?

Ja, es gibt viel Forschung dazu, welche Lebenserfahrungen und Werte Framings langfristig im Denken der Menschen festigen, die dann eher konservativer oder progressiver Politik zugute kommen. Wir haben das in unserer Forschung am jetzigen US-Wahlkampf getestet. Knapp 30 Prozent der Wähler sind ideologisch streng und wussten, dass sie Trump wählen. 30 Prozent sind ideologisch fürsorglich und wollten Clinton wählen. Die anderen sind bikonzeptuelle Wähler, die sich von Framings von links oder rechts ansprechen lassen.

Ideologisch streng und ideologisch fürsorglich. Was bedeutet das?

Das sind Termini aus der Ideologieforschung. Das strenge und fürsorgliche Weltbild hat jeweils 35 Unterpunkte. Beim strengen geht es um Werte wie Disziplin, Bestrafung und Belohnung, Sozialdarwinismus oder starke männliche Autoritäten. Zu den fürsorglichen Werten zählen: Empathie, Kooperation, soziale Fürsorge, individuelle Befähigung und Schutz vor Schaden.

Und die bikonzeptuellen Wähler fühlen sich von beiden Wertesystem angesprochen?

Genau, damit gehören sie zu den entscheidenden Wählerstimmen. Wir haben uns in unserer Forschung dann diese Probanden genommen und ihnen faktische Argumente gegeben, gegen Trump: „Experten sagen, dass die Arbeitslosenzahlen unter Trump in den nächsten 10 Jahren in die Höhe schießen werden.“ Faktisch und programmatische Argumente. Doch das hat sie nicht bewegt, weder hin oder weg von Trump. Dann haben wir ihnen wertebasierte Argumente gegeben: „Experten sagen, dass Trump genau der strenge Vater ist, den unsere Nation jetzt braucht.“ Und die Probanden sind alle nach rechts geschlittert zu Trump.

Es geht also nur noch um Werte und nicht um Fakten. Leben wir also wirklich in einem „postfaktischen Zeitalter“?

Framing wird oft missverstanden als Emotionen versus Fakten. Doch Framing bedeutet, die unterschiedlichen ideologischen Perspektiven, die wir auf Fakten einnehmen, wahrnehmbar zu machen. Den Parteien liegen die gleichen Fakten vor, doch sie leiten unterschiedliche Handlungsvorschläge aus ihnen ab. Die moralische Dringlichkeit von Fakten aus der eigenen Ideologie heraus fassbar zu machen – das ist Framing. Man kann also nicht sagen: Jetzt ist alles postfaktisch – es geht nur noch um Emotionen. Sicher sind Emotionen bei der politischen Entscheidungsfindung beteiligt. Es wäre ja auch naiv zu glauben, dass in der Politik auf einmal alle Emotionen ausgeschaltet sind. Aber das Tragende, das haben wir herausgefunden, sind weder Fakten noch Emotionen, sondern es ist die Ideologie. Der Mensch orientiert sich in seiner Wahlentscheidung nach Werten.

Gibt es unter den Parteien in Deutschland ein solches Framing, wie Trump es nutzt?

Ja, beispielsweise bei der AfD. Ein zentraler Frame der AfD ist die Geschichte von der Diktatur der Eliten: die Demokratie läge am Boden, die Lügenpresse führe das Volk in die Irre, die sogenannten Altparteien seien bürgerfern. Was hier natürlich völlig unter den Tisch gekehrt wird, und zwar sowohl sprachlich als auch gedanklich, ist die Tatsache, dass alle sogenannten etablierten Politiker von den Bürgern demokratisch in ihre jeweiligen Positionen hineingewählt wurden, direkt oder indirekt. Nun, der Diktatur-Frame hat kognitive Zugkraft, die Geschichte von Ungerechtigkeit und Unterdrückung funktioniert einfach.

Trump und AfD. Das sind alles Beispiele aus dem rechten Spektrum. Ist es einfacher, rechtspopulistisch zu framen, als links oder für die politische Mitte?

Nein, das ist ein Mythos. Ich höre sehr oft, gegen die Rechtspopulisten komme man nicht an, denn ihre Antworten seien einfacher. Hochkomplexe Inhalte, wie die der demokratischen Parteien, seien nicht einfach zu framen. Doch viele der großen Parteien machen ihre Hausaufgaben schlichtweg nicht, sie geben sich nicht genügend Mühe mit der Sprache. Beispiele für gelungenes Framing aus dem linken Lager gibt es viele, etwa Barack Obamas Wahlkampf 2008.

Angesichts der Vorbereitung auf den Wahlkampf für die Bundestagswahl 2017: Was können die großen Parteien denn noch lernen? Sollen sie bei der AfD abgucken?

Ich würde es keinem demokratischen Politiker raten, wie eine AfD zu kommunizieren. Lügen, verfälschte Fakten und Hass gehören nicht in die menschlich verantwortungsvolle Politik. Demokratische und progressive Geschichten sollten erzählt werden, mit Frames von Empathie, Miteinander, Nächstenliebe, gegenseitiger Befähigung und Schutz. Dass die funktionieren, hat die Popkultur mit Filmen, Büchern und Theaterstücken, die auf diesen Werten basieren, immer wieder gezeigt. Die Parteien müssen sich mal hinsetzen und die moralischen Prämissen ihrer Politik punktgenau klären und sprachlich durchdeklinieren.

Doch wie kann man gegen die AfD vorgehen? Lohnt es sich, ihr Framing als hetzerisch und rassistisch zu entlarven?

Die Frames der Gegner aufzugreifen, führt zu nichts. Durch die Erwähnung eines Frames, unabhängig ob bejahend oder verneinend, wird dieses immer wieder aktiviert. Das ist dann kostenloser Wahlkampf für die anderen. Das Entlarven kann ein zweiter oder dritter Schritt sein. Positive Umdeutungen oder ein Spiel mit Worten ist möglich. Aber ich sage immer: Wenn man ein großes politisches Anliegen hat, dann ist es am besten, nicht an etwas Altem herumzubasteln, sondern was wirklich Neues auf den Tisch zu legen.

Was sollte denn nun der erste Schritt sein?

Es ist wichtig, eine klare, eigene Geschichte zu erzählen. Da können wir aus dem US-Wahlkampf viel lernen. Hillary Clinton hat ihre Kampagne damit verbracht, zu sagen, warum Donald Trump so schlimm ist. Doch man gewinnt keinen Wahlkampf damit, zu sagen: Ich bin nicht der andere. In Deutschland heißt das: Finger weg vom AfD-Wording! Nicht ihre Slogans aufgreifen und auseinandernehmen. Sondern eigene Werte betonen und die tatsächlich empfundene Sorge und Empörung über den Rechtspopulismus in klare Worte fassen. Es braucht ein Framing von sich und vom Gegner statt einer Diskussion der Frames des Gegners.

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25 Kommentare

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  • Nun haltet mal den Ball flach.

    Es geht doch gar nicht um sprachliche

    Begriffsstutzereien.

    Es geht um die Sache.

    Warum ist denn die Alternative so stark.

    U.a. ist sie es, weil eine Menge Leute die Nase von der Politik von Altparteien gestrichen voll haben.

    Weiter, weil Teile der Presse bei der Berichterstattung nicht mehr im Sinne der Recherchen/Publikationsgrundsätzender 7 journalistischen "wes" berichtet haben.

    Weil sie auch das poliitsche Imperatorengehabe der EU, der vielen Rechtsbrüchen, Rechtsbeugungen nicht mehr wollen.

    Jährlich mehrmals werden Sparer durch die EZB, durch Draghi, welcher zuvor Leiter einer dubiosen Wertpapierabteilung bei Goldmann/Sachs gewesen ist und u.a. in Rockefellerkreisen verkehrt, enteignet wird. Keine Regierung kam bis dato auf die Idee, den Sparern einen Ausgleich zu bezahlen.

    Ein großes Problem bereitet die Völkereinwanderung mit ennormen Kosten für die Steuerzahler, auch nachfolgender Generationen von mind. 100 Milliarden Euro jährlich ohne Familienzuzug.

    Viele wollen bzw. sind bereits ausgewandert, in Nicht-EU-Länder.

    Habe den Test bei Freunden, Bekannten, Arbeitskollegen, auch Menschen a.d. Straße befragt.

    Von 100 Befragten wollen ca. 75 % 2017 anders, besser wählen und den Altparteien die Quittung für eine desolate Politik zu geben.

    Packen wir es an, es gibt viel zu tun.

    • @P-et-r-a:

      "Nun haltet mal den Ball flach." (Zitat: Petra)

      Ball flach halten? Wieso?

      Hier wird ein hochinteressantes und sehr aktuelles Thema angeschnitten, welches es sich durchaus lohnt einmal näher zu betrachten.

      Dass die von Ihnen angebotenen rationalen Erklärungsmuster nicht mehr dienlich sind das Problem zu bewältigen liegt ja wohl nun schon eine geraume Weile auf der Hand - und zwar völlig unabhängig von deren Richtigkeit. Sie erreichen nämlich die Menschen nicht mehr. Und dann braucht es ja wohl andere "Medizin" für den "Patienten".

      Es lohnt sich tatsächlich sich mit dem Thema einmal tiefer zu beschäftigen anstatt zu betteln den "Ball flach zu halten", weil man nicht mehr an ihn rankommt.

      Und dazu ein Literaturtip zur Förderung des "Sprungvermögens": Sebastian Hermann, 'Starrköpfe überzeugen', 'Psychotricks für den Umgang mit Verschwörungstheoretikern, Fundamentalisten, Partnern und Ihrem Chef', Rowohlt-Verlag.

      Danach tun sich tatsächlich neue Sichtweisen und Ansätze auf.

  • Wehling :"Doch Framing bedeutet, die unterschiedlichen ideologischen Perspektiven, die wir auf Fakten einnehmen, wahrnehmbar zu machen. Den Parteien liegen die gleichen Fakten vor, doch sie leiten unterschiedliche Handlungsvorschläge aus ihnen ab. Die moralische Dringlichkeit von Fakten aus der eigenen Ideologie heraus fassbar zu machen – das ist Framing. ... Sicher sind Emotionen bei der politischen Entscheidungsfindung beteiligt. ....Aber das Tragende, das haben wir herausgefunden, sind weder Fakten noch Emotionen, sondern es ist die Ideologie. Der Mensch orientiert sich in seiner Wahlentscheidung nach Werten."

    Das wahltaktische Problem der "kapitalistischen Koalition" von Grün bis CSU sähe hiernach so aus :

    Welche kapitalistisch bedingten u/o strukturierten Fakten können aus der Ideologie der Vorbezeichneten heraus mit wertebezogener "moralischer Dringlichkeit" verbunden werden - ohne allzu offen als k o n t r a-faktisch aufzufallen ?

    Das wird eine zunehmend schwer zu lösende Aufgabe sein .

  • "Trump hat solch eine einfache Sprache benutzt und hat sich über 18 Monate stringent an erzkonservative Werte gehalten".

     

    Da hab ich wohl die ganzen Jahre nur gar nicht recht begriffen, was "erzkonservative Werte" so alles beinhaltet.

  • Mit Framing und Geschichtenerzählen ("es geht uns doch so gut...; Empathie, Nächstenliebe") wird man 2017 nicht durchkommen. Mehr Naivität geht nicht.

    Es verfängt auch nicht mehr, die widerwillgen Bürger ins "betreute Denken" und die rechte Ecke zu stecken. Alle Folgen der nach wie vor offenen Grenzen (wie allein in den letzten Tagen Freiburg, Bochum, Hameln, Kreuzberg, Kiel; Tote im Mittelmmer; Situation in Italien und GR), das Dauerklatschen der duracell-Häschen in Essen, auch Herr Schulz ("was uns die Flüchtlinge bringen ist wertvoller als Gold") ist Wahlwerbung für die AfD. Diese Partei muß gar nichts machen...

    Es sei denn, die bisherige Politik ändert sich grundlegend.

  • 3G
    35751 (Profil gelöscht)

    Mal ganz postfaktisch ausgedrückt, erscheinen mir die Ausführungen über das Framing durchaus plausibel, greifen jedoch zur Erklärung des Erfolgs einer internationalen neu-rechten Bewegung zu kurz und kommen zu einem falschen, wenn nicht gar fatalen Schluss.

    Zu kurz greift dieser Ansatz (zumindest hier im Interview), weil er sich nahezu ausschließlich mit den potentiellen Trump-Wählern befasst, nicht jedoch die postfaktische Problematik der anderen Seite, vor allem jener der angesprochenen Eliten thematisiert, auf deren Seite sich Frau Wehling (unbewusst?) schlägt und eine klare Empfehlung ausspricht, wie man dieses System stabilisiert, das durch eine Schieflage, die rund 20% der Bürger zu ausgegrenzten Verlierern und so eine AfD erst möglich macht.

    Zitat aus dem Interview: "Plant das Gehirn Bewegungen, bekommt es Angst oder empfindet es Freude."

    Die Lösung des Problem könnte ja vielleicht auch darin liegen, jene Faktoren, die Angst machen, weil sie politisch auch als Druckmittel eingesetzt werden (Hartz IV, Leistungsdruck, Reduzierung des Menschen auf seinen ökonomischen Wert), zu reduzieren. Denn diese stille kapitalistische Koalition, die von Grüne und SPD (ja eigentlich links und sozial), bis hin zur CSU (wertkonservativ mit sozialen Grundwerten) reicht, stellt eben keine Alternative für die Verlierer dieser Politik dar. Ohne Angst, auf dem Wohnungsmarkt und dem Niedriglohnsektor in Konkurrenz zu den Flüchtlingen zu stehen, kann das Hirn dann vielleicht auch mit Freude registrieren, dass diese tatsächlich auch eine gesellschaftliche Bereicherung sein könnten.

    • @35751 (Profil gelöscht):

      Genauso! Wie soll aufgrund dieser neoliberalen Fesseln noch eine plausibel gute Geschichte erzählbar werden. Die "Fakten" der Erzähler sind wegen der Unvollständigkeit ja schon lange postfaktisch. Man ignoriert einfach den Niedriglohnsektor, die tatsächlichen Arbeitslosenzahlen, die steigenden Lebenshaltungskosten und die zunehmende Verarmung. Postfaktisch ist ein Umstand, der nicht erst von den Neurechten initiiert wurde.

      • @lions:

        Nee, liebe Anamolie, Sie haben die Sache mit dem Geschichten erzählen definitiv noch nicht verstanden, wenn Sie von einem Geschichtenerzähler "Fakten" verlangen. Ein guter Geschichtenerzähler wird Ihnen aus gutem Grund keine Fakten erzählen, sondern eben eine Geschichte. Daher auch seine Bezeichnung.

        Ich habe dies selbst einmal im Rahmen einer Parteiveranstaltung erlebt. Da trat zuerst eine Rednerin auf, die beeindruckend eine endlose Kette an sicherlich richtigen Fakten aneinander reihte um ihre Sichtweise der politischen Großwetterlage zu begründen.

        Danach folgte ein Redner, der heute als einer der besten deutschen Rhetoriker gilt. Er brache eigentlich die selben Inhalte in Form von nachvollziehbaren lebendigen Geschichten zum Tragen.

        Am nächsten Tag folgte dann die Erkenntnis: Wessen Inhalte blieben im Gedächtnis haften, zeigten also Nachwirkung?

        Nee, es waren nicht die kalten Fakten, sondern die Geschichten. Und das liegt daran, dass mein Gedächtnis auch nicht anders funktioniert als das von Jedermann/frau.

        Fakten kann man pauken, auswendig lernen und sie bleiben auch auswendig, gehen nicht in die Tiefe, berühren die Emotionen von Menschen wenig. Geschichten dagegen tun das schon. Sowas merkt man sich. Faktenhuberei ist dagegen in der Überzeugungsarbeit ziemlich fruchtlose Mühe.

        Ich empfehle gerne noch mal ein wertvolles Buch zum Thema: Sebastan Hermann, Starrköpfe überzeugen, Rowolth-Verlag.

  • Manipulation (beispielsweise ständige Kinderfotos bei Artikeln über Asylbewerber) ist doch eigentlich die große Taktik von CDUSPDGrünFDP und en dieser Einheitspartei angeschlossenen Zeitungen und Fernsehsender. Deshalb hat sich unter der Bevölkerung ja gerade der Begriff "Lügenpresse" herausgebildet.

     

    Völlig übesehen wird auch, dass Hillary ja gerade die Kandidatin von CNN und der Washington Post war

  • Populisten warten nicht darauf, mit Lügen und leeren Versprechungen gegen Argumente und Fakten antreten zu können. Sie ergreifen ihre Chancen, indem sie auf Argumente und die zunehmend desaströs geratene Faktenlage (Krisen, Konflikte) reagieren. Für den Erfolg des Populismus sind letztlich wir verantwortlich, indem wir passende Fakten und eben doch leere Argumente liefern. Das wiederum mündet nicht in die erfolgreiche Politik der Aufklärung und Aufarbeitung, sondern in einen Ideologiekrieg, zu dem ich bereits hier warnend den Finger in die Wunde lege.

    "Wenn man ein großes politisches Anliegen hat, dann ist es am besten, nicht an etwas Altem herumzubasteln, sondern was wirklich Neues auf den Tisch zu legen." Der Artikel liegt nicht fern vom Problem. Soeben fordert die deutsche Regierungschefin Kreisverbände dazu auf, christliche Lieder zu singen. Besser kann man nicht unterstreichen, daß die Tage der Populisten lange nicht gezählt sind. Der Ansatz der uns ab sofort am meisten bewegen sollte ist, wann werden wir wirklich etwas Neues auf den Tisch legen. Wann gelingt uns das, und weiter, warum gelingt das jetzt nicht.

  • "Demokratische und progressive Geschichten sollten erzählt werden, mit Frames von Empathie, Miteinander, Nächstenliebe, gegenseitiger Befähigung und Schutz."

     

    Wie will man glaubhaft eine Geschichte erzählen, wenn eben die der jüngeren Vergangenheit von den Wechselwählern eben als nicht so positiv aus der Erinnerung bewertet wird. Der Geschichtenerzähler steht als Lügner da. Die Deutungshoheit von einer besseren Welt hat nun mal der, der als unverbraucht gilt und nicht dahingehend von der Vergangenheit belastet ist. Bspw Trump ist eigentlich nicht für die auch schon belasteten Republikaner angetreten, deshalb war es sehr schlau von ihm, während des Wahlkampfes zu den Parteifreunden Abstand zu halten. Wenn die AfD davon lernte, sich wenn auch nur oberflächlich, von den Altlasten der Nazi-Ideologie zu distanzieren, sie würde durch die Decke gehen. Hoffentlich halten diese sich den Dreck noch eine Weile an der Backe.

    Der wird gewinnen, der als frisch und unverbraucht gilt, wenn´s überall schon qualmt, mag er noch so anrüchig sein.

  • Zitat: Ein Framing, das Trump nutzte, war die Idee, die USA befänden sich in Todesgefahr. .-malte dann in schrillen Farben die Geschichte schlimmer Gesundheitsgefährdungen bis hin zum Tod. Damit versetzte er die Amerikaner in Alarmbereitschaft. Zitat Ende Laut einem Artikel des "Atlantic" vom November 2015 sinkt die Mortalität Erwachsener zwischen 45 und 54 Jahren in allen westlichen Industrieländern jährlich um 2%. Nur in einem einzigen Land der Welt steigt sie wieder an: bei weissen Amerikanern seit 1998 jährlich um 0,1%. Wenn der ATLANTIC seinen Artikel überschreibt: "Middle-Aged white Americans are dying of despair" (Weisse Amerikaner mittleren Alters sterben an/aus Verzweiflung), dann würde ich mir auch überlegen: "Wer hat mich in diese Situation gebracht und warum soll ich davon ausgehen, dass derjenige/diejenige mich da wieder herausbringen will oder kann". Mir scheint, da ist kein Trumpsches "Framing" nötig. Diese Gefahr ist ganz konkret und die Täter sind auch ganz schnell identifiziert: das sogenannte "System". Also wähle ich ganz klar jeden/jede, der/die nicht 100% in diesem System sozialisiert ist. Wer fällt einem da ein, ausser Trump? https://is.gd/xDkCXI

  • Welch ein Quark. Wir müsen Geschichten erzählen. Tut ihr doch die ganze Zeit. Politik für die reiche Minderheit und ansonsten PR.

     

    Wie wärs damit: einfach mal Politik für die Mehrheit machen, nur so als Idee.

     

    Perspektiven, Planungssicherheit, Schutz gegenüber Konzernen, Verbesserungen im Alltag, die Möglichkeit, auf die eigenen Rahmenbedingungen Einfluss zu nehmen, daran haperts für die Mehrheit.

     

    - Direkte Demokratie. Volksabstimmungen auf allen Ebenen. Dann geht es nicht mehr primär darum, wie sich irgendwelche Clowns in Szene setzen.

     

    - Abschaffung der Leiharbeit

     

    - Deckelung des Einkommensverhältnisses zwischen Management und Arbeitern auf sagen wir, für den Anfang, 20:1

     

    - Verträge, die zur Abwechslung auch die Herrschenden in de Pflicht nehmen. Im Vertragsrecht gibt es das Konzept, dass beide Seiten ein Sonderkündigungsrecht haben, wenn die andere Seite den Vertrag nicht erfüllt. Einige Erleuchtete wollten NAFTA? Und versprechen 100000 Arbeitsplätze? Na dann rein damit in den Vertrag. Und wenn die 100000 Arbeitsplätze nicht entstehen, sondern 100000 wegfallen, dann Ende mit NAFTA, und nicht erst 20 Jahre später. Einfach.

     

    - Volksabstimmung über Kriegsbeteiligung

     

    - Volksabstimmung über Bankenrettung

     

    - Verhökern staatl. Infrastruktur wie Autobahnen? Abstimmen

     

    - Vermögenssteuer? Abstimmen

     

    - Abschaffung der legalen Steuerhinterziehung für Konzerne

     

    Und auf einmal können wir uns wieder mit konkreten Themen beschäftigen und nicht mit PR.

     

    Und auf einmal ist wieder Geld da, um Straßen oder Schulen instandzusetzen. Und genug, um die jahrzehntelang geplünderte Rentenkasse wieder aufzufüllen. Dann brauchen wir uns auch die ganzen Lügen in dem Bereich nicht mehr anzuhören.

    • @uvw:

      "(...) einfach mal Politik für die Mehrheit machen (...)" (Zitat: UVW)

      Einem großen Teil Ihrer Forderungen würde ich ja zustimmen. Aber, sagen Sie mal, haben Sie wirklich noch nicht gemerkt dass es keine Mehrheiten mehr gibt, in unserer zutiefst gespaltenen und zersplitterten Partikulargesellschaft?

    • @uvw:

      Ja prima. Genau. Applaus.

  • Ein Interview also mit der „Sprach- und Kognitionswissenschaftlerin Elisabeth Wehling“ – das sie das ist, habe ich allerdings erst durch die Konsultation der Suchmaschine gelernt, denn die taz erklärt hier ja nicht weiter, warum genau diese Frau zu genau diesem Thema überhaupt befragt wurde. Das nur vorweg.

     

    Mal abgesehen von den „bikonzeptuellen“ Wählern (ein wahrhaft aufgepumpter Begriff), was ist das auch ansonsten stellenweise für ein Geschwurbel:

     

    „Knapp 30 Prozent der Wähler sind ideologisch streng und wussten, dass sie Trump wählen. 30 Prozent sind ideologisch fürsorglich und wollten Clinton wählen. Die anderen sind bikonzeptuelle Wähler, die sich von Framings von links oder rechts ansprechen lassen.“

     

    Anstatt einfach den schlichten Fakt zu konstatieren (vorausgesetzt, er stimmt), das nach Ansicht Wehlings jeweils 30 % der jeweiligen Wähler/innen von vornherein auf ihren Kandidaten bzw. ihre Kandidatin festgelegt waren, wird hier eine „strenge“ (ogottogott) und eine „fürsorgliche“ (uff, gottseidank) Ideologie eingeführt. ) Wäre ich der befragende Journalist gewesen, hätte ich zumindest mal nachgehakt, worin eigentlich der wissenschaftliche Unterschied zwischen einer „fürsorglichen“ und einer „strengen“ Ideologie besteht (ich persönlich finde ideologische Entscheidungen ja generell bedenklich, aber sei’s drum).

     

    Noch besser wäre eventuell die Frage gewesen, warum man als Sprach- und Kognitionswissenschaftlerin solche vollkommen bescheuerten Begriffe überhaupt erfinden muss.

    • @Matthias:

      Nun seien Sie doch nicht gar so böse zu der Dame. Sie findet so tolle "neue" Begriffe wie framing oder wording einfach hip und wenn sie noch was werden will, muß sie Neues bringen, wie sie selber sagt. Und, wir haben doch durch die wunderbare und hochkompetente Gesellschaft für Deutsche Sprache gelern, dass wir im Zeitalter des "Postfaktischen" leben, wofür benötigt dann eine "Kognitionswissenschaftlerin" noch Tatsachen?

      • @Jürgen Matoni:

        Kann es sein, dass sich hinter Ihrem Zynismus auch nur die Angst vor dem Neuen verbirgt? Eine Angst nicht mithalten zu können, den Anschluß zu verpassen, zurück gelassen zu werden? Times are changeing, gell...

  • Also schon wieder gibt es Argumente und Fakten,

     

    dass die Politik der AfD allein auf Worten bzw. leeren Versprechungen und Angstmacherei basiert, ohne jegliche Fakten und Beweise.

  • Mich nervt ja dieses verstrahlte NLP Gerede. Wir müssen mal über den Zustand unserer Welt, nicht ihr Branding reden.

     

    "Im Jahr 2015 sind eine Million Geflüchtete nach Deutschland gekommen. Das kann man beispielsweise als Bedrohung oder Chance einordnen."

     

    Als ob wir diese Diskussion nicht gehabt hätten! Bis zum: "Hurra, dass Du geflüchtet bist." und den absurden Fachkräftegeschichten, die uns die Rechten heute noch um die Ohren schlagen. Solche Verzerrungen lassen sich nicht lange durchhalten und fallen einem dann auf die Nase.

     

    Hillary Clinton hat überhaupt nichts falsch gemacht. Sie ist nach den Regeln der Kunst vorgegangen. Die Leute wollten den Rabauken. Das ist Demokratie.

  • 3G
    32795 (Profil gelöscht)

    "Knapp 30 Prozent der Wähler sind ideologisch streng und wussten, dass sie Trump wählen. 30 Prozent sind ideologisch fürsorglich und wollten Clinton wählen. Die anderen sind bikonzeptuelle Wähler, die sich von Framings von links oder rechts ansprechen lassen."

     

    Es wäre schon einmal ein Fortschritt dies überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Der Feldzug gegen alles Konservative ist ein Irrweg, das führt zu nichts.

  • 1G
    10236 (Profil gelöscht)

    Jenseits von den semantischen Verrenkungen des Interviews kann man kurz sagen, dass Trump einfach den Wunsch nach Wechsel befriedigt hatte. Vor allem, und das spricht eindeutig für sein politisches Instinkt, hatte er gesehen,dass es die Stimmung gibt. Jedenfalls außerhalb von New York und kalifornischer Küste.

     

    Als Kandidat des Wechsels stand er für negative Diagnose des Ist-Zustandes und eine Perspektive, die sich in seinem Slogan widerspiegelte. Und wem "Make America Great Again" platt erscheint, der sei erinnert an z.B. die WAhl von 1992, wo Clinton (Bill;) nicht weniger als "new covenant" für die USA versprochen hatte.

     

    Die einzige Chance, die Hillary Clinton hätte, wäre die Flucht nach vorne - weg von dem demokratischen Programm, der einem moderaten Republikanismus gleicht, weg von den 8 Obama-Jahren, weg von NAFTA und TTP. DAs wollte und konnte sie wohl auch nicht und hat sich stattdessen auf moderate Republikanerwähler und ihr Geschlecht verlassen. Sie hat den Wähler nichts angeboten, sondern hat sogar mit ihrem Wahlslogan versucht, sie zu vereinnahmen.

    • 6G
      60440 (Profil gelöscht)
      @10236 (Profil gelöscht):

      Der Stimmenvorsprung Clintons soll 2,7 Millionen betragen. Einen solchen Vorsprucng des unterlegenen Kandidaten gegenüber dem president elecct gabs noch nie. Bei Al Gore betrug er 550.000. Sieht so ein Wechsel aus ? Und könnte es nicht sein, dass die Stimmung der nicht gehörten Mehrheit zum Problem wird ? So von wegen "one man one vote" ...

      • 1G
        10236 (Profil gelöscht)
        @60440 (Profil gelöscht):

        Es ist sicherlich bedenklich, wenn ein gewählter Präsident nicht den popular vote gewonnen hat. Kommt auch so oft nicht vor (1824, 1876, 1888, 2000, 2016).

         

        Es wird aber immer *nach* der Wahl von der so vom Wahlsystem "ungerecht" behandelten Partei als Argument gebracht. Nie dazwischen, nie davor. Warum? Weil bei einer staatsübergreifender Bedeutung der Wählerstimmen (Stimme in Kalifornien "kämpft" gegen eine in North Dakota), wo dazu auch jede Stimme zählt, auch die Frage von staatsübergreifender Wähleridentifizierung (Voter-ID) aufkommen würde. Ein eindeutig republikanisches Anliegen.

         

        Zu "one man one vote": habe wir z.B. im Europaparlament auch nicht:

        https://de.statista.com/statistik/daten/studie/12295/umfrage/einwohner-je-abgeordneten-im-eu-parlament/

         

        Da sind die Unterschiede in den USA noch realtiv gering:

        http://3.bp.blogspot.com/-dzQuQBiIjqg/UJnCKyHardI/AAAAAAAAALY/GFVSE49ftIA/s1600/votes.png

      • @60440 (Profil gelöscht):

        Die USA sind keine direkte Demokratie. Das haben alle vorher gewusst. Von daher braucht sich niemand zu beschweren, wenn genau nach diesem System gehandelt wird.

        Theoretisch ist die Sache sogar viel extremer. De facto haben die Wähler in Staaten, die bombensichere Mehrheiten für eine der Parteien haben, gar keine Stimme...

         

        @Jaroslaw Majchrzyk: Exakt richtig. Ich würde so weit gehen, zu sagen, Trump hat aus demselben Grund gewonnen wie Obama -> Change!

         

        Die Demokraten haben es einfach verkackt, ihren Kandidaten für den "Change" aufzstellen, bzw. haben aktiv daran mitgearbeitet ihn zu verhindern...

         

        Mit der Botschaft "Alles bleibt wie es ist!" kann man eben nur in Deutschland Wahlen gewinnen ;-)

        Und in gewisser Weise ist das irgendwie positiv...