Kommentar Parlamentswahl Kroatien: Jetzt kommt es auf die Kleinen an
Für die Linke in Kroatien ist das Wahlergebnis eine kräftige Backpfeife. Das Land wird aber auf Europa ausgerichtet bleiben.
W er den Wahlerfolg der konservativ-nationalistischen HDZ für einen Orban-Effekt hält, täuscht sich. Das wäre nur dann der Fall gewesen, wenn der ehemalige Parteichef nicht wegen Korruptionsverdacht zurückgetreten wäre. Doch die HDZ trat mit dem 46-jährigen Europapolitiker Andrej Plenkovic an. Kroatien wird deshalb weiterhin auf Europa ausgerichtet sein.
Für die Linke in Kroatien sind die Wahlen gleichzeitig eine kräftige Backpfeife. Die geringe Wahlbeteiligung spielt beim Wahlsieg der HDZ zwar sicherlich eine Rolle – die wahlmüde Bevölkerung in den Städten ist schwerer zu mobilisieren als jene auf dem flachen Lande. Das Linksbündnis hat es aber vor allem nicht verstanden, eine tragfähige Vision für die Zukunft des Landes zu entwickeln.
Jetzt ist also die HDZ wieder am Zug. Doch sie kann nicht allein regieren und muss Koalitionspartner finden. Der bisherige Partner Most (Brücke) wird kaum willig sein. Denn er war es, der letzte Regierung platzen ließ, weil sie keine ihrer umfassenden Reformvorschläge gegen die HDZ durchsetzen konnte.
Zwar hat auch Most an Glanz und Stimmen verloren. Doch ohne die von Kommunalpolitikern getragene Protestpartei ist eine Regierungsbildung nicht möglich. Most könnte sich sogar den angeschlagenen Sozialdemokraten als Bündnispartnerin anbiedern und versuchen, ihre durchaus vernünftigen Vorschläge zur Modernisierung des Landes umzusetzen.
Da sich die aus einer sozialen Protestbewegung hervorgegangene Partei Zivi Zid (Lebende Mauer) erstaunlich gut geschlagen hat und einige Kleinparteien nach links tendieren, kommt es auf die Stimmen der Minderheiten, also vor allem auf die der Serben an, wie die neue Regierung aussieht. Alles in allem sieht es leider nicht nach einer stabilen politischen Lage in Kroatien aus.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!