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Sozialdemokraten und FreihandelSPD meutert gegen Ceta

Der Parteilinke Miersch empfiehlt, gegen das EU-Abkommen mit Kanada zu stimmen. Damit bringt er Obergenosse Gabriel in die Bredouille.

Anti-Freihandelsdemonstration vor der Berliner SPD-Zentrale Foto: imago/Christian Ditsch

Berlin taz | Die SPD zerlegt sich weiter wegen Ceta. Einen Monat vor dem SPD-Parteikonvent, der über das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada entscheiden soll, bekommen die Gegner des Abkommens weiter Rückenwind. Der Sprecher der parlamentarischen SPD-Linken und Jurist Matthias Miersch kommt nach Lektüre des 500 Seiten dicken Vertrags zu dem Fazit, dass Ceta „die von Parteitag und Parteikonvent gezogenen roten Linien in zentralen Punkten“ nicht einhalte. „Aus meiner Sicht kann kein sozialdemokratisches Mitglied eines Parlaments diesem Abkommen in der vorliegenden Fassung zustimmen“, schreibt Miersch.

Damit wird wahrscheinlicher, dass der kleine Parteitag am 19. September in Wolfsburg Ceta abschmettert. Dabei gilt es als Blaupause für den noch umstritteneren Vertrag mit den USA, TTIP. Von Ceta hängt womöglich auch die politische Zukunft von Parteichef und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel ab. Wenn die Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern am 4. September und Berlin am 18. September für die SPD schiefgehen und dann Ceta gegen Gabriels erklärten Willen in Wolfsburg floppt, ist sein Anspruch auf die Kanzlerkandidatur kaum noch durchzusetzen.

„Wir führen Politik ad absurdum, wenn sachliche Kritik sofort mit der Frage verknüpft wird, Gabriel ja oder nein“, sagt Miersch zur taz. Und übt in seiner Analyse Fundamentalopposition an entscheidenden Teilen des Abkommens.

Beispiel Investitionsschutz. Auf Drängen Gabriels und der EU-Kommission hatte sich die neue kanadische Regierung unter Premier Justin Trudeau dazu bereit erklärt, den bereits fertigen Text neu zu verhandeln. Aus den von vielen als intransparent empfundenen privaten Schiedsgerichten, vor denen Konzerne Staaten verklagen können, wenn deren Entscheidungen Gewinne schmälern, wurde so ein öffentlicher Schiedsgerichtshof mit Berufungsmöglichkeit.

Investitionsschutz umstritten

Dennoch empfiehlt Miersch, den Investitionsschutz „gänzlich“ aus Ceta „zu streichen“. Dass ausländische Konzerne laut Vertrag eine „gerechte und billige Behandlung“ genießen sollen, könnten diese dazu nutzen, das Gesetzgebungsrecht von Staaten einzuschränken. Bernd Lange, auch in der SPD und Chef des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, war in seiner Ceta-Analyse zu einer gegenteiligen Einschätzung gekommen. Der Gerichtshof sei ein „großer Fortschritt“.

Auch in der Frage der gesetzgeberischen Kooperation zwischen der EU und Kanada kommen die SPD-Granden zu unterschiedlichen Urteilen. Ceta schaffe eine Vielzahl von Sondergremien, „deren Zusammensetzung höchst fraglich“ sei, kritisiert Miersch. Vor allem im „gemischten Ceta-Ausschuss“ sieht er „eindeutig eine Einschränkung des Gesetzgebungsrechts der Parlamente“. Dem Gremium, das über künftige Handels- und Investitionsregelungen beraten soll, erhalte „judikative und legislative Befugnisse“. Lange hingegen betont, es tage nur „auf freiwilliger Basis und ohne bindende Wirkung auf parlamentarische Entscheidungen“.

Neben Mierschs Unterbezirk Hannover haben sich inzwischen auch die SPD-Landesverbände Bayern und Bremen sowie die Jusos gegen Ceta positio­niert, auch an der Parteibasis ist das Abkommen unbeliebt. „Trotz der Verbesserungen – wir wollen was anderes“, sagt Juso-Chefin Johanna Uekermann. Sie begrüßt das Miersch-Papier, will damit aber auch nicht den ­Parteichef demontiert sehen: „Ceta ist eine Sachfrage. Personalfragen muss man davon lösen.“ In der Partei erinnern sich viele noch mit Horror an den hitzigen SPD-Konvent 2015, als es um die Vorratsdatenspeicherung ging.

Lange sagt, er wolle Ceta in Wolfsburg nicht „mit Hurra-Patriotismus durchwinken“. In der SPD gilt als möglich, dass das Abkommen mit Auflagen empfohlen wird. Dann müsste Gabriel auf neue Verhandlungen mit Kanada drängen.

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5 Kommentare

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  • Das Entscheidende ist, ob die vorläufige Anwendung von CETA gelingt. Und dafür reicht es, wenn die SPD Gabriel erlaubt, sich in der Abstimmung zu enthalten (mit dem Argument: CDU dafür, SPD dagegen, also Enthaltung). Denn dann reichen die Stimmen der Osteuropäer aus... Und schon haben wir CETA in einer provisorischen Form, ohne dass klar ist, wie man wieder raus kommt. Jens Berger hat das in den "Nachdenkseiten" gut analysiert.

  • 4G
    4932 (Profil gelöscht)

    Alleine, daß die EU mit diesen beiden Abkommen, was die Ausarbeitung, die Bekanntgabe und die Umsetzung betrifft, Demokratie und parlamentarische Beratungen wie der Teufel das Weihwasser scheut, macht sie CETA und TTIP so verdächtig, daß sie so niemals umgesetzt werden dürfen. An die SPD: Gabriel kann dafür gerne geopfert werden.

  • Die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (ASJ) in der NRW SPD kommt zu dem Schluss, dass die CETA-Vorlage die von der SPD beschlossenen Roten Linien überschreitet und weist dies Punkf für Punkt akribisch nach: https://de.search.yahoo.com/search?fr=mcafee&type=C110DE662D20151209&p=spd+juristen+ceta

    Aber selbst das ignoriert Gabriel - nur weil er als Wirtschaftminister noch ein paar Punkte sammeln will. Für mich ist das eine gespaltene Persönlichkeit - es fehlt bei ihm das integrale Element, womit man ihn identifizieren kann und worauf man scih bei ihm verlassen kann. Das wiegt schwer!

  • Lange Rede - kurzer Sinn

     

    Ich weiß nicht, was für Gründe die SPD noch benötigt, um endlich das zu tun und zu sagen, was alle schon lange denken: CETA und TTIP ablehnen, und zwar ohne wenn und aber.

    Die europäischen Sozialdemokraten haben einen etwa 20seitigen Forderungskatalog an den CETA-Text verabschiedet, indem sie alle nur denkbaren Bedingungen erklären, die von Junker einzuhalten oder am Abkommen zu ändern wären, damit die Sozialdemokraten dem Abkommen zustimmen könnten.

    Unterm Strich ist damit CETA tot. Und ich frage mich, was denn Zig-Zack-Siggi noch braucht um endlich einmal eine Meinung zu haben und nicht ständig mit einem Jaein rum zu laufen und selbst den gutmütigsten Genossen abzuschrecken; vom potenziellen Wähler ganz zu schweigen.

     

    Viele Grüße

  • Ein verlorengegangener Standard wäre wiederaufgerichtet wenn sich Alphabetisiertheit gegen fettstrotzendes waberndes Dauergeplapper durchsetzen könnte.