Rassistische Wahlplakate in Hannover: Ganz nah an völkischer Ideologie
In Hannover hat eine rechtspopulistische Wählergruppe den Slogan „bunt statt braun“ auf ihre Plakate gedruckt, um gegen Muslime zu mobilisieren.
HANNOVER taz | An beinahe jeder Laterne in Hannovers Innenstadt hängt eines dieser weißen Plakate. Hellhäutige Kinder sind darauf zu sehen, das Neue Rathaus von Hannover mit den hohen Minaretten einer Moschee oder eine Frau im gemusterten Kleid neben einer Frau in einer braunen Burka. „bunt statt braun“ und „Gesicht zeigen!“ hat die rechtspopulistische Wählergemeinschaft „Die Hannoveraner“ dazu getextet.
„Das ist unser Wahlkampfspaß“, sagt Gerhard Wruck, der für Die Hannoveraner im Rat der Stadt Hannover sitzt und zuvor Mitglied der NPD und der Republikaner war. Dass mit dem Ausdruck „Gesicht zeigen“ sonst oft Protest gegen rechte Gewalt gemeint ist, stört ihn nicht. „Die Mehrheit der Gewalt kommt von links“, behauptet er.
Der SPD-Ratspolitiker Lars Kelich empfindet das Plakat als Frechheit: „Es macht sich über all das lustig, wofür die demokratische Gesellschaft steht.“ Seit 2011 haben Die Hannoveraner in Stadtrat und Regionsversammlung je zwei Mandate. Die meiste Zeit hätten die anderen Parteien die Rechtspopulisten ignoriert, sagt Kelich. „Wenn es zu schlimm wurde, haben wir sie verbal auseinander genommen – parteiübergreifend.“
Im Rat habe die Wählergemeinschaft Stimmung gegen Geflüchtete und Muslime gemacht, dabei aber keine Straftaten begangen. „Sie wollen nur Angst und rechte Wut schüren“, sagt Kelich. Dazu passt ein Facebook-Post von Die Hannoveraner. Im Juli teilten sie ein Bild mit der Aufschrift: „Liebe Polizei: Wir stehen hinter Euch!“ Darunter ein Fadenkreuz und „Keine Gnade mit Terroristen!!!“
Die Hannoveraner haben sich 2011 gegründet und im selben Jahr bei der Kommunalwahl je zwei Mandate im Rat der Stadt Hannover und in der Regionsversammlung bekommen.
Die Wählergemeinschaft bezeichnet ihre Politik als „vernünftig patriotisch“.
Die AfD hat bisher keine Sitze in den kommunalen Parlamenten in Hannover und tritt 2016 in Konkurrenz zu „Die Hannoveraner“ an.
Ein Aufruf zur Selbstjustiz? Ratsherr Wruck will davon nichts wissen. „Solche entsetzlichen Bilder lehne ich ab“, sagt er. Mit der Facebook-Seite habe er nichts zu tun. Die Betreiber seien „irgendwelche Privatleute, die mit den Hannoveranern sympathisieren.“ Es seien auch Menschen dabei, „mit denen ich selbst nicht jeden Tag essen gehen würde“, sagt Wruck. Er selbst lehne jegliche Gewalt ab.
Der 74-Jährige gibt sich gemäßigt. Er, der Germanist, der sich an politischer Korrektheit stört und in Gaststätten gern mal ein Sinti-und-Roma-Schnitzel bestellt, schüre keinen Hass. Gemäßigte Muslime seien in Ordnung, sagt er. „Aber ich fürchte diejenigen, die unser christlich und durch die Aufklärung geprägtes Land zu einem Gottesstaat umkrempeln wollen.“
Im Wahlprogramm der Hannoveraner ist das noch deutlicher: „Hannover kann keine Einwanderungsstadt sein“, steht da. Im Fokus steht erneut der Islam: Der passe mit seinem Frauenbild und seinem „problematischen Verhältnis zur Gewalt“ nicht zu deutschen Wertvorstellungen.
Zudem werden Milliarden Euro für die „unbegrenzte Zuwanderung eingesetzt“, statt Familien zu fördern. „Der Mangel an eigenem Nachwuchs wird immer dramatischer“, heißt es im Programm. Da sind Die Hannoveraner plötzlich ganz nah an völkischer Ideologie.
Dabei versuchte sich die Wählergemeinschaft im Rat als Teil des Establishments darzustellen, sagt der Grüne Pat Drenske. „Wruck betont, dass er kein Rassist ist.“ Die Wahlplakate der Partei zeigten jedoch deutlich, dass der Hannoveraner „Politik für weiße Kinder und gegen Muslime mache“.
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