Brics-Staaten als G-7-Konkurrenz: Cooler als der Westen
Seit der Ukraine-Krise kümmert sich Russland verstärkt um die Allianz der größten Schwellenländer. Die Brics-Bank ist ihr erstes großes Vorhaben.
Zum Treffen der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit gleich im Anschluss werden auch die Staatschefs der zentralasiatischen Länder erwartet. Die westlichen führenden Industriestaaten dagegen haben Russland aus der G-7-Gruppe ausgeschlossen.
Die Chinesen jubeln: Russland werde den Schwerpunkt des wirtschaftlichen Aufbaus in den Fernen Osten verlegen, verkündete Chinas amtliche Nachrichtenagentur Xinhua und beruft sich auf ein Interview mit Russlands Vizepremierminister Juri Trutnew. Er bezeichnete China als „wichtigen Freund und Partner“. Vor allem die vor einem Jahr gegründete Brics-Bank solle auf dem Gipfel Gestalt annehmen.
Ufa werde den Startschuss geben für den Beginn der praktischen Arbeit, versprach Russlands Finanzminister Anton Siluanow im Vorfeld des Treffens. Die neue Bank könne etwa die Seidenstraße mitfinanzieren – ein von China initiiertes Projekt zur Wiederbelebung des antiken Handelsweges, der ganz Asien wieder mit Europa verbinden soll. Statt Kamele sollen zwischen Zhengzhou, Nowosibirsk und Moskau jedoch moderne Hochgeschwindigkeitszüge und riesige Lastwagen verkehren.
Bisher wenig Gegenliebe
China verfolgt bereits seit geraumer Zeit das Ziel, Russland und Zentralasien stärker an die eigene Wirtschaft anzubinden – stieß aber auf wenig Gegenliebe. Die russische Seite war skeptisch, fürchtete sie sich doch vor der wirtschaftlichen Dominanz der Chinesen.
Aber seit dem Bruch Russlands mit den USA und den EU-Staaten im Zuge der Ukrainekrise gibt es eine deutliche Kehrtwende: Putin wendet sich verstärkt an Peking und die anderen autoritären Staaten Zentralasiens.
Bei der Brics-Bank etwa, die explizit zu einem Konkurrenten der US-dominierten Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgebaut werden soll, war lange Zeit China der Antreiber. Als zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt empfand es China als demütigend, nur so wenig Mitspracherecht zu haben. Doch nun prescht auch Moskau vor.
40 Prozent der Weltbevölkerung
200 Milliarden US-Dollar hat Russland für die neue Brics-Bank zugesagt. Zudem hat die russische Führung sämtliche Dokumente für die Gründung der Bank ratifiziert und erwartet nun, dass die anderen vier Partner nachziehen. Das neue Institut werde eine der „großen multilateralen Banken“, verspricht Finanzminister Siluanow.
Die Brics-Staaten, die zusammen 40 Prozent der Weltbevölkerung und etwa 20 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmachen, haben in den vergangenen Jahren ihr Tätigkeitsfeld zwar deutlich ausgeweitet. Konkrete Projekte konnten sie bislang aber noch nicht vorweisen. Die Bank ist daher das erste große Vorhaben der fünf führenden Schwellenländer und soll als ein wichtiges Instrument im Kampf gegen Krisen auch anderen Ländern offenstehen. Nur die USA und die EU sollen außen vor bleiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland