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Umfrage zum „Islamischen Staat“Kaum ein Saudi mag den IS

Was halten Saudis vom IS? Einer Studie zufolge ist die Unterstützung für die Terrormiliz nur wenig höher als in anderen arabischen Ländern.

Viele Saudis sind streng gläubig, doch die meisten halten Distanz zum IS. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Zahlen schockierten: 92 Prozent der Saudis seien der Ansicht, die Terrormiliz „Islamischer Staat“ stimme mit den Werten des Islams und der Scharia überein. Das war das Ergebnis einer dubiosen Umfrage in sozialen Netzwerken, über die die arabische Tageszeitung al-Hayat berichtete.

So drastisch aber das Ergebnis ausfiel, so sehr blieb die Methode der von der weitestgehend unbekannten Assakina-Kampagne durchgeführten Erhebung im Dunkeln. Nun liegt erstmals eine Meinungsumfrage eines renommierten Instituts vor. Diese kommt zu fundamental anderen Ergebnissen.

Demnach liegt die Unterstützung für den IS in den drei Ländern Saudi-Arabien, Ägypten und Libanon im unteren einstelligen Bereich. Zwar hätten noch immer 5 Prozent der Saudis eine positive Meinung von den Dschihadisten, in Ägypten und Libanon sähen aber nur 3 beziehungsweise 1 Prozent der Bürger den IS „sehr positiv“ oder „eher positiv“.

Die Umfrage wurde im September durchgeführt und war von der US-amerikanischen Denkfabrik „The Washington Institute for Near East Policy“ in Auftrag gegeben worden. Jeweils 1.000 Bürger der drei arabischen Staaten wurden in persönlichen Interviews nach ihrer Meinung über den IS und andere islamistische Gruppierungen befragt.

Das saudi-arabische Militär beteiligt sich an der von den USA angeführten internationalen Allianz, die Luftschläge gegen den IS im Irak und Syrien fliegt. Dennoch spielt die saudische Regierung eine zwiespältige Rolle im Kampf gegen die Dschihadisten, da sie seit Jahrzehnten ein intolerantes salafistisches Islamverständnis international verbreitet, um so die eigene Herrschaft zu legitimieren. Vieles dessen, was der IS an radikalsunnitischen Dogmen propagiert, kann in saudischen Schulbüchern nachgelesen werden. Die Ideologie des IS allerdings wendet sich sowohl gegen die saudische Königsfamilie als auch die Existenz von Nationalstaaten allgemein.

Beliebter als der IS ist der Umfrage zufolge die islamistische, aber nicht dschihadistische Muslimbruderschaft. In Saudi-Arabien liege die Unterstützung bei 31 Prozent. Auch in Ägypten gaben 35 Prozent der Befragten an, eine positive Meinung von der Bruderschaft zu haben – und das, obwohl der heutige ägyptische Machthaber Abdel Fattah al-Sisi die Muslimbrüder im Sommer 2013 entmachtete und die Unterstützer seither rigoros verfolgen lässt.

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5 Kommentare

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  • D
    D.J.

    "Auch in Ägypten gaben 35 Prozent der Befragten an, eine positive Meinung von der Bruderschaft zu haben"

     

    Das ist eine wirklich gute Nachricht. Demnach ist die Bruderschaft bei einem großen Teil ihrer ehem. Wählerschaft entzaubert.

  • 1979/80 als sich in Mekka ein neuer Prophet ausrief, waren die Saudis nicht in der Lage, ohne fremde Hilfe, diesen Aufstand niederzuschlagen-dh schon allein zahlenmässig ist Sadi Arabien nicht in der Lage sich selber und allein zuverteidigen, es wird immer fremd Hilfe brauchen, nicht umsonst dürften die USA im 2./3.Golfkrieg sich eingeschaltet haben, natürlich sind entsprechende Vorkehrunegn getroffen und sollten dei IS Kämpfer versuchen Saudi Arabien zu erobern, stehen am nächsten Tag US Bodentruppen bereit, mit den saudischen Kräften dies zu verhindern, solange sich das Ganze in Syrien abspielt, und sich die Gruppen dort gegenseitig massakrieren, besteht für die Golfstaaten keine Gefahr!

  • naja, klar, wenn der IS in Saudi einrücken würde, wäre es aus dem guten Leben, kein Saudi muss arbeiten oder sich Gedanken wegen des Morgen machen, natürlich versuchen die Saudis sich die IS vom Hals zu halten, mit Politik und Überzeugung hat das wenig zu tun!

  • In Kroatien beim Krieg habe ich erklaert: Hier ist jeden Tag Krieg, das nennen die Arbeit, das hat sich veraendert. Dank der Nationalsozialistischen und menschenrechtsfeindlichen Politik gilt das jetzt sekuendlich 24h durchgehend und der Westen macht die Geschichte. Ich frage mich wann die Reporter aufwachen werden und die Worte finden, die die Schriftsteller vor 10 Jahren fanden.

  • Der "Islamische Staat" richtet sich gegen den schiitischen Islam. Die iranische Revolution brachte eine neue Verbindung von Islam und Politik hervor. Das saudische Königshaus fürchtet die Ausbreitung des schiitischen Islam mit republikanischen Elementen.

     

    Besondere Attraktivität übte das islamisch-republikanische Element Irans auf die durch den Wahhabismus in eine Außenseiterrolle gedrängten Schiiten in der ölreichen Ostprovinz al-Ahsa aus. Ein erfolgreicher Aufstand dort wäre ein direkter Angriff auf die Herrschaft der Al Saud und ein schwerer Schlag gegen die Ölrentenwirtschaft in Saudi-Arabien.

     

    Daher benötigt das saudische Königshaus zur Absicherung seiner Herrschaft die Waffenlieferungen (unter anderem) aus Deutschland und zudem: den "Islamischen Staat" als Bündnispartner, als IS-Partner gegen eine islamisch-republikanische Alternative.

     

    Bereits zuvor, um eine demokratisch-republikanische Alternative in der Region zu unterbinden, übernahmen vermögende Saudis die Rolle des Hauptfinanziers der syrischen Rebellen, dabei aber auch, in geopolitischer und religiöser Konkurrenz mit Katar und Kuwait.

     

    Nicht umsonst, um revolutionär-republikanische Auswirkungen auf Saudi-Arabien zu unterbinden, ergriffen die saudischen Herrscher schnell Gegenmaßnahmen. Neben der Erhöhung öffentlicher Gehälter und weiterer Subventionen in Höhe von 37 Milliarden US-Dollar (Öl- und Renten-Wirtschaft), unternahm die saudische Staats- und Religions- Führung auch regionalpolitische Schritte, um sich gegen ein zukünftiges (unvermeidliches) Schicksal abzusichern.

     

    Die aktive Unterstützung des "Islamischen Staates", auch durch Saudi-Arabien und Katar, ist den bundesdeutschen und nordamerikanischen Waffenlieferanten (und den jeweiligen 'freiheitlichen' Diensten) bestens bekannt.