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Atomkraft in JapanGericht stoppt AKW-Betrieb

Das Wiederanlaufen zweier Atomreaktoren ist in Japan verboten worden. In Fukushima liefert ein Roboter erstmals Bilder aus dem Innersten eines Unglücksreaktors.

Die beiden Reaktoren 3 und 4 der Atomanlage Takahama dürfen nicht anlaufen. Bild: reuters/Kyodo

TOKIO/FUKUSHIMA afp/dpa | Ein japanisches Gericht hat am Dienstag die Wiederinbetriebnahme zweier Atomreaktoren gestoppt. Mit dem Urteil reagiere das Bezirksgericht in der Präfektur Fukui auf einen Antrag von Anwohnern nahe des Atomkraftwerks Takahama, erklärte ein Justizbeamter.

Die japanische Atomregulierungsbehörde hatte angesichts neuer Sicherheitsstandards erst im Dezember grünes Licht für den Neustart der Reaktoren 3 und 4 des Kraftwerks gegeben.

Das Gericht urteilte nun, die Sicherheit der Reaktoren könne nicht gewährleistet werden. Den neuen Standards „fehlt Rationalität“, berichtete der Sender NHK unter Berufung auf das Gericht. Demnach könnten die Reaktoren bereits durch ein Erdbeben von geringerer Stärke beschädigt werden als in den Sicherheitsstandards dargelegt.

Der Kraftwerksbetreiber Kansai Electric Power nannte das Urteil „inakzeptabel“ und kündigte an, dieses anzufechten. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace dagegen lobte die Entscheidung des Gerichts und erklärte, das Urteil könne Signalwirkung für weitere derartige Fälle in Japan haben.

Nach der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe vom März 2011 waren die japanischen Atomkraftwerke schrittweise vom Netz genommen worden. Bei der Naturkatastrophe war das Atomkraftwerk Fukushima im Nordosten Japans so schwer beschädigt worden, dass es zur Kernschmelze kam.

Suche nach den geschmolzenen Brennstäben

Ein Roboter hat jetzt erstmals Bilder aus dem tiefsten Inneren eines der Unglücksreaktoren in der Atomruine Fukushima geliefert.

Nach Angaben des Atombetreibers Tepco sind im Sicherheitsbehälter des zerstörten Reaktors Nummer 1 nahe einer Öffnung zum Tiefgeschoss keine größeren Hindernisse gesichtet worden. Dies gilt als positives Zeichen für die weitere Suche nach den geschmolzenen Brennstäben.

Die von dem Roboter gemessene Strahlendosis erreichte bis zu 9,7 Sievert pro Stunde. Ein Mensch würde bei einer solchen Strahlung innerhalb einer Stunde sterben. Die Temperatur lag den Angaben nach zwischen 17,8 und 20,2 Grad.

Der erste Blick ins Innerste des Reaktors. Bild: tepco/dpa

Der Reaktor ist einer von dreien, in denen es in Folge des Erdbebens und Tsunamis vom 11. März 2011 zu Kernschmelzen gekommen war. Wegen der weiterhin extrem hohen Strahlung können keine Menschen ins Innere der Unglücksreaktoren.

Roboter blieb stecken

Daher weiß auch vier Jahre nach der Katastrophe niemand, wo sich der in den Reaktoren 1, 2 und 3 geschmolzene Brennstoff genau befindet. Tepco hatte deswegen den Roboter hineingeschickt, der jedoch schon nach wenigen Stunden steckenblieb. Tepco gab das ferngesteuerte Gerät daraufhin auf.

Um die Lage im Inneren zu erkunden, haben Wissenschaftler auch mit einem anderen Experiment begonnen, bei dem sie mit Hilfe kosmischer Strahlen durch die Reaktoren "hindurchschauen" und „Schatten“ des Brennstoffs ausmachen wollen – ähnlich wie bei Röntgenaufnahmen.

Solche sogenannten Myonen werden auch in der Vulkanforschung und bei der Suche nach geheimen Kammern in Pyramiden eingesetzt. Tepco und die japanische Regierung hoffen, 2020 mit der Bergung des Brennstoffs beginnen zu können.

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5 Kommentare

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  • Vermutlich kann Kansai Electric Power nur nicht so gut schmieren, wie Tepco. Die japanische Regierung setzt jedenfalls weiterhin voll auf Kernenergie - trotz allem.

    • @Rainer B.:

      Wahrscheinlich fehlen die Alternativen, denn Japan arbeitet ja nicht seit Jahren an einer Energiewende - die zwar auch bei uns nicht reibungslos läuft, aber doch einiges schon ermöglicht. Da Japan kaum Ressourcen an fossilen Energieträgern hat und in vielen Teilen unglaublich viel Strom verbrät, war man von teuren Importen abhängig, so lange die Kernkraftwerke nicht laufen. Mit dem Verheizen von teuer importiterer Kohle oder Öl rücken dann ja auch wieder die Klimaschutzziele in weite Ferne, auch wenn sie vielleicht auch in Japan nur eine untergeordnete Rolle spielen sollten.

       

      Mittelfristig muss sich hier einiges ändern, aber ich kann nicht beurteilen, wie das die örtliche Politik schon begriffen hat.

      • @Jens Brehl:

        Die Problematik ist schon klar, aber von einem Umdenken kann derzeit in Japan keine Rede sein. Man stellt sich weiterhin eine Zukunft mit Kernenergie vor, obwohl - mal ganz unabhängig von den Risiken und Nachteilen - der nötige Rohstoff Uran schon weit früher verbraucht sein wird, als alle anderen fossilen Energieträger. Da verliert man am Ende doch nur wieder wertvolle Zeit.

  • Wie wäre es mit Mini-Drohnen? Dann wären die kleinen Fluggeräte zu mehr nütze als ungebetene Fotos zu schießen. Es lässt sich doch so vieles miniaturisieren, warum nicht auch solches Equipment?

    • @noevil:

      Am Zielort angekommen, versagt bei techn. Gerät aufgrund der starken Strahlung die Elektronik.