Angehender Rabbiner zum Kippa-Tragen: „In Neukölln kann man das“
Armin Langer lädt Josef Schuster vom Zentralrat der Juden nach Berlin-Neukölln ein. Der hatte zuvor davor gewarnt, in sogenannten Problemvierteln eine Kippa zu tragen.
taz: Herr Langer, Sie leben in Berlin-Neukölln. Haben Sie Angst, mit Kippa aus dem Haus zu gehen?
Armin Langer: Ich persönlich trage keine Kippa. Aber ich kenne jüdische Familien, die in Neukölln leben und keine Bedenken haben, eine Kippa zu tragen oder auf der Straße Hebräisch zu reden. Man darf auch nicht vergessen, dass es in Neukölln inzwischen eine wachsende israelische Gemeinde gibt.
Der angehende Rabbiner koordniert die muslimisch-jüdische Initiative Salaam-Schalom in Berlin-Neukölln. Er studiert Jüdische Theologie an der Universität Potsdam.
Der Zentralrat der Juden rät davon ab, in Problemvierteln, in denen viele muslimischer Zuwanderer leben, eine Kippa zu tragen. Wie finden Sie das?
Mich hat das enttäuscht. Mit Blick auf Pegida hat Josef Schuster antimuslimischen Rassismus klar verurteilt. Jetzt schürt er selbst Vorurteile. Solche Aussagen stammen ja meist von Leuten, die selbst nicht in Vierteln wie Neukölln leben und keinen Kontakt zu Muslimen haben. Wir haben Herrn Schuster deshalb jetzt eingeladen, einmal mit uns durch Neukölln zu spazieren.
Die Angst vor einem neuen Antisemitismus in Europa hat durch die Anschläge auf Juden in Frankreich und Dänemark neue Nahrung bekommen. Ist sie nicht verständlich.
Natürlich kann ich diese Ängste verstehen. Aber solche Anschläge sind nicht die Norm, der Alltag sieht anders aus. Unser Alltag in Berlin-Neukölln ist von Freundschaften und friedlichem Zusammenleben geprägt. Wir sehen es als Aufgabe unserer Initiative an, diesen Alltag wieder zu spiegeln.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Kochen für die Familie
Gegessen wird, was auf den Tisch kommt
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
US-Interessen in Grönland
Trump mal wieder auf Einkaufstour