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Kommentar Verbot der Legida-DemoDemokratie auf Sächsisch

Kommentar von Klaus Hillenbrand

Leipzig hat eine Legida-Demo abgesagt. Die Inhalte des Grundgesetzes haben sich offenbar noch nicht bis nach Sachsen herumgesprochen.

Es ist nicht die Aufgabe der Polizei, rechte Aufmärsche zu verhindern Bild: dpa

M einungsfreiheit und Demonstrationsrecht sind Grundrechte in der Bundesrepublik Deutschland. Es mutet mehr als seltsam an, dass dies 65 Jahre nach Gründung dieses Staates noch betont werden muss. Aber offenbar haben sich die Inhalte des Grundgesetzes noch nicht bis nach Sachsen herumgesprochen. Dort, genauer in Leipzig, hat die Stadt eine für den Montag geplante Legida-Demonstration mit der originellen Begründung verboten, es stünden nicht genügend Polizeikräfte zur Verfügung. In Dresden hatte der Polizeipräsident erst vor wenigen Wochen ein Demonstrationsverbot erlassen, weil eine Terrorgefahr vorliege.

Die Pegida- und Legida-Demonstrationen sind eine Versammlung des dumpfen Deutschlands mit eingelagerten Neonazis. Es gibt mehr als genug Gründe, um gegen diese Bewegung zu demonstrieren. Sollten Rechtsradikale eine solche Kundgebung zum Anlass für Gewalttaten nutzen wollen, ist ein Verbot denkbar. Aber davon steht nichts in der Leipziger Verbotsverfügung.

Beim Demonstrationsrecht geht es nicht darum, ob uns bestimmte Demonstranten sympathisch sind, sondern um ein Grundrecht, das jedem zusteht. Es wäre ein Ding aus dem Tollhaus, würden Genehmigungen künftig vom Wohlwollen eines Polizeipräsidenten abhängig gemacht. Wie wäre es, wenn die nächste Kundgebung gegen Antisemitismus verboten würde, weil die Sicherheitskräfte von einer Erkältungswelle betroffen sind? Die Vorstellungen der Stadt Leipzig von Meinungs- und Versammlungsfreiheit erinnern, man kann es nicht anders sagen, an Erich Honecker.

„Je suis Charlie“: Mit diesem Bekenntnis hat sich noch vor kurzem das halbe Land für die Meinungsfreiheit engagiert, und das zu Recht. Schon mal davon gehört, lieber Oberbürgermeister Burkhard Jung?

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taz-Autor
Jahrgang 1957, ist Mitarbeiter der taz und Buchautor. Seine Themenschwerpunkte sind Zeitgeschichte und der Nahe Osten. Hillenbrand ist Autor mehrerer Bücher zur NS-Geschichte und Judenverfolgung. Zuletzt erschien von ihm: "Die geschützte Insel. Das jüdische Auerbach'sche Waisenhaus in Berlin", Hentrich & Hentrich 2024
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2 Kommentare

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  • Soll das heißen, dass man in Leipzig jetzt auch ohne Polizeibegleitung spazieren gehen darf?

  • Ich denke, hier wird der Kommentator dem Leipziger OB nicht gerecht. Um mal ein paar Fakten auf den Tisch zu bringen: bei der letzten stationären Legida-Demo am 31.1. waren 20 Hundertschaften der Polizei im Einsatz. Völlig gewaltlos blieb es trotzdem nicht. Für heute waren vom Innenministerium nur 8 Hundertschaften zugesagt worden. Gleichzeitig marschiert ja auch die Pegida in Dresden. Und auch dort muss mit höherer Gewaltbereitschaft gerechnet werden.

    Dazu kommt dann noch die Personalie Ulbig. Der sächsische Innenminister ist ja nicht nur für Asylpolitik und für die krasse Entlassungswelle in sächsische Polizei zuständig. Er ist auch der CDU-Kandidat für die OB-Wahl in Dresden im Juni. Kann es vielleicht sein, dass es ihm da herzlich egal ist, was mit Leipzig wird? Und dass er erst mal zu Hause auf Wählerfang geht? Ich mein ja nur...

     

    Ich habe mich in Leipzig bisher an alle Gegendemos beteiligt. Aber was soll es bringen, für heute Demonstrationen zu genehmigen in dem Wissen, dass etwas schief gehen wird. Sachsen hat zu wenig Polizisten. Das wird nun offensichtlich. Aber das kann man nun leider nicht dem Oberbürgermeister anlasten. Das hat was mit der stolzen schwarzen Null der CDU-Landesregierung zu tun...