Gaza-Konflikt erreicht den Fußball: Übergriff auf Israelische Mannschaft
In Österreich stürmen propalästinensische Rowdies den Platz – und attackieren ausgerechnet Maccabi Haifa, wo jüdische mit muslimischen Profis spielen.
WIEN taz | Zwei ausländische Mannschaften und beharrlicher Regen. Die Trainingspartie Maccabi Haifa gegen OSC Lille am Mittwoch in der Salzburger Gemeinde Bischofshofen war kein Publikumsrenner. Wenige Minuten vor Schluss ließ dann der Niederschlag nach und es erschien eine Gruppe junger Männer mehrheitlich türkischer Herkunft. In der 85. Minute stürmten die Burschen mit türkischen und palästinensischen Flaggen den Rasen und attackierten die israelischen Spieler. Verletzt wurde nach Polizeiangaben niemand. Die meisten der Aggressoren konnten zwecks Identitätsfeststellung festgehalten werden.
Für Ortwin Lamprecht, Sprecher der Polizei Salzburg, ist klar: „Die Ausschreitungen waren auf den Gaza-Konflikt gerichtet.“ Auf der Website von Maccabi Haifa erfährt man, dass die Spieler Idan Vered und Dekel Keinan tätlich angegriffen worden seien. Nach dem Abbruch des Spiels durch den völlig überrumpelten Schiedsrichter seien Gegenstände auf das Team geworfen worden. Auf einem Video ist zu sehen, wie ein kurzgeschorener Schläger mit Camouflage-Hose und Krummsäbeln auf dem T-Shirt auf Spieler losgeht.
Die anwesenden Polizisten riefen schnell Verstärkung herbei. Im offiziellen Bericht ist von Streifenpolizisten, Beamten der Schengen-Fahndung und der Spezialeinheit Cobra die Rede, die schützend einschreiten konnten. Laut Polizeisprecher ermittelt der Verfassungsschutz, ob ein gerichtlicher Tatbestand vorliegt: „Ob es zu Verhaftungen kommt, ist noch nicht sicher.“
Rassistische oder auch antisemitische Parolen von radikalen Fußballfans sind in Österreich nichts Außergewöhnliches, aber nicht alltäglich. Vergleichbare tätliche Attacken auf Spieler hat es bisher nicht gegeben. Oskar Deutsch, der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde in Wien, rief in einem Radiointerview die Verantwortlichen der muslimischen Vereine auf, ihre Leute zur Ordnung zu rufen: „Es gibt eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf.“ Auch die Zivilgesellschaft dürfe nicht tolerieren, dass antisemitische Hetze um sich greife.
Die Aggressoren dürften über das Ziel ihrer Attacken wenig informiert gewesen sein. Maccabi Haifa, zuletzt 2011 israelischer Meister, ist dafür bekannt, dass nicht nur jüdische, sondern auch muslimische Spieler im Kader stehen. Gegenüber der Jerusalem Post erklärte der Verein, der Klub glaube an Koexistenz und Toleranz: „Wir verurteilen die Gewalt, die gegen uns eingesetzt wurde. Dies geschah nicht wegen Sport oder Fußball, sondern weil wir ein Team sind, das Israel repräsentiert.“
Heinz-Christian Strache, der Chef der rechten FPÖ, ließ die Gelegenheit nicht vorübergehen, um sein politisches Süppchen zu kochen. Die Vorfälle seien ein Skandal und ein „Tiefpunkt der gescheiterten Integrationspolitik von Rot, Grün und Schwarz“. Der Kulturwissenschaftler Thomas Schmidinger fürchtet, dass „die berechtigte Kritik am Antisemitismus“ von verschiedenen Gruppen genützt werde, „um Muslime pauschal anzugreifen“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen