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Kommentar Gabriels EnergiewendeDer Wunscherfüller der Industrie

Malte Kreutzfeldt
Kommentar von Malte Kreutzfeldt

Die SPD hat versprochen, erneuerbare Energien zu fördern und die Kosten gerecht zu verteilen. Freuen können sich aber nur die Kohle- und Atomindustrie.

Freund der energieintensiven Industrie: Sigmar Gabriel Bild: reuters

I m Wahlkampf hatte sich die SPD durchaus noch fortschrittlich präsentiert: Den Ausbau von umweltfreundlichem Strom aus Wind und Sonne wollten die Sozialdemokraten weiter beschleunigen. Und die Verbraucher sollten entlastet werden, indem die Kosten der Energiewende endlich gerechter verteilt werden. Denn bisher zahlen private Stromkunden, Gewerbetreibende und kleine Unternehmen übermäßig viel, weil energieintensive Unternehmen sich kaum an den Kosten beteiligen müssen.

Doch nach der Wahl hat sich die SPD nicht nur von diesen Versprechen verabschiedet, sondern sie macht das Gegenteil dessen, was sie angekündigt hatte. Die Energiewende soll nicht schneller, sondern langsamer werden. Das bringt den Verbrauchern nichts, weil der Strom aus neuen Windrädern und Solaranlagen kaum mehr teurer ist als aus neuen konventionellen Kraftwerken; freuen können sich allein die Betreiber von Kohle- und Atomkraftwerken, dass ihre Konkurrenz etwas langsamer wächst.

Besonders krass ist der Umschwung der SPD bei den Privilegien der Industrie. Hier waren zwar schon die Ankündigungen im Wahlkampf nicht besonders ambitioniert – doch immerhin ein bisschen mehr Gerechtigkeit war schon geplant. Durch massiven Druck auf die EU, die die Subventionen sehr kritisch sieht, hat Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel nun aber offenbar erreicht, dass die Wirtschaft künftig nicht mehr, sondern noch weniger für die Energiewende bezahlen muss.

Begründet wird dies stets mit der angeblich bedrohten Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Für die kann die Regierung allerdings keinerlei konkrete Belege vorweisen – was kaum verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass der deutsche Exportüberschuss in immer neuen Höhen steigt.

Dass sich gegen diese einseitige Industriepolitik zu Lasten von Verbrauchern und Umwelt nun Protest auf der Straße regt, ist erfreulich. Doch allein davon wird sich Gabriel kaum beeindrucken lassen. Aufhalten können ihn vor allem die SPD-regierten Länder im Bundesrat. Und vielleicht wäre es auch an der Zeit, dass sich Umweltministerin Barbara Hendricks und Verbraucherschutzminister Heiko Maas mal in die Debatte einschalten und ihren Parteichef daran erinnern, dass die SPD nicht allein als Wunsch-Erfüllerin für einen kleinen Teil der alten Industrie angetreten ist.

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Malte Kreutzfeldt
ehemaliger Redakteur
Jahrgang 1971, war bis September 2022 Korrespondent für Wirtschaft und Umwelt im Parlamentsbüro der taz. Er hat in Göttingen und Berkeley Biologie, Politik und Englisch studiert, sich dabei umweltpolitisch und globalisierungskritisch engagiert und später bei der Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen in Kassel volontiert.   Für seine Aufdeckung der Rechenfehler von Lungenarzt Dr. Dieter Köhler wurde er 2019 vom Medium Magazin als Journalist des Jahres in der Kategorie Wissenschaft ausgezeichnet. Zudem erhielt er 2019 den Umwelt-Medienpreis der DUH in der Kategorie Print.
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8 Kommentare

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  • das schreckliche und immer wieder unerträgliche Phänomen der Wahllüge wird so lange existieren, wie die gegenwärtige (vor-)herrschende parlamentarisch, lobbyistische Pseudo-Demokratie

  • Was die Regierung unterlässt, können alle Verbraucher selbst machen. Wechseln zu Atom-und Kohlefreien Stromversorgern.

    Wo keine Nachfrage, da kein Angebot.

    Eines Tages kommt sauberer Strom aus allen Steckdosen. Egal wer regiert.

  • HÖRT ENDLICH AUF UNS ANZULÜGEN!

     

    Nur das kann man dem EINEN Prozent "da oben" zurufen.

     

    Wer wählt diese meiner Meinung nach konzernhörigen "Fuzzies" eigentlich andauernd?

    Wie doof muss man denn sein? (Nur die dümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber)

     

    Sie lügen in meinen Augen, dass sich die Balken biegen.

     

    Erneuerbare Energien sind die Zukunft.

     

    Sie sind LOCKER bezahlbar, wenn die wirklichen Kosten für alle anderen Energieformen ehrlich eingerechnet werden – dann sind die erneuerbaren die Preiswertesten!

     

    Die tatsächlichen Subventionen sind für ALLE anderen Energieformen mindestens dreimal so hoch (bei Braunkohle inklusive der Gesundheits-Folgekosten sogar über fünf mal so hoch) – nur WILL keiner merken, dass wir das ALLE über die Steuern BEZAHLEN.

     

    Es geht um die Abzocke der Bürger durch die Konzerne – und um ihre Macht über uns.

     

    Wenn die Energie in Bürgerhand ist, können sie uns nicht abschalten, wir gewinnen Freiheit und Unabhängigkeit.

     

    Von den völlig willkürlichen Preiserhöhungen für ihre Gewinnmaximierung mal ganz abgesehen.

    Da sitzen "Leute" am Steuer, die selber NICHT arbeiten, sondern ihr Geschäftsmodell schützen und verantwortungslos die Umwelt "versauen" – unterstützt von "Menschen" wie Gabriel und Konsorten.

     

    Es geht um Macht über uns.

    Und Ablenkung.

    Vielleicht vom TTIP?

    Das wird unsere Demokratie zerstören, denn dann haben Konzerne die Macht über uns, ohne dass wir noch Einfluss haben werden.

    Na dann . . .

     

    Wacht endlich auf und nutzt wenigstens die wenigen "übrig gebliebenen" demokratischen Rechte, die wir noch haben.

    Atomausstieg selber machen.

    Die richtigen Parteien wählen.

    Protestieren.

    Bei den "Richtigen" einkaufen.

    Weniger Auto fahren.

     

    Ihr habt doch Fantasie, oder?!

     

    Das Geheimnis der Freiheit ist der Mut. (Perikles)

     

    Viel Kraft für Erkenntnis uns allen!

  • ... und man wählt sie doch - immer wieder!

    • D
      D.J.
      @heuohr:

      Der SPD-Wähler ist zumindest zum Teil noch der klassische Arbeiter. Der hat oft ganz andere Probleme (oder meint sie zumindest zu haben) als der klassische Grünwähler, der entweder Student (eher nicht der MINT-Fächer) oder sehr oft Beschäftigter im Öffentlichen Dienst ist. Jedenfalls überdurchschnittlich verdienend und mit weniger sozialen Sorgen als der Durchschnitt. Oder haben Sie jemals einen Grün-wählenden Arbeiter getroffen?

      Wäre irgendwie schön, wenn wir gegenseitig mal über den Tellerrand der eigenen Schicht schauen.

      • @D.J.:

        Ja richtig, der klassische Arbeiter, oft der unteren Einkommensschicht angehördend, hat andere Probleme wie der durchschnittlich bis gut verdienende Grün-Wähler im öffentlichen Dienst (z.B. Lehrer).

        Der Arbeiter macht sich z.B. Gedanken über die immer weiter steigenden Strompreise, wie er die von seinem nicht in gleichhem Masse steigenden Einkommen zukünftig bezahlen soll und wer für diese Kostenexplosion letztendlich verantwortlich ist.

        Das kann sich dann eben auch z.B. an der Wahlurne niederschlagen.

        That's it.

  • D
    Die_TAZ_sollte_wieder_Gastkommentare_erlauben!

    An die Adresse der taz:

     

    Danke. Das ist ein sehr guter und wichtiger Artikel. Wir brauchen viel mehr Aufklärung und Empörung über dieses Thema.

     

    Darüber hinaus: in einem Nebensatz wird der Protest auf der Straße erwähnt, der sich nun langsam regt. Für den Herrn Gabriel mag das zunächst wenig beeindruckend sein. Umso wichtiger ist dieser Gedanke aber für den kleinen Hans Wurst und die Maria Mustermann. Es könnte nämlich in nicht all zu langer Zeit, also noch zu unseren Lebzeiten, mal der Moment kommen, wenn unsere Enkelkinder von uns eine Antwort verlangen auf die Frage: "Opa, warum hast du damals nichts getan gegen diese menschenverachtende Politik, die alle Ansätze zu Umweltschutz und Nachhaltigkeit den Interessen der Wirtschaft geopfert hat?"

  • In der Tat wird durch Gabriel reine Wirtschaftsförderung betrieben. Besonders erschreckend ist, dass nun sogar die EU klein bei zu geben scheint.

     

    Das ermutigt Gabriel & Co. natürlich auf diesem Weg weiter zu machen und so ist es nicht verwunderlich, dass nun auch noch die von der EEG-Umlage befreiten Großbetriebe auch bei der Belastung der Eigenstromerzeugung erneut freigestellt werden sollen.

     

    Wenn die SPD so weiter macht, wird das ihr zweites Desaster nach HartzIV - so dumm sind die Menschen im Lande nicht, dass sie das nicht durchschauen werden.

     

    SPD-Genossen an der Basis: Weist endlich die Parteispitze in die Schranken und erinnert sie an ihr vor der Wahl gegebenen Zusagen!!