Sea-Shepheard-Gründer in USA: Paul Watson wieder an Land
Schwupps: 15 Monate, nachdem er in Frankfurt/Main verschwunden war, taucht der Walschützer plötzlich in Los Angeles wieder auf.
STOCKHOLM taz | Paul Watson, Gründer der Meeresschutzorganisation „Sea Shepherd“ ist überraschend in die USA eingereist. Im Mai vergangenen Jahres war der 62-jährige Walschützer aufgrund eines Haftbefehls aus Costa Rica bei einer Zwischenlandung auf dem Flughafen Frankfurt/Main festgenommen worden, drei Monate später – mittlerweile gegen eine Kaution in Höhe von 250.000 Euro und mit Meldeauflagen auf freiem Fuß – war er untergetaucht.
Nach eigenen Angaben, weil er eine Auslieferung an Japan befürchten musste. Tatsächlich hatte Tokio ihn einige Wochen später über Interpol zur Fahndung ausschreiben lassen.
Wie am Freitag bekannt wurde, war Watson an Bord des „Sea Shepherd“-Schiffes „Brigitte Bardot“ Anfang der Woche in San Pedro in der Nähe von Los Angeles angekommen und konnte ungehindert in die USA einreisen. Den US-Pass, den die deutsche Justiz ihm abgenommen hatte, bekam er zwischenzeitlich wieder ausgehändigt.
„Geschäftliche Tätigkeiten gewaltsam behindert“
Die gegen ihn von Costa Rica ausgeschriebene Fahndung bei Interpol sei gelöscht worden, twitterte Watson, dies ist laut Interpol-Website zutreffend. Die im September 2012 von Japan ausgeschriebene und nach wie vor aktive Fahndung werde er anfechten – „falls erforderlich“. Wo er sich in den vergangenen Monaten aufgehalten hat, teilte Watson nicht mit. Vermutlich verbrachte er die meiste Zeit auf „Sea Shepherd“-Schiffen im Pazifik.
Er freue sich, Tochter und Enkelkind endlich wieder sehen zu können, schrieb Watson auf Facebook. Er werde den Kampf zum Schutz der Ozeane fortsetzen. Vor allem aber wolle er seine Organisation bei einem Gerichtsverfahren in der kommenden Woche in Seattle unterstützen. Japanische Walfänger haben dort eine Zivilklage gegen „Sea Shepherd“ anhängig gemacht, weil die Organisation mit ihren Schiffen in Verletzung einer einstweiligen Anordnung ihren Walfang in den antarktischen Gewässern behindert habe.
Der noch aktive japanische Haftbefehl bezieht sich auf Vorgänge im Februar 2010, bei denen im Südpazifik von „Sea Shepherd“ angeblich „geschäftliche Tätigkeiten gewaltsam behindert“ worden sein sollen. Der Haftbefehl Costa Ricas hat mit einer Protestaktion gegen das „Shark-Finning“ zu tun – dabei werden Haien bei lebendigem Leib die Rückenflossen abgetrennt. Bei dem Vorgang soll Watson als Kapitän der „Farley Mowat“ die Besatzung eines Fischerboots durch Einsatz einer Wasserkanone in Seenot gebracht haben. Ein Vorwurf, den „Sea Shepherd“ zurückweist.
Der Öko-Pirat und die Justiz
Mit der Justiz trägt der Öko-Pirat, als der sich der militante Walfanggegner, Hai-, Delfin- und Robbenschützer selbst gern sieht, seit Jahrzehnten Konflikte aus. Meist erfolgreich. 1997 war er beispielsweise in Bremerhaven aufgrund eines Auslieferungsantrags aus Norwegen festgenommen worden, als er dort mit seiner „Whales Forever“ anlegte. Hintergrund damals: Zu Beginn der 1990er Jahre hatten sich die Jagden zwischen Walfängern und Walschützern nicht wie derzeit weit weg in der Antarktis, sondern vor der norwegischen Küste abgespielt.
Watson hatte auf den Lofoten erfolgreich das im Hafen liegende Walfangschiff „Nybrænna“ versenkt, versuchte mit weniger Erfolg das gleiche mit der „Elin-Toril“ und hatte auf offener See den Stolz der norwegischen Marine, das Küstenwachschiff „Andenes“ gerammt. In Norwegen war er deshalb in Abwesenheit zu einer Haftstrafe verurteilt worden und Oslo wollte ihn zur Strafverbüßung von der deutschen Justiz haben. Durch ein juristisches Hintertürchen kam er aber nach zwei Tagen Haft wieder auf freien Fuß.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Krieg in der Ukraine
Geschenk mit Eskalation
Krieg in der Ukraine
Kein Frieden mit Putin
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind