piwik no script img

Kommentar NetzneutralitätDer Markt regelt es nicht

Kommentar von Hanno Böck

Jahrelang hat die FDP nicht mehr als ihr Marktmantra zum Thema Internet verkündet. Jetzt könnte sie endlich mal aufwachen.

Zurück zum Modem? Bild: dpa

P hilipp Rösler ist jetzt also besorgt. Der Telekom teilte der Bundeswirtschaftsminister in einem Brief mit, dass die Bundesnetzagentur die neuen Tarifpläne der Telekom genau prüfen werde. Das ist immerhin ein Anfang. Denn in der Vergangenheit war von der FDP zum Thema Internetzugang meist nur ein monotones „Der Markt wird das schon regeln“ zu hören.

Dass die Netzneutralität von großen Telekommunikationsanbietern unterlaufen wird, ist an sich nichts Neues. Im Mobilfunkbereich ist es gang und gäbe, dass bestimmte Dienste blockiert und andere bevorzugt werden. Neu an den Telekomplänen ist lediglich, dass die Netzneutralität jetzt auch bei Festnetzanschlüssen in Frage gestellt wird. So wird etwa Skype von vielen mobile Dienstanbietern gesperrt. Bei T-Mobile wird der Musikstreamingdienst Spotify, mit dem die Telekom einen Vertrag ein, nicht auf das Datenvolumen angerechnet.

Dass die Netzneutralität in Gefahr ist, war längst bekannt, als sich die Internet-Enquete-Kommission des Bundestages mit dem Thema beschäftigt hat. Union und FDP sahen trotzdem keinen Anlass, die Netzneutralität zu regeln. Damals kündigte der FDP-Politiker Jimmy Schulz an, „im Extremfall“ den Gesetzgeber anzurufen, falls der Markt hier versage. Schulz und die FDP müssen sich jetzt an diesen Aussagen messen lassen.

privat
Hanno Böck

ist Autor der taz.

Auch an anderen Stellen versagt der vielbeschworene Markt bisher. Nach wie vor ist in manchen ländlichen Regionen ein schneller Internetzugang überhaupt nicht verfügbar. Dort muss man entweder mit quälend langsamen DSL-Zugängen zu Rande kommen oder mit sogenannten LTE-Zugängen, für die es keine echten Flatrates gibt.

Die Opposition und Teile der Union wollten hier durch einen sogenannten Breitband-Universaldienst Abhilfe schaffen und einen Anspruch auf Highspeed-Internet gesetzlich verankern. Doch auch dieses Vorhaben scheiterte - an der FDP.

Das Internet ist heute für viele Menschen ein zentraler Teil ihres täglichen Lebens. Es ist Zeit, dass die Politik das anerkennt und den Internetzugang – ähnlich wie dies bei der Wasser- und Energieversorgung, dem Telefonanschluss oder der Postzustellung der Fall ist – als Teil der Grundversorgung ansieht. Jeder muss die Möglichkeit des Zugriffs auf einen unbeschränkten und hinreichend schnellen Internetzugang haben. Auch wenn es der Markt nicht regelt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Schreibt über Klimaschutztechnologien, Energie und IT-Sicherheit.
Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • S
    Stefan

    @ Zweifler

     

    nochmal , Ihr Beispiel passt nicht zu der Situation der Telekom.

     

    Die Telekom möchte einfach mehr Umsatz erziehlen, die Begründungen sind eher an den Haaren herbei gezogen.

     

    http://www.golem.de/news/routeranbieter-viprinet-telekom-luegt-bei-begruendung-fuer-flatrate-abschaffung-1304-98939.html

     

    Netzlast ist kein Verbrauchsgut, die Bandbreite steht einfach zur Verfügung. Die Infrastruktur wurde im Wesentlichen vom Steuerzahler finanziert.

  • Z
    zweifler

    @sinon & Stefan.

     

    Genau, wenn Sie bezahlen und dem zustimmen, dann darf ich dass ohne Grenzen.

     

    Was aber, wenn einer von beiden nicht will:. Soll ich mir jetzt etwa selber kostenpflichtige Dienste kaufen nur weil Sie einen geltenden Telefonvertrag haben?

  • M
    Marcy

    @zweifler:

    Ja, das heisst es; wenn Fa.B damit nicht genug verdient, dann hätte Fa.B ggf. nicht auf Fantasiekampfpreise setzen sollen, um Kunden zu fangen.

     

    Zudem reicht das durchschnittliche Datenvolumen (50-200MB) kaum aus, um das Telefonieren komplett durch Skype zu ersetzen, und zusätzliche Datenkontingente sind teils recht hochpreisig. (20€/1GB).

     

    Die Telekom hat sich vielleicht einfach übernommen damit, großflächig 100Mbit-Anschlüsse zu verkaufen, die kein Mensch braucht (ist zwar nett, aber ich "brauche" sogar als Dauersurfer meinen 50Mbit-Anschluss kaum).

     

    Es ist auch nicht so, dass diese bösen Internetkonzerne, die die ganze Bandbreite verbrauchen, dafür nicht bezahlen, das tun Sie, und zwar eine ganze Menge. Die Telekom und alle, die ihr nachfolgen werden, wollen nur zwei- und dreifach abkassieren für Dinge, die schon bezahlt sind.

  • C
    Ceres

    "Der Markt wird es regeln", ist eine der liberalen Altlasten aus einer Zeit, in der die Politik noch dachte mit Privatisierungen würde man einen goldenen Weg gehen. Dabei haben sich solche Bemühungen nie als fruchtbar für das Land erwiesen, die Profiteure waren immer die Unternehmer.

     

    Weder Energie, noch Wasser, noch Wärme gehören in die Hände von Privatunternehmen. Diese sind die Grundlage, nicht nur für unser Leben, sondern auch für unsere Arbeit. Industrie, Handwerk und Dienstleistungen sind alle auf eine günstige und verlässliche Versorgung angewiesen. Das kann aber leider nie durch Gewinn orientierte Unternehmen gewährleistet werden.

     

    Das Internet hat sich ebenfalls wie Energie, Wasser und Wärme zu einem Faktor für die Wirtschaft entwickelt, der eine starke Kontrolle seitens der Regierung unumgänglich macht. Wiederholt die Regierung hier die Fehler, die sie bei Energie, Wasser und Wärme gemacht hat, dann werden die Schäden für die Wirtschaft immens werden.

  • S
    Stefan

    @ Zweifler

     

    natürlich ist es dass.

     

    FaB. bekommt ja schliesslich Geld von mir, für die Bereitstellung der Infrastruktur. Der Dienst der Firma A, hat ebenfalls einene mehrwert für Firma B. da er die Motivation erhöht, die Infrastruktur zu Nutzen, daher Neuverträge für Firma B. entstehen lässt.

     

    Beim Rundfunk ist selbiges übrigens ganz normal.

     

     

    Ihr Handy Vergleich ist daher absolut absurd.

  • S
    Sondermann

    Der Markt versagt doch beim Füttern mit den Daten: Warum

    soll Google mit einem nachweislich monetär beeinflussten Suchdienst Milliarden mit den Netzen anderer verdienen, ohne einen einzigen Cent dafür zu bezahlen? - Geschweige denn im normalen Sinne wenigstens ordentlich Steuern zu zahlen (in welchem Land auch immer).

     

    Soll der Herr Rösler doch hingehen und regulieren, dafür steht doch das F in FDP, oder? Verstehen was er tut tut er eh nicht. Warum baut denn die Regulierungsbehörde nicht das Netz und die Anbieter nutzen es, vermitteln an an die Nutzer? Dann würde der Internet-DSL-Anschluss doppelt so viel wie heute Kosten und er wäre halb so schnell. (Post-Ministerium lässt grüßen). Vodafone war doch nur zu feige, selbst zu erst anzukündigen, dass die Datenmenge unkontrollierbar wächst. Da ist doch die Diskussion eher woanders, die Netzneutralität ist schon dahin, die Frage ist dann nur noch, wie schlimm es wird und wer es auf wessen Kosten verursacht hat ?!

     

    Und ab 75GB pro Monat zu drosseln, ist das einen Artikel zur Netzneutralität wert? Soviel geht bei den meisten Mitbürgen in einem Jahr nicht über die Leitung.

  • S
    Sinon

    @zweifler: "Habe ich ein Recht, von Ihrem Handy aus meine Privatgespräche kostenlos zu führen?"

    -> Ja, denn ich bezahle Fa. B dafür. Ich zahle der T-Com/Vodafon/E-Plus/etc. Geld für einen mobilen Internetanschluss. Was ich dann damit mache, geht die einen feuchten Kehricht an!

    Das ist doch genau das Problem: Dass die Unternehmen, die das "physische Netz" zur Verfügung stellen, auch darauf basierende Dienste anbieten. Das wäre, als ob VW auch Straßen bauen würde und auf einmal vorschreibt, wessen Autos ihre Straßen nutzen dürfen "um den weiteren Straßenausbau zu finanzieren".

    Das eigentliche Netz muss zurück in staatliche Hand und der Ausbau mit steuermitteln mit Hochdruck vorangetrieben werden. T-Com und Konsorten mieten dann von der Bundesnetzagentur das Nutzungsrecht. Alle zu gleichen Bedingungen, alle ohne Beschränkungen.

  • H
    hund

    Wo ist das Problem?

     

    a) Ich kann Prepaid-Mobilfunk nutzen. Ehe eine Staatsfirma ein Kabel für 30 Einwohner verbuddelt hat, Ist der Markt schon viel weiter.

     

    Wehe aber, ein Handymast steht in der Nähe (Grundrecht auf Gesundheit :).

     

    b) Ich kann Datenverträge mit längerer Laufzeit abschließen.

     

    c) Ich kann Datenverträge mit kurzer Kündigungsfristen abschließen (teurer als b)

     

    d)Zum telefonieren kann ich mir Auslandskarten kaufen.

     

    Wo sind jetzt Grundrechte beinträchtigt?

    Wenn ich weder dass Eine noch das Andere könnte, dann vielleicht?

  • A
    aurorua

    Natürlich regelt es der Markt, wie immer zu Gunsten der Abstauber und Aktionäre. Erst diverse Geheimabsprachen der größten Anbieter, dann der Zwang zur Zuzahlung trotz FLAT und als allerneuste Innovation die Megaflat bei gleichem Datenstrom zum mindestens doppelten Preis.

    Das Kartellamt schläft, investigativer Journalismus ist tot und so wird gemauschelt, gelogen und betrogen und letztendlich zahlt der MICHEL brav wie immer.

  • UZ
    und zu

    Kein Wunder, dass FDP international mit "figlio di puttana" ("Hurensohn") assoziiert wird.

     

     

    Apropos:

    Wieviele FDP'ler braucht es, um eine Glühbirne zu wechseln?

    ___

     

    Das wird der Markt schon ganz alleine regeln, da braucht es kein staatliches Eingreifen!

  • O
    otto8

    Läuft doch eigentlich immer so: Staatliche Infrastruktur (Wasser, Energie, Post, Bahn, Krankenhäuser) privatisieren. Die Aktionäre und neue Topmanager-Elite die Gewinne in einem Pseudomarkt aus Oligopolen oder gar Monopolen abschöpfen lassen. Dabei natürlich möglichst null Steuern an die Gemeinschaft zurückgeben. 20 Jahre später wundert man sich dann, dass die Substanz hinüber ist, sich fragwürdige Geschäftspraktiken (Datensammelei der Post, Unterwanderung von Foren bei der Bahn, Telekom-Überachungsaffäre etc.) eingebürgert haben. Aber wir stehen natürlich mit unseren öffentlichen Milliarden, um die Gewinne der wenigen zu retten, damit wir dankbar sein können, dass sie uns eine halbwegs vernünftige Infrastruktur bereitstellen. Der Markt funktioniert: Er hat es in den letzten Jahrzehnten geschafft, sich ehemals gemeinschaftliche Güter anzueignen.

  • Z
    zweifler

    Ist es ein Grundrecht, dass man mit dem "kostenlosen" Dienst der Fa. A in dem von Fa. B betriebenen Netz telefonieren darf?

     

    Oder anders: Habe ich ein Recht, von Ihrem Handy aus meine Privatgespräche kostenlos zu führen?

     

    Vielleicht muss Skype dann selber ein Netz aufbauen und kann dann eben seine Dienste nicht mehr "kostenlos" anbieten.

  • A
    Alexofen

    Was zudem das Funtionieren eines Marktes im Internet-zugangsbereich unterbindet ist zudem auch die teilweise extrem lange "Zwangskundenbindung" in Form von teilweise noch 24monatigen Vertragslaufzeiten.

     

    Es ist nicht nachvollziehbar wieso man annimmt, dass Kunden von Wettbewerb provitieren sollen, wenn de factro viele in auf Grund der Vertragsbindung garnicht frei auswählen und daher im Markt aktiv teilnehmen können?

     

    Außer die Bindung an den Kunden fällt es auch schwer zu sehen welche Gründe es gibt heute dermaßen langen Vertragslaufzeiten zu haben, denn es gibt keine Investitionen pro Kunde, welche es benötigten diese auf 24 Monate zu strecken.

     

    Der Artikel sagt es richtig, der Markt hat hier versagt (wie so oft).